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Rucksäcke und Taschen laden Handys auf

Alessandro Cuoco, Lehrling bei United Wear
Der United Wear-Lehrling Alessandro Cuoco mit einer Solartasche des Zürcher Startup-Unternehmens. swissinfo.ch

Jedermann kann heutzutage im Alltag Stromproduzent werden. Das zeigt die kleine Schweizer Startup-Firma United Wear, die Taschen und Rucksäcke mit kleinen Solarzellen ausstattet. Mit diesen lassen sich Handys, Tablets oder andere elektronische Geräte aufladen.

«Viele Leute sind überrascht über die Fortschritte im Bereich der erneuerbaren Energien. Das merke ich, wenn ich mich mit Besuchern von Kongressen und Messen unterhalte. Viele träumen davon, dass man eines Tages ein Mobiltelefon mit Solarzellen aufladen kann. Nur ganz wenige wissen, dass dies längst Realität ist», erzählt Silvio Trionfini, Direktor der Firma United Wear.

Das kleine Zürcher Startup-Unternehmen ist ein gutes Beispiel für die Kreativität und Innovationskraft im Bereich der so genannten umweltschonenden Technologien «Cleantech». Seit einigen Monaten produziert die Firme Taschen und Rücksäcke, die auf ihren Aussenseiten «Mini-Solarkraftwerke» integriert haben. Damit kann man Mobiltelefone, Tablets, Fotoapparate oder MP3/MP4-Player aufladen.

Silvio Trionfini
Silvio Trionfini will zeigen, wie viel Potenzial in der Solarenergie steckt. United Wear

Die Solarpaneele wiegen gerade mal 150 Gramm und verfügen über eine USB-Buchse. Zwei Stunden werden benötigt, um ein Handy an einem sonnigen Tag aufzuladen. Sie produzieren aber auch an wolkigen Tagen Energie. Die Taschen und Rücksäcke sind mit einem kleinen Akku ausgestattet, der nicht unmittelbar gebrauchte Energie speichert.

Ein Mittel der Kommunikation

Diese Technologien sind im weitesten Sinn auch eine Antwort auf die Befürchtungen der Gegner der Energiestrategie 2050. Diese wurde im Mai vom Volk gutgeheissen. Gemäss dieser Strategie wird die Schweiz in den nächsten Jahrzehnten aus der Atomkraft aussteigen und erneuerbare Energien stärken. Während des Abstimmungskampfs malten die Gegner den Teufel an die Wand. Bald werde der Strom nicht einmal mehr reichen, um Mobiltelefone aufzuladen, hiess es unter anderem.

Die innovativen Taschen und Rucksäcke zeigen hingegen auf, dass heute jede und jeder dazu beitragen kann, saubere Energie zu produzieren. «Unsere Produkte sind wie ein Kommunikationsträger, um die unterschiedlichen Anwendungen von erneuerbaren Energien und ihr grosses Potential aufzuzeigen. In zwei bis drei Jahren werden wir wahrscheinlich mit gleich grossen Solarzellen das Doppelte der Energie produzieren können wie heute», meint Silvio Trionfini. Vielleicht werde sich die nötige Fläche für Solarzellen bei gleicher Leistungsfähigkeit auch halbieren.

Der Firmenchef ist überzeugt, dass diese Anwendungen nicht nur für Personen mit einem hohen ökologischen Bewusstsein von Interesse sind. Unter das Zielpublikum zählt er auch Personen, die viel reisen und stets über ihre elektronischen Geräte verfügen müssen. Dazu kommen all diejenigen, die Schweizer Design und Qualität schätzen.

Schweizer Produkt

Silvio Trionfini hat sich im Jahr 2015 in dieses Abenteuer gestürzt, als er die Marke Sakku (Sakko + Akkumulator) übernahm. Diese war 10 Jahre zuvor ebenfalls als Startup gegründet worden. Zwei Zürcher Designer überarbeiteten und perfektionierten das Produkt. Die Taschen und Rucksäcke werden in Trimbach im Kanton Solothurn gefertigt. 

Pannello solare sakku
Die 22 x 37 cm grossen Solarzellen können ganz einfach vom Rucksack gelöst werden, um die Geräte aufzuladen. sakku.ch

Die Produktion erfolgt hauptsächlich maschinell, nur teilweise in Handarbeit. «Andernfalls wäre es gar nicht möglich, ein solches Produkt in der Schweiz zu marktfähigen Preisen herzustellen», meint Silvio Trionfini. Die Paneele, die amerikanische Solarzellen verwenden, werden genauso wie die Akkumulatoren in China hergestellt. Für diese Komponenten existieren angesichts der Kosten praktisch keine alternativen Produktionsorte.

«Theoretisch erfüllen unsere Produkte die Kriterien der Swissness, wie sie im neuen Gesetz festgelegt sind. Doch wir haben auf das Swiss made verzichtet, weil die technischen Komponenten nicht aus der Schweiz stammen – daher wäre das Labe sehr diskutabel», betont Trionfini.

Motivierte Leistungssportler

United Wear ist eigentlich ein Ausbildungsbetrieb für Lehrlinge der United School of Sports, einer Zürcher Schule, in der junge Talente eine kaufmännische Lehre zeitgleich mit ihren sportlichen oder künstlerischen Aktivitäten absolvieren können. Einige bekannte Fussball-Nationalspieler wie Diego Benaglio, Haris Seferovic und Admir Mehmedi haben diese Schule besucht.

Das Zürcher Startup-Unternehmen beschäftigt momentan einen Eishockeyspieler, der in der NLA spielt, einen Mountainbiker und einen Tänzer, der bereits Schweizer Meister war. «United Wear wurde gegründet, um diesen jungen Sportlern eine Flexibilität zu bieten, die sie in einem anderen Unternehmen nie haben könnten», so Trionfini.

Die Lehrpersonen haben die schwierige Aufgabe, die Ausbildungsaktivitäten mit der Rentabilität des Betriebs in Einklang zu bringen. «Normalerweise beschäftigt ein Startup die besten Spezialisten, die bis zu 150 Prozent arbeiten. Eine Besonderheit unseres Unternehmens ist, dass wir nur Lehrlinge einstellen, die Teilzeit arbeiten und keine Berufserfahrung haben. Doch diese jungen Leistungssportler sind sehr motiviert. Sie sind gewohnt, sich Ziele zu setzen und diese erreichen zu wollen.»

Um die Produktionskosten zu decken, müsste das Startup-Unternehmen nächstes Jahr zirka 1000 Rucksäcke und Taschen verkaufen. Dies lässt sich wohl nur erreichen, wenn andere Unternehmen oder Institutionen das Projekt unterstützen.

Doch die Schweizer Wirtschaft ist laut Trionfin nicht sehr offen gegenüber Startup-Unternehmen. Gleichwohl ist er optimistisch: «Mein Traum ist, dass meine Lehrlinge in ihren beiden Ausbildungsjahren all das lernen können, was für Administration, Entwicklung, Marketing und Online-Verkauf nötig ist, damit sie später alleine etwas aufbauen können.» Vielleicht dann auch im Cleantech-Bereich. 

(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

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