FDP International: die Jugendfreundin der Fünften Schweiz
Die Freisinnigen engagieren sich seit über 30 Jahren mit einer internationalen Sektion für die Fünfte Schweiz. Warum sie der Meinung sind, dass es kein Grundrecht ist, ein Schweizer Bankkonto zu haben – sich aber trotzdem für eine Lösung in dieser Thematik stark machen.
Im vergangenen Jahr feierte die internationale Sektion der FDP.Die Liberalen ihr 30-jähriges Bestehen. Die Gründung geht auf das Jahr 1992 zurück, als Auslandschweizer:innen das Recht erhielten, sich am politischen Leben in der Schweiz zu beteiligen.
«Die FDP hatte sich damals gesagt: Wenn die Schweizer:innen im Ausland schon wählen und abstimmen können, dann müssen sie auch informiert werden», so Helen Freiermuth, Präsidentin der internationalen Sektion. 200 Mitglieder in über 30 Ländern zählt die Gruppe im Moment. «Und wir wachsen», sagt Freiermuth, die selbst seit zehn Jahren in der Türkei lebt.
- FDP.Die Liberalen
- Gründungsjahr: 1894 (Formell als schweizweite Dachorganisation wurde die FDP 1894 gegründet. Allerdings gab es schon vorher in den meisten Kantonen freisinnig-radikale und -liberale Vereinigungen. Auch die ersten Bundesräte identifizierten sich mit dieser politischen Strömung.)
- Fusionen: 2009 fusionierte die FDP mit der Liberalen Partei der Schweiz. Seitdem lautet die offizielle Parteibezeichnung «FDP.Die Liberalen».
- Präsident: Thierry Burkart (Ständerat aus dem Kanton Aargau)
- 2 Bundesratssitze – Karin Keller-Sutter (seit 2019) und Ignazio Cassis (seit 2017)
- Mitgliederzahl: ca. 120’000 Mitglieder (inkl. registrierte Sympathisantinnen und Sympathisanten)
- Sitzanteil in der Bundesversammlung: 16,7%
- 29 Nationalrät:innen
- 12 Ständerät:innen
- Frauenanteil in der Bundesversammlung: 29%
- Politische Positionierung:
- Für eine freie und wettbewerbsfähige Schweizer Wirtschaft, die nicht von zu vielen Vorschriften behindert wird.
- Für sichere und nachhaltig finanzierte Sozialwerke, damit auch künftige Generationen noch Renten beziehen können.
- Für eine sichere Schweiz, die ihre militärischen Fähigkeiten selber erhöhen muss und zugleich – soweit es die Neutralität zulässt – die Kooperation mit anderen Ländern sucht.
Die FDP International definiert für sich drei «Hauptaufgaben». Die erste ist die Information der Auslandschweizer:innen über politischen Aktualitäten in der Schweiz. Die zweite, die Aussensicht der Fünften Schweiz ins Land zu holen – «weil Schweizer im Ausland doch noch einen etwas anderen Blickwinkel einbringen können».
Und die dritte Aufgabe sieht die Sektionspräsidentin – analog zur Auslandschweizerorganisation – in der Suche nach Lösungen, um das Leben im Ausland ein bisschen einfacher zu gestalten.
«Wunschvorstellung» – direkte Vertretung der Fünften Schweiz
Für viele Auslandschweizer:innen sei eine direkte Vertretung – so wie es sie etwa in Italien oder Frankreich gibt – eine Wunschvorstellung. Freiermuth selbst hat schon als Nationalrätin im Kanton Zürich kandidiert, «auf hoffnungslosem Posten», wie sie selbst sagt. Ein klares Hindernis sei, dass die Fünfte Schweiz keinen eigenen Wahlkreis stellen kann. Dies sei aber «ein Fernziel».
Die FDP verfügt aus diesem Grund auch über keine eigene Auslandschweizer:innen-Liste, sie fördere viel mehr die indirekte Vertretung der Fünften Schweiz im Parlament. «Mit unserer internationalen Sektion sensibilisieren wir die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für Themen, welche Schweizerinnen und Schweizer im Ausland betreffen», so Freiermuth. Ausserdem könne die Sektion Kandidat:innen empfehlen, die sich für die Auslandschweizer:innen einsetzen würden.
Die Hauptanliegen
Die FDP International hat für die Wahlen im Herbst ein eigenes Wahlmanifest verabschiedetExterner Link, worin sie ihre Schwerpunkte und Forderungen definiert: eine Politik, die Auslandschweizer:innen als gleichberechtigte Bürger:innen behandelt, tragfähige Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sowie die Unterstützung der FDP Schweiz in ihrer Arbeit.
Um ersteres zu erreichen, setzt sich die FDP International für die Digitalisierung und das E-Voting ein. «Dabei ist die Einführung der E-ID die Grundlage für beides», sagt Freiermuth.
Weil ein grosser Teil der Auslandschweizer:innen im europäischen Raum lebt, setzt die internationale Sektion der FDP zudem grosse Hoffnungen in eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz.
«Für Verhandlungen braucht es aber zwei Seiten, und beide Seiten müssen wohl Konzessionen machen, um weiterzukommen und internationale Programme wie etwa Horizon wieder möglich zu machen», sagt Freiermuth.
Das sagt die FDP zum E-Voting
Freiermuth ist seit 16 Jahren im Vorstand der FDP International – «seit meiner ersten Sitzung ist E-Voting ein Thema.» Die FDP habe die Einführung dieses Systems auch immer verlangt. «Ein Auf und Ab, eine langwierige Geschichte», wie Freiermuth es nennt, mit einem Tiefschlag im Jahr 2019. «Jetzt glaube ich, dass wir wieder ein Licht am Horizont sehen können», sagt die Sektionspräsidentin.
Die Version, die im Frühling vorgestellt wurde, sei nur ein erster Schritt. Die Codes, die für das E-Voting-System der Post gebraucht würden, müssten auch elektronisch verschickt werden können. «Und genau deshalb ist die E-ID für die FDP International so wichtig.»
Dauerbrenner Krankenkasse
Für die Schweizer:innen im Ausland ist die Krankenkasse ein schwieriges Thema. «Doch vielfach sind einem die Hände gebunden – auch wegen bilateraler Verträge», so die Sektionspräsidentin. Diese könnten nicht einfach umgangen werden. Die ganze Thematik der Sozialversicherungen sei sowieso sehr komplex. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, etwa das Aufenthaltsland und ob man berufstätig oder pensioniert ist.
«In vielen Ländern ist es wirklich schwierig, in eine vernünftige Krankenkasse reinzukommen.» Freiermuth denkt etwa an Thailand. Die FDP International ist der Meinung, dass es möglich sein sollte, Auslandschweizer:innen in solchen Situationen ein Angebot zu machen. «Doch da sind wir FDP genug, um zu wissen, dass wir die Krankenversicherer nicht dazu verpflichten können.» Die Partei suche jedoch ständig nach möglichen Lösungen.
«Es gibt kein Recht auf ein Schweizer Bankkonto»
Aus der Community wird seit vielen Jahren der Vorwurf laut, dass die Fünfte Schweiz beim Thema Bankkonto diskriminiert wird. «Mittlerweile gibt es – auch dank der Auslandschweizer-Organisation – Lösungen für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland», sagt Freiermuth.
Es sei aber immer noch für einen Teil der Auslandschweizer:innen schwierig, ein Konto zu haben. Die FDP hat sich in der Vergangenheit im Parlament schon mehrfach für den Zugang zu Schweizer Bankkonti stark gemachtExterner Link. «Es gibt aber kein Recht auf ein Schweizer Bankkonto, wenn man Schweizer:in ist», so Freiermuth. Schon gar nicht zu gleichen Konditionen, «es sind einfach andere Voraussetzungen». Im vernünftigen Rahmen müssten sich die Gebühren jedoch bewegen, ist die Sektionspräsidentin überzeugt.
+Rentenpolitik: Nach fast 30 Jahren gelang wieder mal eine AHV-Reform. Das Rentenalter der Frauen wird an dasjenige der Männer angeglichen. Die FDP hat diese Reform mitgeprägt und stark unterstützt. Auch bei der Reform der Pensionskasse spielte die FDP im Parlament eine massgebende Rolle (hier ist aber noch eine Volksabstimmung ausstehend).
+Starke Frau im Bundesrat: Mit Karin Keller-Sutter verfügt die FDP über eine im Gremium einflussreiche und in der Öffentlichkeit beliebte Bundesrätin. Nach einigen Jahren im EJPD führt sie mittlerweile mit dem Finanzdepartement ein Schlüsselressort – und konnte sich in dieser Funktion auch schon als Krisenmanagerin profilieren. (SRF)
-Steuerpolitik: Bei der für die FDP so wichtigen Steuerpolitik musste die Partei in Volksabstimmungen herbe Niederlagen in Kauf nehmen. So war die Linke erfolgreich mit ihren Referenden gegen die Abschaffung der Stempelsteuer und die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer – die Freisinnigen hatten das Nachsehen.
-Zürcher Wahlen: Der Wahlausgang im für die FDP wichtigen Kanton Zürich war enttäuschend. Entgegen den Erwartungen ist die Partei praktisch stagniert und konnte die Verluste, die sie vier Jahre zuvor erlitten hatte, nicht wettmachen. Auch gelang es den Freisinnigen nicht, einen zweiten Sitz in der Kantonsregierung zu erobern. (SRF)
Wahlkampfthemen und Ziele
Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze bewahren: Mit mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie will die FDP für einen dynamischen Wirtschaftsstandort Schweiz kämpfen. Die Forschung soll gefördert werden – mit möglichst wenig Verboten. Und um die Erwerbstätigkeit der Frauen zu fördern, fordert die FDP die Einführung der Individualbesteuerung.
Die Altersvorsorge zukunftsfähig machen: Die FDP bekennt sich zum Drei-Säulen-Modell, zu dem auch die eigenverantwortliche private Vorsorge gehört. Die FDP will ein flexibleres Rentenalter und unterstützt deshalb die Renteninitiative der Jungfreisinnigen.
Für eine sichere Schweiz: Die FDP will, dass die Sicherheitspolitik wieder einen höheren Stellenwert erhält. Fähigkeits- und Ausrüstungslücken der Schweizer Armee sollen behoben und die dafür notwendigen Mittel sollen zur Verfügung gestellt werden. Nach Ansicht der FDP soll die Schweiz eine engere Zusammenarbeit mit der NATO suchen – ohne allerdings der Allianz beizutreten. (SRF)
Ausgangslage und Aussichten
Bei kantonalen Wahlen in diesem Jahr ist die FDP stagniert oder hat teilweise sogar an Stimmenanteil verloren. Die Aufbruchstimmung und Euphorie, die Anfang Jahr noch in freisinnigen Kreisen herrschte, ist deshalb etwas verflogen.
Die FDP hält aber weiter an ihrem Wahlziel fest und will zweitstärkste Partei werden – und damit die SP überholen. Den Führungspersonen der Partei ist bewusst, dass das schwierig zu erreichen sein wird. Sie geben sich aber kämpferisch und betonen, man müsse sich schwierigen Herausforderungen stellen.
Das Negativ-Szenario für die FDP wäre, wenn sie nicht nur das selbstgesteckte Wahlziel verpassen würde, sondern auch noch von der Mitte als drittstärkste Partei eingeholt werden würde. (SRF)
Mitarbeit SRF: Elmar Plozza
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