«Polen ist ein wichtiger Handelspartner für die Schweiz»
Nicht nur historisch und politisch sind die Beziehungen zwischen Polen und der Schweiz gut. Die beiden Länder pflegen auch ausgezeichnete Handelsbeziehungen, wie ein Gespräch mit dem Leiter des Swiss Business Hub Central Europe in Warschau zeigt.
Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO berät die Schweizer Organisation für Exportförderung und Standortpromotion «Switzerland Global Enterprise (S-GE)» kleine und mittlere Schweizer Firmen, die sich auf dem polnischen Markt etablieren wollen, sowie polnische Unternehmen, die sich in der Schweiz etablieren wollen. Zusammen mit dem Schweizer Aussendepartement betreibt Switzerland Global Enterprise (S-GE) in 27 Ländern weltweit auch so genannte Swiss Business Hubs.
Michal Bronowski ist Leiter des Swiss Business Hub Central EuropeExterner Link. Dieser «Hub» ist Teil der Schweizer Botschaft in Warschau und neben Polen auch für die Slowakei, Tschechien und Ungarn zuständig. Wir haben mit Michal Bronowski über die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Polen und der Schweiz gesprochen.
swissinfo.ch: Wie wichtig ist Polen für die Schweiz aus wirtschaftlicher Sicht?
Michal Bronowski: Polen ist ein wichtiger Handelspartner für die Schweiz. 2019 war Polen mit einem bilateralen Handelsvolumen von 5,1 Milliarden Franken auf Rang 16 aller schweizerischen Handelspartner und der Wichtigste in Zentraleuropa. Der Trend ist positiv: 2009 lag der Warenverkehr zwischen den beiden Ländern erst bei 2,9 Milliarden Franken.
swissinfo.ch: Für welche Branchen ist der polnische Markt besonders interessant?
M.B.: Zwei Drittel der Exporte nach Polen gehen auf die beiden Warengruppen Chemie und Pharma sowie Maschinenbau und Elektronik zurück.
swissinfo.ch: Was empfehlen Sie Schweizer Firmen, die sich auf dem polnischen Markt etablieren wollen? Und wie unterstützen Sie sie?
M.B.: Im Verbund mit unserem Partnernetzwerk, darunter etwa Anwälte, Steuerberater oder Unternehmensentwickler, beraten wir die Firmen in rechtlicher, steuerlicher und regulatorischer Hinsicht. Zum Beispiel ist das polnische Arbeitsrecht anders als das schweizerische. Zudem bringen wir KMU mit potenziellen Kunden und Geschäftspartnern in Kontakt. Eine gute Möglichkeit dafür sind Auftritte an Branchenmessen, die wir für unsere Kunden anhand von Gemeinschaftsständen, sogenannte Swiss Pavilions, organisieren.
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Nicht zu unterschätzen sind gewisse kulturelle Differenzen: In Polen wird auf persönliche Kontakte viel Wert gelegt, um Vertrauen zu gewinnen. Schweizer Firmen sollten daher einen guten und regelmässigen Kontakt zu den polnischen Partnern pflegen. Zum Beispiel durch gemeinsame Schulungen oder Kundenbesuche, die wir ebenfalls organisieren.
swissinfo.ch: Gibt es auch handfeste Schwierigkeiten, zum Beispiel bürokratische Hürden?
M.B.: Bürokratische Hürden sind ein Thema. Diese sind vor allem auf rechtliche Unterschiede zwischen den beiden Staaten zurückzuführen. Schweizer KMU, die in Polen mit einem lokalen Distributions- oder Vertriebspartner zusammenarbeiten, sind damit in der Regel weniger konfrontiert. Zudem ist Polen ein Mitglied der Europäischen Union. Wenn eine Firma Erfahrung mit der Bürokratie in der EU hat, sollte sie wenig Probleme in Polen haben.
Eine weitere mögliche Barriere sind Sprachprobleme: Polnisch ist eine schwierige Sprache. Es gibt mittlerweile aber viele polnische Firmen, mit denen auf Deutsch oder Englisch kommuniziert werden kann. Gleichzeitig schätzen es polnische Partner natürlich, wenn man sich ein paar polnische Wörter aneignet.
swissinfo.ch: Haben die aktuellen politischen Entwicklungen in Polen und der Ärger mit der EU einen negativen Effekt auf Schweizer Firmen in Polen, beispielsweise auf die Rechtssicherheit?
M.B.: Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist das bislang nicht ersichtlich: Seit 2008 wächst die Handelsbilanz zwischen Polen und der Schweiz stetig. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Polen sind solid. 2018 war ein Rekordjahr in der Geschichte zwischen der Schweiz und Polen, die Exporte nach Polen wuchsen um fast 18 Prozent.
swissinfo.ch: Ändert die Corona-Krise nun etwas?
M.B.: Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation und müssen abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Wie in der Schweiz wurden auch in Polen strenge Schutzmassnahmen getroffen, welche die Wirtschaftsaktivitäten massiv beeinträchtigen. Im Moment wissen wir noch nicht, wann das Wirtschaftsleben wieder hochgefahren wird. Doch wir unterstützen Schweizer Firmen auch in diesen herausfordernden Zeiten, zum Beispiel bei Fragen zur Verzollung von medizinischer Ausrüstung oder Schutzanzügen und mit Informationen über die aktuellen Entwicklungen. Viele Anlässe und Aktivitäten wurden abgesagt oder aufs zweite Halbjahr verschoben.
swissinfo.ch: Wie reagiert Polen auf die Versuche von Schweizer Firmen, in Polen Fuss zu fassen? Wird das begrüsst oder eher behindert?
M.B.: Viele Polen arbeiten gerne für Schweizer Firmen und übernehmen auch Verantwortung. Fast alle Schweizer Firmen werden von Polen selbst geleitet. Die Wettbewerbssituation ist durchaus herausfordernd: Schweizer Firmen müssen mit guten Produkten und attraktiven Dienstleistungen auf dem polnischen Markt überzeugen. Swissness ist in Polen ein wertvolles Markenzeichen. Laut einer Umfrage haben Schweizer Unternehmen in Polen einen guten Ruf und Schweizer Produkte gelten als hochwertig. Zudem gelten Schweizer Firmen in Polen als attraktive Arbeitgeber.
swissinfo.ch: Wie sieht es umgekehrt aus: Versuchen polnische Firmen sich auf dem Schweizer Markt zu etablieren? Ist die Schweiz ihnen gegenüber gleich entgegenkommend wie Polen gegenüber Schweizer Firmen?
M.B.: Durchaus. Wir beantworten viele Anfragen von polnischen Firmen, die eine Niederlassung in der Schweiz eröffnen wollen. Für polnische Firmen ist die Schweiz vor allem als Technologie-, Innovations- und Forschungsstandort interessant.
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