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Zukünftige Drogenpolitik auf dem Prüfstand

Grösster Streitpunkt ist die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe. Keystone

Am 30. November kann sich das Stimmvolk im In- und Ausland zur Zukunft der Schweizer Drogenpolitik äussern. Das revidierte Betäubungsmittelgesetz will die bisherige Vier-Säulen-Politik rechtlich verankern.

Die Drogenpolitik in der Schweiz ist eine grosse Baustelle. Zwar sagte das Stimmvolk 1999 Ja zur kontrollierten Heroinabgabe, allerdings nur für einen befristeten Zeitraum.

Doch die rechtliche Situation ist heute alles andere als klar. Das Parlament hat es bis heute nicht geschafft, die Politik des Bundes mit den vier Säulen Prävention, Therapie, Schadenminderung und Repression gesetzlich zu verankern.

Im Juni 2004 ist die vom Bundesrat angeregte Revision des Betäubungsmittelgesetzes im schweizerischen Parlament gescheitert: Der Nationalrat lehnte es zum zweiten Mal ab, überhaupt auf die Vorlage einzutreten. Dies obwohl der Ständerat zweimal beschlossen hatte, das Gesetz auszuarbeiten.

Seitdem sind auf verschiedenen Ebenen neue Anläufe genommen worden, darunter auch die Hanf-Initiative, über die am 30. November ebenfalls abgestimmt wird.

Mehrheitsfähige Teile

Von einer Parlamentskommission wurde schliesslich eine Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes vorgeschlagen, die jene Punkte aus der gescheiterten Vorlage übernimmt, die politisch kaum bestritten und mehrheitsfähig sind.

Die heftig umstrittene Cannabisfrage sollte dabei ausgeklammert und erst in einem zweiten Schritt angegangen werden.

Die Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes will die Vier-Säulen-Politik des Bundes als Vorgabe für die Schweizer Drogenpolitik verankern. Dem unbefugten Konsum soll vorgebeugt werden, namentlich durch die Förderung der Abstinenz.

Auch die bisher befristet eingeführte Therapieform der ärztlich verschriebenen Abgabe von Heroin an langjährige Schwerstsüchtige soll im Gesetz verankert werden.

Ein besonderes Augenmerk setzt das revidierte Betäubungsmittelgesetz auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen in den Bereichen Prävention und Früherkennung. Zudem werden Abgabe oder Verkauf von Drogen in unmittelbarer Nähe von Ausbildungsstätten härter bestraft.

Schliesslich ist vorgesehen, dass der Bund die Kantone in den Bereichen der vier Säulen unterstützt und wissenschaftliche Forschung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung im Betäubungsmittelbereich fördert.

Referendum ergriffen

Das Eidgenössische Parlament sprach sich in der Schlussabstimmung in beiden Räten mehrheitlich für das revidierte Betäubungsmittelgesetz aus, der Ständerat sogar einstimmig.

Ein Komitee war mit diesen Beschlüssen nicht einverstanden. Es reichte das fakultative Referendum mit fast 52’000 Unterschriften ein und brachte die Gesetzesrevision damit an die Urne.

Damit ein Referendum in der Schweiz zu Stande kommt, sind mindestens 50’000 gültige Unterschriften nötig.

Die Gegner der Vorlage kritisieren, mit dem Gesetz werde die Drogenpolitik weiter liberalisiert und die Bedeutung von Abstinenz und Ausstieg aus den Drogen vernachlässigt.

Die Abgabe an Süchtige sei keine Lösung. Zudem sei die aktuelle Situation des Drogenmissbrauchs in der Schweiz alarmierend.

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Referendum

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Das (fakultative) Referendum erlaubt Bürgerinnen und Bürgern, das Volk über ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz entscheiden zu lassen. Falls das Referendumskomitee innerhalb von 100 Tagen 50’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei einreichen kann, kommt es zu einer Abstimmung. Falls das Parlament Änderungen in der Bundesverfassung vornimmt, kommt es zu einem obligatorischen Referendum. Beim fakultativen Referendum…

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Pro und Kontra

Unterstützt wird die Gesetzesrevision von der sozialdemokratischen Genfer Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi. Sie betont, dass heute jeder Kanton mache, was er wolle.

«Mit dem Gesetz kann man wirklich die ganze Drogenpolitik auf eidgenössischer Ebene koordinieren. Gut ist, dass man vor allem auch die kontrollierte Abgabe von Heroin im Gesetz verankert, damit diese Politik weitergeführt werden kann. Heute sterben weniger Leute wegen diesem Konsum.»

Der Zürcher Nationalrat Toni Bortoluzzi von der Schweizerischen Volkspartei kämpft gegen die Vorlage: «Wir haben an sich ein funktionierendes Betäubungsmittelgesetz, das den Grundlagen weltweit anerkannter Drogenpolitik entspricht», kontert er.

«Es braucht keine Korrekturen, die eine Liberalisierung und eine Legalisierung der Drogen zur Folge haben. Und das schafft natürlich neue Konsumenten. Es vereinfacht für die Verbrecher den Handel mit Drogen», befürchtet er.

Volksmehr bestimmt

Da es sich bei der Vorlage um die Änderung eines Bundesgesetzes, respektive ein fakultatives Referendum dagegen handelt, entscheidet am 30. November 2008 einzig das Volksmehr, ob das Gesetz angenommen wird.

swissinfo, Christian Raaflaub

Neben dem Referendum gegen das revidierte Betäubungsmittelgesetz kommt Ende November auch die Hanf-Initiative zur Abstimmung.

Das Stimmvolk kann sich somit separat zur Cannabis-Entkriminalisierung und zur gesetzlichen Verankerung des drogenpolitischen Vier-Säulen-Konzepts äussern.

In der Schweiz wurde schon mehrmals über drogenpolitische Vorlagen abgestimmt: Ende der 1990er-Jahre lehnte der Souverän ein Volksbegehren für mehr Repression (Jugend ohne Drogen) und eines für weitgehende Strafbefreiung (Droleg) klar ab.

1999 sagte das Stimmvolk deutlich Ja zum befristeten Bundesbeschluss über die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe.

Seither fusst die Schweizer Drogenpolitik gewissermassen auf Pragmatismus und Notrecht, ist doch der Versuch, die seit den 1980er-Jahren entwickelte Politik auf den vier Säulen Prävention, Therapie, Schadenminderung und Repression gesetzlich zu verankern, bisher gescheitert – nicht am Stimmvolk, sondern am Parlament.

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