Dieser Auslandschweizer designt die Autos der Zukunft
Als Knirps zeichnete Marco Brunori mit Vorliebe Autos, jetzt entwirft er sie in Paris für Renault. Ins Büro fährt der junge Designer mit einem kleinen Toyota.
Marco Brunori wusste schon früh, was er einmal werden will. Nicht Astronaut, Pilot oder Fussballer – nein, er wollte Autodesigner werden. «Mit 12 Jahren habe ich in einem Buch gelesen, dass es Leute gibt, die Autos entwerfen», sagt der Berner. Das habe ihn so beeindruckt, dass ihn dieses Berufsziel nicht mehr losgelassen hat.
Er habe schon immer gerne Autos gezeichnet. «Das machen ja viele Kinder, ich bin aber wohl nie aus dieser Phase rausgekommen», so Brunori. Heute, mit seinen 32 Jahren, kann er schon auf eine beachtliche Karriere in der Autoindustrie zurückschauen. Seit sechs Jahren lebt er in Paris und designt Autos für Renault.
Zwar kein Renault, dafür ein anderes von Marco Brunori entworfenes Auto wird bald auf den Strassen Europas unterwegs sein: Der Schweizer E-Cityflitzer Microlino. Das 2,51 Meter lange Auto mit Fronttür erinnert optisch an die einst legendäre Isetta. Ein sogenannter Kabinenroller, den BMW in den 1950ern gebaut hatte. Aber dazu später mehr.
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Zielstrebig zum Traumberuf
Ab dem Zeitpunkt, als Marco Brunori als Kind seinen Traumjob entdeckt hatte, verfolgte er sein Ziel unablässig. In Bern besuchte er das Gymnasium, und schon bald bewarb er sich an der deutschen Hochschule Pforzheim mit einer Mappe voller Zeichnungen für den Studiengang Transportation DesignExterner Link.
Nach bestandener Aufnahmeprüfung wurde er zugelassen und absolvierte den Bachelor, der gespickt war mit Praktika. Porsche, Mercedes, Peugeot – das sind Stationen Brunoris in der Autoindustrie. Bereits während des Studiums fiel sein Talent auf. Er gewann mehrere Preise, unter anderem auch ein Praktikum bei Peugeot.
Nach dem Studium warteten zuerst nicht die grossen Autohersteller auf das Ausnahmetalent. Es zog ihn zurück in die Schweiz, wo er den erwähnten Microlino entwarf. Dieses Projekt begann 2014 als Zusammenarbeit zwischen der Denkfabrik DesignwerkExterner Link, dem Schweizer Trottinetthersteller MicroExterner Link und der Zürcher Hochschule für Angewandte WissenschaftenExterner Link ZHAW. Der junge Auslandschweizer zeichnete sich – angestellt von Designwerk – für die Gestaltung der Karosserie verantwortlich.
Keine autoverrückte Familie
Nach Abschluss des Projekts ging Marco Brunori zurück nach Paris, wo er heute mit seiner Berner Freundin zusammenlebt. Die französische Hauptstadt habe er schon in seinen Praktika «kennen- und lieben gelernt». Obwohl er schon lange im Ausland lebt, ist er mit der Schweiz noch eng verbunden. «Die Schweizer Nachrichten interessieren mich immer noch mehr als die französischen – selbst die Corona-Fallzahlen», sagt er.
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«Die Schweizer Nachrichten interessieren mich immer noch mehr als die französischen – selbst die Corona-Fallzahlen.»
Wie fährt ein Autodesigner zur Arbeit? «Bis vor Kurzem pendelte ich mit dem Bus zur Renault-Zentrale nach Guyancourt.» Jetzt fährt er mit einem kleinen Toyota ins Büro – der passe in jede Parklücke. Es kommt nicht von ungefähr, dass Marco Brunori mehrere Autos besitzt. Einen Fiat 500, der bei seinem Vater in Italien steht, und einen älteren Renault, den er selten fahre.
Zwar stammt Marco Brunori nicht aus einer autoverrückten, wohl aber aus einer kunstaffinen Familie. Sein Vater habe früher schon am Computer gezeichnet. «Mein Bruder malte Graffiti und ich eben Autos», sagt er.
Unterdessen ist Brunori Senior Exterior Designer für Renault und verantwortet etwa das Design des Concept Cars Morphoz – ein Versuchsobjekt, das im Rahmen des Genfer Autosalons 2020 enthüllt hätte werden sollen. Die Pandemie machte dieser Weltpremiere einen Strich durch die Rechnung.
«Wie eine Fussballmeisterschaft»
In der Autoindustrie arbeite man meist vier Jahre im Voraus. Bis ein neues Auto designt wird, gibt es jeweils einen firmeninternen Wettbewerb. «Man kann es mit einer Fussballmeisterschaft vergleichen», erklärt Brunori. Fünf Entwürfe schaffen es in die engere Auswahl, von Runde zu Runde fallen Entwürfe weg, bis nur noch einer übrig bleibt: das Siegermodell.
«Die Designer laufen eigentlich ständig gegeneinander auf», so der Auslandschweizer. Woran er gerade arbeitet, darf er nicht verraten. Er stehe aber momentan nicht im Wettbewerb, sondern arbeite an der Umsetzung eines Projekts. «Jetzt schlage ich mich mit den Ingenieuren rum», sagt Brunori.
Berühmtheit erlangt ein Autodesigner kaum. Die «normale» Öffentlichkeit nimmt die Person, die hinter dem Aussehen eines Autos steht, selten war. Grosse Hersteller publizieren jeweils die Presseskizze eines Fahrzeuges – signiert vom Designer. Das ist der Moment des Ruhms.
«Aber das Schönste ist sowieso, wenn man das fertige Fahrzeug als Serienmodell auf der Strasse sieht», sagt Marco Brunori. Bei Autos seien das dann Tausende. «Das gibt einem viel zurück.»
Bei den ersten Skizzen werden bewusst alle Regeln vergessen und der Designer versucht, die Zeichnungen so expressiv wie möglich zu gestalten. «Würde man im ersten Designwettbewerb das Auto zeichnen, wie es am Schluss tatsächlich gebaut wird, würde man niemals ausgewählt werden», so Brunori. Zuerst schiesse man also über das Ziel hinaus, und komme dann Stück für Stück zur Realität zurück. «Anders würde es keine Innovation geben», erklärt der junge Autodesigner.
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