Keine Gnade für zweiten Nationalpark der Schweiz
Das Projekt "Parc Adula" hätte als erste demokratisch legitimierte Gründung eines Nationalparks in die Geschichte eingehen sollen. Aber daraus wird vorläufig nichts: Nur 9 von 17 Gemeinden in den Kantonen Tessin und Graubünden haben sich an der Urne für den "Parc Adula" an der Urne ausgesprochen.
13 von 17 Gemeinden hätten für den Park in der geplanten Form stimmen müssen – am Ende konnten sich aber nur 9 Gemeinden für das Projekt erwärmen, 8 sagten «Nein».
Das Projekt hätte sich von Disentis im Bündner Oberland bis nach Buseno im südlichen Misox erstreckt, im Westen auch drei Tessiner Gemeinden umfasst und aus diesem Gebiet den grössten Nationalpark der Schweiz gemacht. Der Park hätte aus einer 145 Quadratkilometer grossen Kernzone bestanden, wo strenge Naturschutzbestimmungen gegolten hätten, und einer 1085 Quadratkilometer grossen Umgebungszone, die ökologisch und ökonomisch nachhaltig hätte entwickelt werden sollen.
Daraus wird nichts, weil zu viele und vor allem die wichtigsten Gemeinden sich an der Urne dagegen ausgesprochen haben.
Schwer wiegt das Nein aus der Gemeinde Blenio (TI), die mit 54,5 Quadratkilometer mehr als einen Drittel zur Kernzone beigesteuert hätte. Artikel 16 der Pärke-Verordnung des Bundes schreibt nämlich vor, dass die Fläche einer Nationalpark-Kernzone in den Alpen mindestens 100 Quadratkilometer betragen muss.
Gelebte Demokratie
Im Unterschied zur Gründung des ersten Nationalparks im Jahr 1914 war der Vorschlag diesmal aus den betroffenen Gemeinden selbst gekommen. Trotzdem war der Widerstand in der lokalen Bevölkerung gross.
Das Projekt zeigt die Schweiz im Kleinen: Vertreter aus 17 Gemeinden mit 16’000 Einwohnern aus zwei Kantonen mit drei Sprachen (Italienisch, Romanisch und Deutsch) hatten sich zusammengetan, um einen Nationalpark zu gründen. Allein für die Ausarbeitung der Charta hatten die Initianten 15 Jahre gebraucht.
Trost-Variante
Die unterlegenen Gemeinden, also jene, die das Projekt gutgeheissen haben, können nun einen neuen Nationalpark-Vorschlag machen, der erneut dem Volk unterbreitet werden müsste.
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Warum das Nein zum zweiten Nationalpark?
Weitere Abstimmungen in Kantonen und Gemeinden
Nicht nur traditionelle Ehe
Die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau wird nicht in der Zürcher Verfassung verankert. Die Stimmberechtigten lehnten die kantonale Volksinitiative «Schutz der Ehe» der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) deutlich ab.
Mit dem Nein vom Sonntag scheitert bereits ein zweites Volksbegehren zum Ehebegriff in diesem Jahr: Im Februar 2016 wurde die eidgenössische CVP-Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen eine Heiratsstrafe» abgelehnt. Die Bundesverfassung hätte unter anderem mit der gleichen Definition ergänzt werden sollen.
Die EDU wollte mit ihrer Initiative die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau schützen und eine Öffnung verhindern.
Neues Bundes-Asylzentrum
Der Bund kann im St. Galler Rheintal ein neues Bundes-Asylzentrum mit 390 Plätzen bauen. Die Stimmberechtigen von Altstätten, Kanton St. Gallen, haben einem Landverkauf und einer Teilzonenplanänderung deutlich zugestimmt. Das neue Bundesasylzentrum soll das heutige Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) ersetzen, das mitten in einem Wohngebiet liegt. Im bisherigen EVZ hat es 180 Plätze.
Für Lehrplan 21
Die Schaffhauserinnen und Schaffhauser wollen nicht, dass das Volk über den Lehrplan mitbestimmt: Sie haben die Volksinitiative «Lehrpläne vors Volk» deutlich abgelehnt und sich dadurch indirekt auch für den Lehrplan 21 ausgesprochen.
Im Kanton Thurgau wird der Lehrplan 21 auf das Schuljahr 2017/2018 unverändert eingeführt. Die Initiative «Ja zu einer guten Thurgauer Volksschule» wurde von den Stimmberechtigten abgelehnt. Diese hatte verlangt, dass die Lehrpläne in Zukunft vom Grossen Rat genehmigt werden müssten.
Genfer Sonntags-Shopping
Im Kanton Genf können die Einheimischen und die Touristen künftig an drei Sonntagen pro Jahr und am 31. Dezember shoppen. Die Genfer Stimmberechtigten nahmen einen Gegenvorschlag zu einer Initiative an, welche die Sonntags-Verkäufe ganz verbieten wollte.
Freiburger E-Voting
Der Kanton Freiburg hat bei den Wahlen und Abstimmungen vom Sonntag erstmals sein neues E-Voting-System eingesetzt. Die Verantwortlichen zeigten sich zufrieden. Das System habe gut, sicher und zuverlässig funktioniert.
Das E-Voting-System steht Freiburger Bürgerinnen und Bürgern im Ausland zur Verfügung. Für die eidgenössische Abstimmung waren 5032 Stimmberechtigte eingeschrieben. 1701 Ausland-Freiburger beteiligten sich am Urnengang, 578 benutzten das neue Angebot. Das entspricht einem Anteil von 34 Prozent, wie die Staatskanzlei mitteilte.
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