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Cyril Hubert, Botschafter für Bier

Cyril Hubert abandoned a career in gastronomy to follow his dream. swissinfo.ch

Bier lässt sich – genauso wie Wein – degustieren. Davon ist Cyril Hubert aus Montreux überzeugt, seitdem er das Diplom eines Schweizer Bier-Sommeliers erworben hat. Der 33-Jährige hat eine Ausbildung absolviert, die der Wirteverband Gastrosuisse anbietet. Hubert will das Metier zu seinem Beruf machen, obwohl ihn zahlreiche Herausforderungen erwarten.

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Gegen dreissig Personen haben sich in einer kleinen Bar in Biel versammelt und folgen aufmerksam den Ausführungen und Ratschlägen von Cyril Hubert. Eine Bierdegustation verläuft nicht genau gleich wie eine Weindegustation «Wenden Sie die Flüssigkeit in Ihrem Mund, aber spucken sie diese nicht aus, denn die Sensoren befinden sich im hinteren Bereich der Zunge», warnt der Bier-Sommelier. Die Anzahl Biersorten, die es zu versuchen gibt, ist deshalb limitiert, wenn man einen Rausch vermeiden möchte. Dennoch entspannt sich die Atmosphäre im Lauf des Abends.

Anders als gewohnt, wird das Hopfengetränk nicht in gewöhnlichen Humpen, sondern in speziellen Gläsern degustiert. «So können sich die Aromen besser entfalten», bemerkt Cyril Hubert. Zusätzlich zur Geschmacksübung analysiert der Spezialist auch den Schaum. «Um ein Bier zu degustieren, müssen alle Sinne geweckt werden.» Der Duft ist genau gleich wichtig wie das Geräusch, das beim Öffnen des Flaschenverschlusses entsteht, oder Bläschen, die im Glas platzen. Auch die Bedienung wird nicht dem Zufall überlassen. «Man muss zum Beispiel die Flasche umdrehen, wenn das Bier Hefe enthält, bevor es serviert wird.»

Risikoreiches Trinken

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor risikoreichem Trinkverhalten. Dazu gehören das «Rauschtrinken» sowie der  «chronische Alkoholkonsum».

Nach den gängigen internationalen Standards gilt als «Rauschtrinken» der Konsum von 4 und mehr Standardgetränken (bei Frauen) pro Gelegenheit bzw. von 5 und mehr Standardgetränken (bei Männern).    

«Chronischer Alkoholkonsum» beginnt bei der Einnahme von durchschnittlich 20 Gramm reinen Alkohols (entspricht rund 2 Standardgläsern) pro Tag bei Frauen, bzw. 40 Gramm (entspricht rund 4 Standardgläsern) bei Männern.

Als Standardgetränk bezeichnet werden zum Bespiel 3 dl Bier oder 1 dl Wein. Sie enthalten etwa 10-12 g reinen Alkohol.

Herausforderungen bestehen

Seitdem er im letzten Februar sein Diplom eines Schweizer Bier-Sommeliers erhalten hat, organisiert Hubert Degustationen gemeinsam mit Verantwortlichen von Bars und Restaurants. Es ist die Leidenschaft, welche die Menschen animiert. Bei sich selber hat er die Faszination für das Bier durch Zufall entdeckt. Der Franzose, der seit rund zehn Jahren in Montreux lebt, hat beschlossen, seine berufliche Karriere neu auszurichten. Seine Arbeit in der Gastronomie hat er aufgegeben, um sich der Leidenschaft zu widmen.

Er legt sich ins Zeug, um Kundschaft zu bekommen. «Ich möchte eine bis zwei Degustationen pro Woche durchführen können, aber im Moment sind es nur eine oder zwei im Monat.» Das Bier leide unter seinem schlechten Ruf: «Zahlreiche Leute sind der Meinung, dass es bei diese Getränk keine Geschmacksunterschiede gebe.»

Wein belegt immer noch den ersten Platz auf der Favoritenliste der Restaurateure. Aber Cyril Hubert glaubt an einen Sinneswandel, dank der rasant gewachsenen Anzahl handwerklich gebrauter Biersorten. «Immer mehr Leute setzen auf die Qualität der Produkte und sind bereit, mehr dafür zu bezahlen.»

Obwohl er das Hopfengetränk unermüdlich gegen Klischees verteidigt, ist Hubert kein Purist. Er scheut sich nicht, uns von Tausend und einem Genuss des handwerklichen Bierbrauens zu schwärmen und dazu ein Panaché (Bier mit Limonade) zu schlürfen. Gleicht das nicht einer Schandtat für einen Bierexperten? «Ich sollte es nicht sagen, aber ein Panaché schmeckt fein, vor allem wenn es so heiss ist, wie heute», gibt er zu. Seine Devise: «Es gibt ein Bier für jede Gelegenheit und für alle Geschmäcker.»

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Ziel: Schweizer Meisterschaft

«Meine Rolle ist es, die Leute zu beraten, indem ich sie ihre Präferenzen entdecken lasse.» Cyril Hubert hat auch gelernt, sein Produkt mit verschiedenen Speisen in Einklang zu bringen. «Ein dunkles, korpulentes Bier passt zu einem Saucengericht. Zu einem Salat empfehle ich eher ein helles Bier.»

Bier sei nicht minder raffiniert als Wein. «Die zahlreichen Etappen der Herstellung ermöglichen unzählige Variationen. Jede Zutat kann zur Komplexität beitragen. Entscheidend ist die Qualität der Produkte.» Bier sei gut für die Gesundheit. Eine Frau könne sich fünf Deziliter, ein Mann sogar einen Liter Bier pro Tag erlauben, glaubt Hubert zu wissen.

Der Bierliebhaber nutzt Degustationen, um sich auf den Wettbewerb vorzubereiten. 2017 will er an den zweiten Schweizer Meisterschaften der Bier-Sommeliers teilnehmen. «Mein Ziel ist es, zu gewinnen und die Deutschschweizer zu bezwingen, die sehr begabt sind.» Die erste Austragung fand letzten Februar in Zürich statt. Die Teilnehmer mussten unter anderem im Blindtest verschiedene Proben erkennen. Der Sieger und der Zweitplatzierte durften die Schweiz an den Weltmeisterschaften vertreten, die im Juli in Brasilien stattfanden.

Cyril Hubert versteckt seine Ambitionen nicht. Er träumt schon davon, sich an den nächsten Weltmeisterschaften in dieser Disziplin mit den Besten der Welt zu messen. «Die Titel des Schweizermeisters und des Weltmeisters zu holen, würde meiner Karriere einen kräftigen Impuls verleihen.»

Bier degustieren ist lernbar

Ins Leben gerufen wurde die Ausbildung zum Bier-Sommelier auf Initiative von Gastrosuisse und dem Schweizer Brauereiverband. In der Deutschschweiz wurde sie 2010 eingeführt, in der Westschweiz 2012. Bisher haben in der Westschweiz rund 25 Personen, in der Deutschschweiz rund 150 Personen das Diplom erhalten. Laut Peter Wach, der in der Schweiz für die Ausbildung verantwortlich ist, kommen die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Branchen: kleine Brauereien, Angestellte von Grossverteilern oder von spezialisierten Geschäften, aber auch einige Restaurateure.

Die Teilnehmenden absolvieren einen 6-tägigen Kurs, bevor sie eine Prüfung ablegen. «Es gibt immer mehr handwerkliche Brauereien in der Schweiz, aber die Beratungs-Kompetenzen fehlen noch», sagt Wach. Das Ziel des Diploms ist es, eines Tages das gleiche Wissen über Bier feilbieten zu können wie über Wein. Bier wird im Vergleich zum Wein zwar laut Wach ein Nischenmarkt bleiben, aber es hat Terrain gut gemacht. In der Schweiz sind derzeit 400 Brauereien registriert.

(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

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