Die neuen Ambitionen des Istituto Svizzero in Rom
Modernität und Geschichte bestehen nebeneinander, Wissenschaft und Kunst kommen sich näher, und im Mittelpunkt steht der Mensch: so setzt Joëlle Comé ihre Prioritäten. Sie übernimmt am 1. August 2016 die Leitung des Istituto Svizzero in Rom. Aufgewachsen in der Romandie, jedoch mit einem Grossvater aus dem Aostatal, war die 53-jährige Westschweizerin unter anderem als IKRK-Delegierte in Sri Lanka und auf dem Balkan tätig.
Am Vorabend zum 70. Jubiläum, das im nächsten Jahr gefeiert wird, bereitet sich das Istituto Svizzero di Roma (ISR)Externer Link noch auf ein anderes wichtiges Ereignis vor: Am 1. August tritt nämlich die neue Direktorin ihr Amt an. Die Wahl fiel auf Joëlle Comé, 53-jährig und während neun Jahren Vorsteherin des Kantonalen Amtes für Kultur des Kantons Genf, ihrer Heimatstadt. Die neue Herausforderung bringt die Westschweizerin etwas zurück zu ihren Wurzeln, denn ihr Grossvater war Italiener aus dem Aostatal.
Istituto Svizzero
Seit 1947 fördert das Istituto Svizzero in Rom den «kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen der Schweiz und Italien». So wollte es die Gräfin Carolina Maraini-Sommaruga (1869-1959), Witwe des Industriellen Emilio Maraini (1853-1916). 1946 stiftete sie ihre wunderschöne römische Residenz, die Villa Maraini, die seither Sitz des Istituto Svizzero ist. Das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBFI) und die Schweizerische Kulturstiftung Pro Helvetia (PH) gehören zu den institutionellen Partnern des ISR. Das Istituto Svizzero hat auch einen Sitz in Mailand.
Eine Wahl, die auf Fachwissen und Kompetenz beruht
Zum ersten Mal in der langen Geschichte des ISR wurde eine Frau zur Direktorin gewählt: eine Premiere – dessen ist sie sich bewusst und auch stolz darauf. «Ich bin sehr glücklich über diese Ernennung, erklärt sie gegenüber swissinfo.ch. Und der Gedanke, die erste Frau zu sein, gefällt mir wirklich.» Joëlle Comé legt jedoch Wert darauf zu erwähnen, dass das ISR bei der Wahl berufliche Erfahrung und Fachwissen der Kandidatinnen und Kandidaten in den Vordergrund stellte. «Auf diese Art und Weise wurde aufgezeigt, dass Frauen und Männer gleich qualifiziert sind.»
Joëlle Comé durchlief eine künstlerische Ausbildung. In Brüssel absolvierte sie ein Masterstudium in Theater- und Filmwissenschaft am Institut Supérieur des Arts du Spectacle et des Techniques de Diffusion de la Fédération Wallonie-Bruxelles (Insas). Ihr Fachwissen und ihre Kompetenz führten sie an die ECAL (Ecole Cantonale d’Art de Lausanne), an der sie die Kino-Sektion leitete und eine eigene Produktionsfirma – LAGO Films – gründete.
Ein Fenster zur Welt
Weitere Kompetenzen von Joëlle Comé, die verheiratet ist und einen neunjährigen Sohn hat, sind ihre wichtigen Berufserfahrungen, die sie ab 1988 für fast zehn Jahre beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) machen konnte – sowohl im Feld wie auch am Hauptsitz in Genf.
«Ich habe in Kriegsgebieten gelebt und kann die Erfahrungen aus meiner Zeit in Sri Lanka, im Süd-Sudan und in den Balkanländern – alle Krisenregionen – am ISR einbringen”. Die berührendste Begegnung war für Joëlle Comé der Besuch von Kriegsgefangenen in Kuwait während des Konflikts in den 1990er-Jahren. Die Ex-Delegierte definiert ihre Tätigkeit als «kleines Fenster der Hoffnung» für die Männer und Frauen, denen sie geholfen hat, und erhofft sich, ihre Erfahrungen auch in den Dienst der Kunst und Wissenschaft in Rom stellen zu können.
«Im Mittelpunkt steht immer der Mensch. Dies gilt nicht nur für die Welt der Kunst, sondern auch für die Wissenschaft. Ich wünsche mir, dass das ISR ein Fenster zur Welt öffnen kann und eine Sicht freigibt auf die ausgezeichneten helvetischen Eigenschaften und auf all die Talente, die eng mit der Schweiz verbunden sind.»
Innovation in der Tradition
Für ihr Mandat in Rom, wo sie Professor Michele Luminati ablöst (den ersten italienischsprachigen Direktor, er kehrt an die Universität Luzern zurück), setzt Joëlle Comé auf Innovation, so wie sie dies auch in Genf getan hat.
Ihrer Ansicht nach braucht es das Kulturgesetz von 2013 und einige wichtige Projekte, darunter die Stiftung Maison de Rousseau et de la LittératureExterner Link und das Projekt Art&TramExterner Link, das die örtliche Tramlinie 14 wieder aufwerten soll. «Mit den Künstlern und Wissenschaftlern am ISR, so die neue Direktorin, wollen wir darlegen, womit wir uns beschäftigen, und vor allem zeigen, dass Modernität und Geschichte koexistieren. Wir wollen Kunst und Wissenschaft einander näherbringen, wir wollen die Bereiche nicht trennen, sondern nebeneinander bestehen lassen. So wie es auch im richtigen Leben ist. Ich bin sicher, das Publikum wird dies schätzen.»
(Übertragung aus dem Italienischen: Christine Fuhrer)
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