Brexit legt Hürden für Schweizer Wirtschaft höher
Allen ist klar: der Abgang Grossbritanniens aus der Europäischen Union wird gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Märkte haben. Die Schweiz ist besonders empfindlich: Einerseits durch ihren Franken als "sicheren Hafen" für Investoren, andererseits wegen der ungelösten Umsetzung der Zuwanderungs-Begrenzung.
Die Währungskurse
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) muss mit ihrer Geldpolitik dafür sorgen, dass der Schweizer Franken nicht durch die Decke schiesst. Genau das droht, wenn Investoren aufgrund einer unsicheren Entwicklung den Franken als sicheren Hafen ansteuern: Sie treiben damit den Frankenkurs nach oben.
Nach Bekanntwerden des Brexits sackten Euro und britisches Pfund ab. Die SNB hat auf den Märkten interveniert, indem sie die Notenpresse anwarf und Devisen aufkaufte, um den Franken zu stützen. Der Brexit liess ihn auf 1,06 fallen. Dank SNB-Intervention stieg er auf 1,08.
Im Mai 2016 erreichten ihre Reserven in Fremdwährungen die 600-Mrd.-Franken-Marke – ein Rekord in der Geschichte der SNB. Im Verlauf des letzten Jahres pendelte der Franken gegenüber dem Euro zwischen 1,09 und 1,11.
Die meisten Schweizer Exporte gehen in die EU, also ist ein möglichst ausgeglichener Kurs Voraussetzung dafür, dass Schweizer Produkte im Ausland konkurrenzfähig sind. Ein hoher Frankenkurs schwächt in der Schweiz zudem den Tourismus. 2015 kamen 3,4% weniger ausländische Feriengäste ins Land als im Vorjahr.
Schweizer Wirtschaftskreise haben denn auch umgehend auf den Brexit reagiert und die Nationalbank dazu aufgerufen, den Frankenkurs so stabil wie möglich zu halten. Die meisten Analysten gehen aber davon aus, dass sich die aktuelle Volatilität schnell wieder legen wird.
Handelspartner Grossbritannien
2015 beliefen sich die Exporte der Schweiz nach Grossbritannien auf 11,7 Mrd. Franken. Die Importe betrugen 6,6 Mrd. Franken. Damit sind die Briten der fünftgrösste Abnehmer von Schweizer Waren und Dienstleistungen und Nummer 8 unter den Lieferanten.
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Aber: Nur 6% aller Schweizer Exporte gehen auf die Insel. Und davon sind rund die Hälfte Pharma- und Chemieprodukte, die wenig preissensibel sind.
Anders dagegen Luxusgüter: Sie dürften am meisten betroffen sein. Der Verband der Schweizer Uhrenhersteller bezeichnete den Brexit als «schlechte Nachricht» für die Branche. Auch die Maschinenbauer machen sich auf härtere Zeiten gefasst.
Economiesuisse, der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, macht sich eher Sorgen wegen einer möglichen Rezession in Grossbritannien, welche die Nachfrage dämpfen würde.
Eine andere Frage: Wie wird die Schweiz ihre Handelsbeziehungen mit der Insel regeln, wenn Grossbritannien aus der EU ausgetreten ist, was in zwei Jahren der Fall sein dürfte?
Handel mit der EU
Total gehen 55% der Schweizer Exporte in die EU – das macht sie zum wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Exporteure befürchten vor allem die mögliche Auswirkung auf den Eurokurs, denn immerhin zählen die Briten zu den wirtschaftlichen Schwergewichten der EU. Verliert der Euro mittel- und langfristig gegenüber dem Franken, bläst das diesen als sicheren Hafen zusätzlich auf.
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Brexit bringt Sorgen für die Schweiz
Wie kommt die EU wirtschaftlich ohne die Briten aus? Schwierig zu sagen. Deutschland wird die Nummer 1 bleiben. Aber die Insel war ein wichtiger Ausgleich zu den schwächeren Wirtschaften wie etwa Portugal und Griechenland.
Wovor sich viele fürchten ist ein Domino-Effekt. Sollten andere EU-Länder dem Beispiel des Brexits folgen, würde das die EU als Ganzes gefährden.
Die Entwicklung der Wirtschaft in Europa sehe nach dem Brexit ungewiss aus, sagte der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Ammann am Freitagvormittag. Die Folgen würden auch an der Wirtschaft der Schweiz nicht spurlos vorüber gehen.
Politische Implikationen
Der Brexit dürfte die an sich schon belastete Beziehung zwischen der Schweiz und Brüssel weiter erschweren. Knackpunkt ist immer noch das Ja der Schweizer Stimmbürger zur Kontingentierung der Einwanderung.
Bern muss bis Anfang 2017 darlegen, wie die Schweiz die beschlossene Zuwanderungskontrolle gesetzlich umsetzen will. Hinderlich ist, dass die EU sich Verhandlungen verweigerte mit dem Hinweis, erst die Brexit-Abstimmung abzuwarten. An diesem Desinteresse dürfte sich nun weitere zwei Jahre nichts ändern, weil die Aufmerksamkeit Brüssels der Scheidung mit Grossbritannien gilt und nicht den Sorgen des Nicht-EU-Mitglieds Schweiz.
Diese Blockade wiederum könnte sich ihrerseits negativ auf die Schweizer Wirtschaft auswirken. Die Schweiz ist stolz auf ihren Status als Magnet für internationale Unternehmen und Konzerne. Diese tragen jedes Jahr die Hälfte der Unternehmenssteuern bei, die in die Bundeskasse fliessen.
Nach dem Ja der Schweizer Stimmbürger zur einseitigen Einwanderungsbegrenzung äusserten viele in- und ausländische Unternehmen Unmut, weil das Verdikt Unsicherheit schaffe. Sie fürchteten, künftig nicht mehr die besten Talente der Welt in die Schweiz locken zu können.
(Übersetzung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)
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