Die Schweiz macht’s besser als Europa, aber nur auf den ersten Blick
Bis 2030 sollen 35 Prozent des in der Europäischen Union verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Dies hat das EU-Parlament am Mittwoch beschlossen. Und wie ist die Situation in der Schweiz?
Wasser, Sonne, Wind, Biomasse und andere erneuerbare Quellen sollen bis 2030 35% der Energie liefern, die in der EU konsumiert wird. Das Ziel, das sich die EU-ParlamentarierExterner Link in Strassburg gesteckt haben, ist damit ehrgeiziger als jenes, das die europäische Kommission vorgeschlagen hatte. Dieses sah eine Quote von 27% vor. Im Jahr 2015 lag in der Union der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch bei 16,7%.
Und in der Schweiz?
In der Schweiz stammen fast 65% der in der Schweiz verbrauchten Energie aus fossilen Quellen (Öl und Gas). Der Anteil neuer erneuerbarer Energiequellen wie Sonne, Wind oder Geothermie beträgt 2,8 %, hinzu kommen etwa 20 % Wasserkraft.
«Weil sich die Diskussion in der Schweiz immer nur um den Strom dreht, herrscht die allgemeine Sicht, wir seien viel besser als zum Beispiel Deutschland. Diese Sicht ist aber fundamental falsch, denn die Wasserkraft trägt gerade mal gut 20% zum Schweizer Energieverbrauch bei», sagt Stefan Batzli, Geschäftsführer der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (AEE SuisseExterner Link).
Die neuen erneuerbaren Energien machten in der Schweiz wenige Prozent aus. «Im Bereich der neuen erneuerbaren Energie liegt die Schweiz weit zurück und fällt immer weiter zurück», so Batzli.
Was die Elektrizität betrifft, so gehört die Schweiz zu jenen Ländern in Europa mit dem grössten Anteil an erneuerbaren Energiequellen. Rund 60% des Stroms werden von den mehr als 600 Wasserkraftwerken des Landes erzeugt, von denen viele vor den 1970er-Jahren gebaut wurden.
Gemäss dem Geschäftsführer von AEE Suisse hat die Schweiz eigentlich sehr gute Voraussetzungen für einen beschleunigten Zubau von neuen erneuerbaren Energien. «Wir haben auf absehbare Zeit keine dadurch ausgelösten Netzengpässe, und unsere Speicher können die Fluktuation der Produktion problemlos auffangen.»
Trotzdem gebe es gewisse Hindernisse. So etwa die komplizierten Bewilligungsverfahren, insbesondere bei Wind und Geothermie, sowie vorgefasste Meinungen zur Wirtschaftlichkeit, gekoppelt mit falschen Wirtschaftlichkeits-Analysen. «Zudem wird das Effizienzpotenzial massiv unterschätzt. Die Diskussion ist von Angst geprägt, dabei liegen einfache Lösungen vor», sagt der Experte.
Im Rahmen der Energiestrategie 2050, die im Mai vom Schweizer Stimmvolk verabschiedet wurde, will die Schweiz erneuerbare Energien fördern und die Energieeffizienz steigern.
(Übertragung aus dem Italienischen: Gaby Ochsenbein)
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