Zustimmung für Schengen/Dublin nimmt ab
Das Stimmvolk würde die bilateralen Verträge von Schengen und Dublin mit der Europäischen Union annehmen, wenn heute abgestimmt würde.
Die dritte Umfrage des Instituts gfs.bern der SRG SSR idée suisse zeigt mit 59% eine etwas knappere Zustimmung als die ersten beiden Erhebungen.
Obwohl die Frist erst Ende März abläuft, ist bereits heute davon auszugehen, dass die Schweizerische Volkspartei (SVP) genügend Unterschriften zusammenbringt, um die beiden Abkommen von Schengen (Sicherheit) und Dublin (Asylwesen) zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) am 5. Juni per Referendum vors Volk zu bringen.
Noch sattes Ja-Polster
Nachdem sich das Parlament im Dezember für die beiden Abkommen ausgesprochen hatte, ist die Zustimmung heute leicht gesunken.
In der ersten Umfrage im August 2004 hatten sich 64% der Stimmwilligen für Schengen/Dublin ausgesprochen, letzten Oktober 69%. Wenn heute abgestimmt würde, wären es noch 59%, immer noch ein sattes Polster für die Befürworter.
23% der Befragten sagen Nein. Im Oktober waren es erst 17% und im August 12% gewesen. 18% der Befragten haben noch keine Meinung zum Thema.
«Der Tenor ist eindeutig positiv», schätzt Claude Longchamp, der Leiter des Instituts gfs.bern, die Lage ein. Die Ergebnisse seien jedoch erst als Momentaufnahme zu Beginn des Abstimmungskampfes zu werten, betont er gegenüber swissinfo.
Klare Parteilinien
Eindeutig zeigen sich erstmals die Tendenzen innerhalb der vier Regierungs-Parteien: Freisinnige (FDP, 86% Ja) und Sozialdemokraten (SP, 83% Ja) sind klar dafür, Parteigänger der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) immerhin noch mit einer Zweidrittelsmehrheit (62% Ja).
Nachdem die SVP-Wählerschaft in der ersten Umfrage noch weitgehend unentschlossen gewesen war (25% Nein), zeigt sich heute ein eindeutiger Trend zur Haltung der Parteileitung (64% Nein).
«Wir stellen zudem eine eher skeptische Tendenz auf dem Land fest», ergänzt Longchamp. Und: Personen mit einer mittleren Ausbildung (Berufslehre) stehen mit 48% Ja-Anteil den Abkommen am kritischsten gegenüber.
Keine grossen Unterschiede sind zwischen den Sprachregionen festzustellen. Sowohl die Deutschschweiz wie auch die Romandie stehen mit 60%, respektive 59% Ja hinter den Abkommen.
Einzig die italienischsprachige Schweiz ist mit knapp der Hälfte (49%) etwas weniger deutlich dafür.
Unklare Argumente
Laut der Studie könnten beide Lager noch dazugewinnen, falls sie ihre Argumente besser verkaufen würden. «Es ist offensichtlich, dass es im Moment noch kein eigentliches ‹Killer-Argument› gibt», so Longchamp. Entscheidend werde die Frage nach Sicherheit oder Souveränität der Schweiz sein.
Beide Seiten könnten jedoch noch auf bisher kaum ausgespielte Argumente setzen: «Die Befürworter können insbesondere auf die Vorteile der Abkommen für den Tourismus verweisen. Und die Gegnerschaft wird die Abstimmung ganz sicher zu einer Grundsatzdebatte über den EU-Beitritt machen.»
Personenfreizügigkeit: Stärkere Opposition
Erstmals ermittelte das Berner Forschungsinstitut die Meinung der Befragten zur Erweiterung des freien Personenverkehrs mit der EU. Diese Vorlage wird voraussichtlich am 25. September an die Urne kommen. Denn auch dieses Referendum dürfte zustandekommen.
Hier ist die Opposition etwas stärker: 33% würden dagegen votieren, 52% dafür, und 15% haben sich noch nicht entschieden.
Die grössere Skepsis resultiert laut Longchamp hauptsächlich aus einem Grund: «Vor allem Menschen mit tieferen und mittleren Einkommen sind für Schengen/Dublin. Bei der Personenfreizügigkeit sind sie jedoch skeptischer.»
Den wichtigsten Entscheid habe jedoch der Bundesrat schon vor den beiden Abstimmungen gefällt, als er deren Reihenfolge festlegte, sagt Longchamp.
«Es wäre sicher schwieriger gewesen, wenn man – aus Sicht des Bundesrates – mit dem kritischeren Thema begonnen hätte. Denn ohne Zweifel wird die erste Volksabstimmung ein gewisser Stimmungsmesser sein für die zweite.»
swissinfo, Christian Raaflaub
59% der Befragten würden eher für die Abkommen von Schengen/Dublin stimmen.
23% wären eher dagegen.
18% sind noch unentschlossen.
An der Abstimmung würden sich 46% bestimmt beteiligen.
Für die Umfrage wurden zwischen 21. und 26. Februar 1211 Personen in der ganzen Schweiz befragt.
Die Fehlerquote liegt bei +/- 3,2%.
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