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Hotel Stoos positioniert sich auf der Sonnenseite

Hotel Stoos: Einst Kurhaus, dann Sport- und seit 2006 Wellness- und Seminarhotel. www.hotel-stoos.ch

Starker Franken, Wirtschaftskrise oder Wetterpech – von der Schweizer Hotellerie hört man derzeit viele Klagen. Es gibt aber auch Betriebe, die den negativen Einflüssen trotzen: Das Hotel Stoos über dem Vierwaldstättersee baut sein Angebot sogar aus.

Zwischen Pilatus und Rigi geht die Sonne unter und wirft ihre letzten Strahlen auf die Hotel-Terrasse. Bei klarem Wetter überblickt man das halbe Mittelland und manchmal zeigt sich sogar der Schwarzwald. Ein paar Meter weiter vorne sieht man auf den Urner Zipfel des Vierwaldstättersees hinunter. Geschichtskundige erkennen in der Tiefe am gegenüberliegenden Ufer die Rütli-Wiese, die Wiege der Schweiz.

Wer an dieser Lage ein Hotel führt, braucht sich um die Gäste nicht zu kümmern, könnte man meinen. «Das ist nicht ganz richtig», erwidert René Koch, Direktor und Teilhaber des Hotels Stoos im gleichnamigen Bergdorf über dem Vierwaldstättersee. «Wir müssen auf uns aufmerksam machen, und eine schöne Aussicht lässt sich gar nicht so einfach vermarkten.»

Viele Gäste lernen die Schönheit der Region zuerst als Tagestouristen kennen, bevor sie sich auch für Ferien im Hotel entscheiden. Zum Besitz der Familien AG gehört deshalb nicht nur das Hotel Stoos, sondern auch das Gipfelrestaurant auf dem Fronalpstock sowie ein Pistenrestaurant. Wer auf dem Stoos seine Freizeit verbringt, kommt am Gastro-Imperium der Familie Koch, das insgesamt rund 50 Mitarbeitende beschäftigt, kaum vorbei.

2011 war sogar ein Spitzenjahr

Vier von fünf Hotelgästen sind Schweizer. Sie machen den überwiegenden Teil der Stammkundschaft aus. Unter den ausländischen Gästen sind die Deutschen und Holländer am zahlreichsten. Obschon Stoos nur einen Katzensprung von Luzern entfernt liegt, trifft man im autofreien Bergdorf nur selten Touristen aus Asien. «Für indische Gäste würden wir genau die Idylle bieten, die viele von ihnen suchen».

Weshalb trotzdem nur ab und zu eine kleine Gruppe in seinem Hotel absteigt, muss Direktor Koch auch nicht kümmern. Sein Zielpublikum lebt in der Nähe. «Wir positionieren uns im Seminar- und Wellnessbereich». Und weil Wellness-Gäste bei schönem Wetter auch gerne in der einzigartigen Landschaft wandern gehen oder Schneesport treiben, und auch Seminarteilnehmer die schöne Aussicht und Stille geniessen, war das Hotel Stoos auch im letzten Jahr sehr gut ausgelastet – trotz Frankenstärke und Eurokrise.

«Es war kein Rekord- aber ein Spitzenjahr», freut sich René Koch. Ob Finanz-, Pharma- und Bauindustrie oder Dienstleistungsbetriebe, aus jeder Branche haben Firmen und Institutionen der öffentlichen Hand schon Seminare auf dem Stoos gebucht.

Kein Grund also, die Ausbaupläne zu stoppen, die 2006 mit dem Bau der Wellness-Anlage ihren Anfang nahmen. Seit 2008 werden die Seminarräume und jährlich 20 bis 25 Zimmer erneuert. Im letzten Jahr wurde die Lobby modernisiert, die Rezeption vergrössert und ein Fumoir gebaut.

Weil das Hotel oft an seine Kapazitätsgrenzen gelangt, wird im Juli ein weiterer Seminarraum gebaut und das Restaurant erweitert. «Um die Qualität garantieren zu können, die wir uns vorstellen, müssen wir diese Investitionsschritte tätigen», sagt Direktor Koch. Die Banken gewährten problemlos die erforderlichen Kredite, aber nur «aufgrund unseres Leistungsausweises. Wir haben die budgetierten Ziele bisher immer erreicht».

40 Millionen für neue Standseilbahn

Unterstützung erfährt der Hotelier auch von andern Tourismus-Playern der Region, namentlich von den «Stoosbahnen», die im Herbst mit dem Bau einer neuen Bahn beginnen werden. Für die steilste Standseilbahn der Welt sind Investitionen von 40 Millionen Franken notwendig. Die Bahn stellt die Grundversorgung sicher, nicht nur für die 152 Seelen, die ganzjährlich im Bergdorf leben, sondern auch als Zubringer der Touristen ins Wander- oder Wintersportgebiet.

Die Mehrzahl der Hotelgäste benützt allerdings die Luftseilbahn Morschach-Stoos, deren Bergstation wenige Meter neben dem Hotel steht. Das Aktienkapital der Bahn befindet sich ebenfalls mehrheitlich im Besitz der Familien AG. Wenn ein Gast den letzten fahrplanmässigen Kurs verpasst, dann führt die Bahn ausnahmsweise auch spät in der Nacht eine Extrafahrt durch – «gegen eine kleine Entschädigung, meistens zulasten des Hotels». Solche Ausnahmen, verrät René Koch, kämen fast jede Woche vor.

Bewegte Geschichte

Die Hotellerie auf dem Stoos hat eine lange Tradition. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte ein Landammann dort ein einfaches Gästehaus gebaut. Die berühmten «Molkenkuren» sorgten auch auf dem Stoos für eine wachsende, vorwiegend internationale Kundschaft und führten zum Bau eines imposanten Kurhauses mit 200 Betten, Tanzsaal, Musik- und Gesellschaftsräumen sowie einer Kegelbahn.

Im März 1975 brannte das Stooser Wahrzeichen bis auf die Grundmauern nieder. Zwei Jahre später liess René Kochs Vater an gleicher Stelle ein neues Hotel bauen. Weil jedes Jahr mehr Skitouristen abstiegen, wurde aus dem Kurhaus ein Sporthotel. Seit 2000 amtet Koch Junior als Direktor des Hotels, das er seit 2006 erfolgreich im Wellness- und Seminarbereich positioniert.

Die Schweiz zählt 4,5 Mio. Erwerbstätige. Davon sind drei Viertel im Dienstleistungsbereich tätig.

Die 250’000 im Gastgewerbe Beschäftigten entsprechen 5,6% der Gesamtbeschäftigten, oder 7,6% aller im Dienstleistungsbereich Tätigen.

Das Gastgewerbe weist mit 56,3% einen überdurchschnittlichen Frauenanteil aus.

Der Ausländeranteil ist mit 42,1% ebenfalls sehr hoch – insgesamt beträgt er im Durchschnitt aller Branchen 25%.

Laut Landes-Gesamtarbeitsvertrag verdienen ungelernte Arbeitnehmer rund 3400 Fr. monatlich, jene mit Berufsabschluss rund 4800 Fr.

Best-Practice-Lohnermittlungen zeigen, dass ein Vizedirektor rund 7450 Fr. pro Monat verdient, ein Küchenchef 7300 Fr., ein Maître d’hôtel 5900 Fr. und ein Chef de réception 5484 Fr.

Der Stoos ist ein autofreies Feriendorf in der Zentralschweiz mit Wander-, Ski- und Langlaufmöglichkeiten auf einem Hochplateau auf 1300 Metern über Meer.

Es beherbergt rund 150 Einwohner. Für Gäste stehen 2200 Betten zur Verfügung.

Den Stoos erreicht man von Morschach am Vierwaldstättersee mit der Luftseilbahn. Von Schwyz-Schlattli führt aber auch eine Standseilbahn ins Bergdorf. 

Sie soll durch eine moderne, Standseilbahn ersetzt werden. Für den Bau, mit dem im Herbst dieses Jahres begonnen werden soll, sind Investitionen von 40 Millionen Franken notwendig.

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