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«Man hat jetzt entschieden, die Suche aufzugeben»

Bondo mit Schutt
Das Dorf Bondo musste wegen eines schweren Bergsturzes evakuiert werden. Keystone

In Bondo haben Bergstürze das Tal erschüttert. Acht Personen bleiben vermisst. Für sie besteht kaum mehr Hoffnung. 

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«Man hat alles Mögliche ausgeschöpft, um diese Vermissten zu finden“, sagte Polizeisprecherin Sandra Scianguetta von der Kantonspolizei Graubünden in Chur. «Man hat jetzt entschieden, dass die Suche nach den Vermissten aufgegeben wird.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die gesuchten Menschen zum Zeitpunkt des Bergsturzes im betroffenen Seitental Val Bondasca aufhielten, sei gestiegen. Entsprechende Hinweise hätten sich verdichtet, hiess es in einer Mitteilung der Kantonspolizei Graubünden vom Samstagvormittag.

Insgesamt werden immer noch acht Personen vermisst. Die Polizei geht davon aus, dass sie sich im Val Bondasca aufhielten, als die Felsmassen am Mittwoch ins Seitental hinter dem Bergdorf Bondo krachten. Die Wahrscheinlichkeit, Überlebende zu finden, ist laut Polizei gering.

Bild von Bondo Dorf
Das Dorf Bondo im Kanton Graubünden nach dem Felssturz. Keystone

Die Vermissten stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es handelt sich um erwachsene Wanderer und Berggänger, die unabhängig voneinander in Zweiergruppen im Gebiet unterwegs waren.

Eine weitere sechsköpfige Wandergruppe, zu der man kurzzeitig den Kontakt verloren hatte, ist unterdessen in Italien aufgetaucht. Dies bestätigte die Polizei.

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Ortung von Mobiltelefonen

Im Katastrophengebiet wurde eine Spezialeinheit gebildet. Insgesamt stehen 120 Personen von Feuerwehr, Polizei, Militär, Zivilschutz und Gemeinde im Einsatz. Es werden Helikopter, Suchmannschaften mit Hunden, Wärmebildkameras und Geräte zur Ortung von Handystrahlen eingesetzt. 

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Die rund 200 Einwohner von Bondo wurden evakuiert, weil Experten Nachstürze im Seitental Val Bondasca nicht ausschlossen. Erst am Freitag durften die ersten Einwohner in ihre Häuser zurückkehren.

Weil es am Freitagnachmittag zu einem zweiten grösseren Murgang kam, mussten einige Einwohner des Dorfes, die am Mittag in ihre Häuser zurückkehren konnten, erneut evakuiert werden, wie die Bündner Polizei mitteilte. Das abgebrochene Material wurde wie schon beim ersten Felssturz am Mittwoch wieder bis ans Dorf Bondo geschoben. Verletzt wurde offenbar niemand.

Die Hauptstrasse durch das Tal bleibt gesperrt. Die Fahrbahn war vom Murgang sowohl unterspült als auch überspült worden, ist beschädigt und stellenweise verschüttet. Die Polizei empfiehlt Reisenden zwischen Italien und dem Engadin, über den Berninapass und das Puschlav auszuweichen.

Grafik Situation Berg Bondo
In diesem Gebiet werden noch acht Menschen vermisst. SRF-SWI

Zuerst Felsturz, dann Murgang

Die Felsmassen stürzten am 23. August um halb zehn Uhr vom Piz Cengalo im Val Bondasca, einem Seitental hinter Bondo. Beim anschliessenden Murgang schoben sich Felsen und Schutt das Tal hinunter und beschädigten Maiensässe. Felsen und Schutt näherten sich dem Dorf und zerstörten dort zwei Ställe. Insgesamt wurden zwölf Bauten beschädigt oder zerstört.

Ein Retter wird mit seinem Hund vom Helikopter abgeseilt
Ein Retter wird mit seinem Hund vom Helikopter ins evakuierte Dorf Bondo abgeseilt, um nach vermissten Personen zu suchen. Keystone

Im Val Bondasca wurden einige Personen mit Helikoptern der Air Bernina und der Rega aus dem Gefahrengebiet ausgeflogen. Die SAC-Hütten Sciora und Sasc Furä wurden ebenfalls auf dem Luftweg evakuiert. Rettungsspezialisten führten Suchflüge durch, um etwaige Alpinisten im Gefahrenbereich zu orten und auszufliegen.

Bild von Rettern in Bondo
Die Suche nach den acht Vermissten läuft. Ein Such- und Rettungsteam mit Hund macht sich von Bondo aus auf den Weg, um in den Geröllmassen nach Überlebenden zu suchen. Keystone

Gefahr war bekannt – Zugangsverbot für Maiensässe

Die Bergsturzgefahr am Piz Cengalo ist seit langem bekannt. Im Val Bondasca ist ein automatisches Murgang-Alarmsystem eingerichtet. Dieses trat am Mittwoch in Aktion, alarmierte Einsatzkräfte und sperrte mittels Verkehrsampeln Strassen.

Bild von Doris leuthard in Bondo
Bundespräsidentin Doris Leuthard (vierte von links) ist nach Bondo gereist und hat der Gemeinde Hilfe versprochen. Keystone

Das Bergsturzgebiet am Piz Cengalo wird seit Jahren vom kantonalen Amt für Wald- und Naturgefahren überwacht. Bei einer Messung Ende Juli hatten Geologen gemäss einem Bericht der Zeitung «Südostschweiz» massiv erhöhte Felsbewegungen festgestellt. Letzte Woche war dann offenbar ein Zugangsverbot für einzelne Maiensässe im gefährdeten Gebiet ausgesprochen worden.

bondo dorf situation
Der Hauptstrasse zwischen Stampa und Castasegna ist wegen des Felssturzes unterbrochen. Keystone

Erdrutsche – eine tödliche Gefahr

13. Mai 2016: Bei Linthal GL stirbt ein Bauarbeiter, als er bei Sanierungsarbeiten auf einer Bergstrasse von einem Murgang mitgerissen wird.

16. November 2014: Ein Erdrutsch verschüttet in Davesco-Soragno bei Lugano TI ein dreistöckiges Wohngebäude. Dabei sterben zwei Frauen, ein Mann wird lebensgefährlich verletzt.

5. November 2014: Nach tagelangem Starkregen reisst in der Tessiner Gemeinde Curio ein Erdrutsch ein Wohnhaus mit. Eine Frau und ihre 3-jährige Tochter können nur noch tot geborgen werden.

13. August 2014: Bei Tiefencastel GR wird ein Zug der Rhätischen Bahn von einer Hangmure aus den Schienen geworfen. Ein Passagier wird tödlich verletzt, acht weitere Personen erleiden schwere Verletzungen.

26. Juli 2013: Eine Alphirtin kommt im bündnerischen Misox in einem grossen Felssturz um, als sie aus ihrer Hütte im Val Cama fliehen will.

5. Juni 2012: Bei Gurtnellen UR geht ein Felssturz auf die Gotthardachse nieder und verschüttet drei Arbeiter, die mit Sicherungsarbeiten beschäftigt waren. Einer von ihnen kann nur noch tot geborgen werden.

30. März 2012: Der Chauffeur eines deutschen Reisecars wird bei einem Erdrutsch im Unterengadin getötet, als sein Fahrzeug auf der Kantonsstrasse zwischen Martina und Vinadi von den Erdmassen verschüttet wird.

5. August 2006: Eine Autofahrerin kommt bei Duvin GR im Lugnez durch einen Steinschlag um.

31. Mai 2006: Bei einem Felssturz auf die A2 im Kanton Uri werden zwei Personen aus Deutschland in einem Auto getötet.

29. November 2003: Bei einem Felssturz am Grossen St. Bernhard im Wallis kommt ein Autofahrer ums Leben.

29. August 2003: Schwere Unwetter suchen das Tessin heim. Es kommt zu Erdrutschen im Blenio-Tal. Eine Person stirbt.

12. November 2002: Bei einem Felssturz werden im Walliser Saasertal eine Person getötet und drei weitere verletzt.

1. September 2002: In Lutzenberg AR sterben ein Elternpaar und ihr Sohn in ihrem Haus, das von Erdmassen verschüttet wird.

12. Dezember 2000: Ein Druckleitungsbruch beim Wasserkraftwerk Cleuson-Dixence im Gebiet von Nendaz VS löst zwei Erdrutsche aus. Drei Personen kommen ums Leben.

14./15. Oktober 2000: Nach anhaltendem Regen reisst ein Erdrutsch Teile des Dorfes Gondo VS mit sich, 13 Menschen finden den Tod.

(Quelle: SDA)

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