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Eidgenössische Abstimmungen vom 25. September 2022

Marcel Dettling: «Die Schweizerinnen und Schweizer lieben Fleisch»

Marcel Dettling
Die Massentierhaltungsinitiative würde vor allem die kleinen Betriebe treffen, sagt Marcel Dettling. © Keystone / Gaetan Bally

Die Massentierhaltungsinitiative würde die Preise von Tierprodukten steigen lassen und zu mehr Importen führen, sagt der SVP-Nationalrat Marcel Dettling. Zudem würde sie die Schweizer Landwirtschaft bedrohen.

Am 25. September stimmen die Schweizer:innen über die Massentierhaltungsinitiative ab. Diese zielt gegen die industrielle Tierproduktion in der Schweiz und verlangt, dass Tiere besser gehalten werden. Zusätzlich sieht sie Importvorschriften für Tierprodukte vor.

Marcel Dettling ist Nationalrat der SVP aus dem Kanton Schwyz. Er ist Landwirt und sitzt im Vorstand mehrerer Bauernvereinigungen sowie weiterer landwirtschaftlich ausgerichteter Organisationen.

swissinfo.ch: Wir stimmen über die Massentierhaltungsinitiative ab. Gegner:innen sagen jedoch, in der Schweiz gebe es eigentlich keine Massentierhaltung. Was stimmt denn nun?

Marcel Dettling: In der Schweiz gibt es keine Massentierhaltung. Wir haben Höchstgrenzen bei den Kälbern, 300 dürfen wir pro Betrieb maximal halten. Bei den Schweinen haben wir auch Höchstbestände vorgeschrieben, da dürfen es nicht mehr als 1500 Schweine sein. Und bei den Hühnern haben wir ebenfalls eine maximale Belegung: 18’000 Leghennen pro Betrieb.

Nur zur Veranschaulichung ein Vergleich mit Deutschland: Bei Legehennen gibt es Zahlen von 600’000 Tiere pro Betrieb, bei Schweinen ebenfalls über hunderttausende, und so weiter. Somit muss man klar sagen: Nein, in der Schweiz gibt es keine Massentierhaltung.

Auf jeden Fall halten in der Schweiz immer weniger Höfe immer mehr Tiere. Ist der heutige Tierschutz noch angemessen oder braucht es Anpassungen?

Da muss man ein wenig ausholen. Die Politik hat in den letzten Jahren den Bauern immer gesagt: Ihr müsst grösser werden, ihr müsst wirtschaftlicher arbeiten. Kauft andere Betriebe dazu, expandiert, bewirtschaftet zusätzliche Flächen. Ihr seid viel zu klein in der Schweiz.

Und jetzt kommt eine Initiative, die sagt: ihr seid zu gross, ihr müsst kleiner werden. Man weiss als Bauer, als Bäuerin in der Schweiz nicht, was eigentlich von einem erwartet wird. Was verlangt man überhaupt von der Schweizer Landwirtschaft?

Die Initiative richtet sich nach eigenen Angaben hauptsächlich gegen industrielle Grossbetriebe. Wäre das nicht eine Chance gerade für kleine landwirtschaftliche Betriebe?

Nein, im Gegenteil. Es sollen die Vorschriften der Bio-Zertifizierung übernommen werden, das ist ja der Kern dieser Initiative. Diese Richtlinien der Bio-Suisse aus dem Jahre 2018 sollen flächendeckend in der Schweiz eingeführt und für alle Betriebe gelten, ungeachtet ihrer Grösse. Da gibt es keinen Spielraum mehr.

In der Schweiz haben wir das RAUS-ProgrammExterner Link, das Tieren regelmässigen Auslauf garantiert. Das Programm ist heute freiwillig und wird mit Anreizen vom Bund finanziert.

Wenn dies obligatorisch wird, dann gibt es kein Geld mehr für die Bauern – das sind immerhin 300 Millionen Franken. Und das trifft dann eben hauptsächlich die Kleinbetriebe.

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Bei uns im Berggebiet haben wir fast 90% Teilnahme am Programm. Da träfe man diejenigen, die vorbildlich arbeiten, ihre Tiere rauslassen und sie tierfreundlich halten. Sie würden damit bestraft, weil sie keinen finanziellen Anreiz mehr hätten.

Sicherlich würden Tierprodukte teurer werden, das sagen auch die Initianten. Wäre es angesichts des Klimawandels nicht wünschenswert, dass der Konsum von Tierprodukten reduziert würde?

Wünschenswert ist vor allem, dass wir in der Schweiz möglichst das produzieren, was wir in der Schweiz produzieren können. Diese Initiative ist eine reine Import-Initiative, sie würde zu einer Zunahme von ausländischen Produkten führen.

Ansetzen müssen wir bei den Konsumenten: Was sie nachfragen, sollten wir möglichst in der Schweiz produzieren und nicht einfach aus dem Ausland importieren. Es gibt Erhebungen, die sagen, beim Poulet würden wir beim Selbstversorgungsgrad von heute 58% auf 5% zurückgehen. Beim Schweinefleisch wäre es von 92% heute auf knapp 50%. Die Differenz müssten wir im Ausland besorgen. Diese Initiative ist sicherlich der falsche Ansatz.

Laut Schätzungen wandert in der Schweiz ein Drittel aller Lebensmittel in den Abfall. Wären höhere Preise nicht ein Anreiz, um Foodwaste zu verringern?

Foodwaste ist ein riesiges Problem, nicht nur beim Fleisch, auch bei allen anderen Produkten. Die Frage ist: Was können wir den Konsumenten zumuten? Die Energiepreise, die Mietkosten, die Spritpreise steigen – irgendwie müssen die Leute das finanzieren können.

Gerade beim Fleisch haben wir das grosse Problem des Einkaufstourismus: Wenn die Preise in der Schweiz weiter steigen, gehen die Leute häufiger über die Grenze billiges Fleisch einkaufen, wie wir in den vergangenen Jahren gesehen haben. So bestrafen wir letztlich die Schweizer Landwirtschaft.

Der Fleischkonsum geht seit den 1980er-Jahren kontinuierlich zurück. Trägt die Landwirtschaft diesem Trend genug Rechnung?

Der Fleischkonsum ist im Jahr 2021 in der Schweiz gestiegen. Und zwar nicht nur total – da könnte man sagen, wegen der Zuwanderung brauchen immer mehr Leute immer mehr Fleisch. Nein, auch pro Kopf.

Das ist etwas, was man in den Medien zu streuen versucht, dass sich die Menschen nur vegan oder vegetarisch ernähren. Das Gegenteil ist der Fall. Fleisch ist weiterhin beliebt und es macht auch Sinn: In der Schweiz ist 70% der Fläche Grünland. Hier brauchen wir Wiederkäuer: Die wandeln Gras um zu Fleisch, zu Milch und ernähren die Menschen. Ein tipptopp geschlossener Kreislauf, das ist wunderbar für die Schweiz. Und die Schweizerinnen und Schweizer lieben Fleisch.

Die grüne Nationalrätin Meret Schneider erklärt im Interview, warum sie die Massentierhaltungsintiative unterstützt:

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