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«Die Öl- und Kohle-Lobbyisten sollten von Klimakonferenzen ausgeschlossen werden»

Rauch, der aus dem Schornstein eines Kohlekraftwerks austritt
Kohlekraftwerk in Datteln, Deutschland. Keystone / Friedemann Vogel

Es ist der Verdienst der UNO-Klimakonferenz in Glasgow (COP26), dass die wissenschaftlichen Beweise für die globale Erwärmung anerkannt wurden, sagt die Schweizer Klimatologin Sonia Seneviratne. Sie bezweifelt jedoch, dass die heutige Form der Klimaverhandlungen effektiv ist.

Die Reduktion der Emissionen um 45% bis 2030 im Vergleich zu 2010, die Erreichung der Klimaneutralität bis Mitte Jahrhundert, die Reduktion von Kohlekraftwerken und von Subventionen für fossile Brennstoffe – das sind die wichtigsten Punkte des Glasgower Klimapakts, der nach zweiwöchigen VerhandlungenExterner Link in der schottischen Stadt verabschiedet wurde.

«Viele der Schlussfolgerungen des IPCC-BerichtsExterner Link wurden in das Schlussdokument aufgenommen», sagt die einflussreiche Schweizer Klimatologin Sonia SeneviratneExterner Link gegenüber SWI swissinfo.ch. «Die wissenschaftlichen Beweise für die Erwärmung sind anerkannt worden, und das ist positiv.»

Sonia Seneviratne
Sonia Seneviratne swissinfo.ch

Die bisher beschlossenen Massnahmen reichten jedoch bei weitem nicht aus, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. «Es ist beschämend, dass ein reiches Land wie die Schweiz vor der COP keine ehrgeizigeren Ziele vorgelegt hat.»

Ausschluss von Lobbyisten

Die ETH-Professorin war in Glasgow, um die Ergebnisse des jüngsten IPCC-Berichts vorzustellen, den sie mitverfasst hat. «Ich war schockiert über die starke Präsenz der fossilen Energiewirtschaft. Während die Länder über den Ausstieg aus Öl und Kohle diskutierten, wurden die fossilen Brennstoffe als Lösung zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele dargestellt.»

Seneviratne verlangt, Vertreter:innen fossiler Brennstoffe künftig nicht mehr an UN-Klimakonferenzen zuzulassen.

Diese Forderung wurde in Glasgow auch von Vertreter:innen der Zivilgesellschaft sowie von Nichtregierungsorganisationen erhoben. Diese zogen eine Parallele zur Tabakindustrie: Erst nachdem die Lobbyist:innen der Tabakindustrie von den Sitzungen der Weltgesundheitsorganisation ausgeschlossen worden waren, sei ernsthaft über ein Tabakverbot gesprochen worden.

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Das Ende der Konsensidee?

Sonia Seneviratne geht noch weiter und wird die Frage auf, ob nicht die gesamte Funktionsweise der UN-Klimakonferenzen revidiert werden muss.

Die Beschlüsse der COPs würden im Konsens gefasst. Alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um eine Einigung zu erzielen, sei zwar positiv. «Aber es ist sehr schwierig, auf diese Weise wesentliche Fortschritte zu erzielen. Es braucht nur einen oder zwei der 197 Teilnehmer an den COPs, um die Annahme einer ehrgeizigen Erklärung zu blockieren.» Das habe sich bei den fossilen Brennstoffen gezeigt, wo einige Länder sehr stark versuchten, den Ausstieg zu verzögern, sagt sie.

Ein Mittel, um eine ehrgeizige Klimapolitik auf den Weg zu bringen, könnte darin bestehen, dass nur einige Länder zu den Entscheidungen beitragen, sagt Seneviratne. «Es könnte zum Beispiel Untergruppen von Ländern geben, die sich in bestimmten Punkten einig sind.»

Seneviratne schlägt auch die Einführung von Sanktionen für Länder vor, die den Entscheidungsprozess blockieren.» Jeder zusätzliche Verbrauch von fossiler Energie führt zu einer stärkeren Erwärmung und damit zu mehr schädlichen Auswirkungen auf den Planeten. Länder, die diesen Prozess blockieren, verhalten sich verwerflich und sollten sanktioniert werden.»

Optimismus

Obwohl Greta Thunberg und Klimaaktivisten das «Bla bla bla» des politischen Diskurses und den «vagen Inhalt» des Glasgow-Pakts anprangern, ist Seneviratne relativ optimistisch. Sie glaubt, dass es gute Chancen für einen Tempowechsel in der Klimapolitik gibt.

«Das Bewusstsein für den Klimanotstand ist gewachsen. Von den Ländern wird verlangt, dass sie bereits in einem Jahr ehrgeizigere Ziele vorlegen, während früher von Fünfjahresintervallen die Rede war.»

Die Wissenschaft muss vielleicht noch lernen, verständlicher zu kommunizieren, aber sie hat ihren Teil dazu beigetragen, bilanziert sie. «Jetzt ist die Politik am Zug.»

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