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Zürich will Spitzenmedizin-Zentrum bleiben

Um die Standorte spitzenmedizinischer Angebote ist in der Schweiz ein heftiges Ringen ausgebrochen. Keystone

Der Kanton Zürich lehnt den Vertrag über eine Zusammenlegung der Spitzenmedizin in der Schweiz ab und verlangt Neuverhandlungen.

Zugleich hat der Kanton den vorübergehenden Stopp von Herz-Transplantationen am Zürcher Universitäts-Spital aufgehoben.

In der Schweiz laufen die Gesundheitskosten aus dem Ruder. Mit ein Grund: Das Überangebot an Spitälern. Koordination und Konzentration heissen deshalb die Rezepte. Das gilt besonders auch für die aufwändige Spitzenmedizin, zu der beispielsweise auch Organverpflanzungen gehören.

Nicht mitmachen bei diesen Bestrebungen will der Kanton Zürich. Er verweigert die Ratifizierung der Interkantonalen Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der Hochspezialisierten Medizin (IVKKM), wie die Zürcher Kantonsregierung am Freitag mitteilte.

Vom Tisch?

Damit ist diese Vereinbarung gescheitert, und es bleibt vorderhand alles beim Alten. Damit die IVKKM in Kraft treten könnte, müssten mindestens 17 Kantone zustimmen. Ja sagen müssten dabei sämtliche Universitätskantone.

Basel und Bern haben die Vereinbarung bereits ratifiziert. Ausschlaggebend für die neue Aufteilung sollten Qualität und Wirtschaftlichkeit sein.

Kein Egoismus

Die Haltung Zürichs sei nicht Ausdruck von Egoismus, sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Verena Diener. Zürich habe sich im Gesamtinteresse der Schweiz zu verzichten bereit erklärt.

Der Kanton Zürich sehe nun aber die ursprüngliche Zielsetzung der Verteilung nach den Kriterien Qualität und Wirtschaftlichkeit zu Gunsten föderativer Überlegungen verraten, begründete Diener.

Bei der Zuteilung der Transplantation von Lebern lebender Spender sei plötzlich neben Qualität und Wirtschaftlichkeit die Sprache zu einem entscheidenden Kriterium erhoben und die Lebendleber-Transplantationen zwei Zentren (Zürich und Genf) statt nur einem (Zürich) zugeteilt worden. Dies sei eine inakzeptable Änderung der Spielregeln während des Spiels.

Geharnischte Reaktionen

Die Weigerung Zürichs löste bei den beteiligten Partnern grosses Unverständnis aus. Weitere Verhandlungen für sinnlos hält der Berner Gesundheitsdirektor Samuel Bhend.

Er habe mit Enttäuschung von der Haltung des Kantons Zürich Kenntnis genommen. Damit sei das interkantonale Projekt gescheitert. Jetzt werde der Bund Vorgaben machen, befürchtet Bhend.

Es sei klar geworden, dass Zürich einzig eine Vereinbarung akzeptieren würde, die dem Kanton keinen Verzicht abverlange. Das könne nicht funktionieren: «Gefordert sind von allen sowohl Leistungen als auch Verzichte».

Für den Direktionspräsidenten des Berner Inselspitals, Urs Birchler, überschätzt sich Zürich, wenn es alles bei sich konzentrieren wolle.

Gesundheitsdirektoren-Konferenz gibt noch nicht auf

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) bedauert den Entscheid von Zürich. Das Abkommen sei aber deswegen noch nicht gestorben. Die zustimmenden Kantone hätten ja ein Interesse, dass es zu Stande komme.

Die GDK werde alles daran setzen, doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden,sagte die stellvertretende GDK-Zentralsekretärin Cornelia Oertle-Bürki.

Den Vorwurf der Zürcher Regierung, die GDK habe bei den Lebend-Lebertransplantationen die Interkantonale Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der Hochspezialisierten Medizin (IVKKM) aufgeweicht, wies Oertle zurück. Den Entscheid, Lebend-Lebertransplantationen neben Zürich auch in Genf durchzuführen, habe der Bund gefasst.

Bedauern beim Bundesamt für Gesundheit



Hans Heinrich Brunner, Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), bedauerte auf Anfrage den Entscheid Zürichs. Er hoffe, dass die GDK nochmals über die Bücher gehe. Der Ball liege jedenfalls vorerst bei den Kantonen.

Sollten sich diese nicht einigen können, werde der Bund einen Entscheid fällen. Aber: «Wir würden nur sehr ungern eingreifen», sagte Brunner.

Ab sofort wieder Herz-Transplantationen

Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich fällte am Freitag zudem einen zweiten wichtigen Entscheid: Das vor knapp vier Wochen verhängte Moratorium für Herz-Transplantationen am Universitätsspital Zürich (USZ) ist mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Die volle Einsatzbereitschaft der Transplantationsteams sei wieder hergestellt, teilte die Behörde mit. Das Moratorium war am 19. Juni von Gesundheitsdirektorin Verena Diener verfügt worden, nachdem es in den Medien Kontroversen um den Tod eines 65-Jährigen gegeben hatte, dem das Herz eines 74-Jährigen eingepflanzt worden war.

Zudem hatte die Zürcher Staatsanwaltschaft im Todesfall einer 57-jährigen Frau im April 2004 ermittelt, dass der Frau ein Herz mit einer falschen Blutgruppe verpflanzt worden war. Dabei hätten die Ärzte um die grossen Risiken gewusst.

swissinfo und Agenturen

Ziel der Interkantonalen Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der Hochspezialisierten Medizin (IVKKM) ist die Reduzierung der Angebote auf weniger Zentren. Damit sollen Kosten gespart werden.

Das Moratorium für Herzverpflanzungen wurde am 19. Juni erlassen, nachdem es am Zürcher Unispital zu zwei Todesfällen nach solchen Operationen gekommen war.

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