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Medikamentenpreise: Es kann gespart werden

Bei den Medikamentenpreisen liegt ein Sparpotenzial von 450 Mio. Franken drin. Keystone

Bei den Medikamentenpreisen besteht ein grosses Sparpotenzial auf den Fabrikabgabe-Preisen: bei den Originalpräparaten rund 210 Mio. und bei den Generika rund 240 Mio. Franken. Das zeigt der neuste Preisvergleich mit dem Ausland.

Erstellt wurde der in Bern vorgestellte Preisvergleich gemeinsam von santésuisse, dem Dachverband der Krankenversicherer, sowie den Branchenverbänden der Pharmaindustrie, Interpharma und Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz (vips). Dieses Zusammengehen stellt eine Premiere dar.

Ein erster Schritt

«Es freut mich, dass jetzt offenbar auch die Pharmaindustrie zugibt, dass es bei den Medikamentenkosten noch ein beträchtliches Sparpotenzial gibt», sagt Ständerätin Simonetta Sommaruga von der Stiftung für Konsumentenschutz, die auch Mitglied der Gesundheitskommission der kleinen Kammer ist.

«Die Massnahmen sind allerdings nicht genügend. Aber immerhin, es ist ein erster Schritt. Wir haben diese sinnvollen Massnahmen allerdings schon vor vier Jahren gefordert. Aber wenn sie jetzt umgesetzt werden, umso besser», so Sommaruga gegenüber swissinfo.ch.

Die Ständerätin befürchtet indessen, «dass man Einsparungen macht und dann gleichzeitig mit neuen, teureren Medikamenten diese wieder auffängt, zunichte macht. Deshalb erwarte ich, dass wir die seit einiger Zeit geplante Volksinitiative für Parallelimporte bei den Medikamenten zusammen mit den Krankenkassen und dem Detailhandel nächstens starten können.»

Folge des Drucks

Der gemeinsame Schritt von Pharmaindustrie und Krankenkassen sei eine Folge des Drucks, der sich in den letzten Jahren auf die Medikamentenpreise aufgebaut habe, sagt santésuisse-Direktor Stefan Kaufmann gegenüber swissinfo.ch. «Die Einsicht ist gereift, dass wir uns nicht über Fragen der Methoden streiten sollten, sondern die Ausgangslage wichtig ist. Dann kann man auch die Diskussion über die Problemlösung sachorientiert führen. Auf diesem Weg sind wir jetzt.»

santésuisse habe immer auf die ungesunde Prämienentwicklung hingewiesen. «Unser Ziel ist es, für die Prämienzahlenden die Sparpotenziale auch zu erschliessen, das heisst tiefere Medikamentenpreise zu erwirken», so Kaufmann.

Preisdifferenzen möglichst eliminieren

Bei dem Preisvergleich ging es um die Validierung des vom Bundesrat im letzten Juli angekündigten Massnahmenpaketes, wonach die Medikamentenpreise ab 2010 um über 400 Mio. Franken jährlich sinken sollen. Die Massnahmen werden demnach die Preisdifferenzen grösstenteils eliminieren.

Gemäss dem Vergleich sind die 200 umsatzstärksten kassenpflichtigen Originalmedikamente in der Schweiz gegenüber dem aktuell gültigen Länderkorb (Deutschland, Dänemark, Niederlande, Grossbritannien, Frankreich, Österreich) zu Fabrikabgabepreisen 9% teurer. Dies entspricht einem Einsparpotenzial (ohne Margen) von rund 210 Mio. Franken.

Erheblich ist der Unterschied bei den Generika: Basierend auf den 98 umsatzstärksten Wirkstoffen kosten die Generika in der Schweiz zu Fabrikabgabepreisen rund doppelt so viel wie in den sechs westeuropäischen Vergleichsstaaten. Entsprechend hoch ist das Einsparpotenzial: insgesamt rund 240 Mio. Franken.

«Schmerzhafte Umsatzeinbussen»

Wenn eine derartige Preissenkung plötzlich möglich ist, stellt sich die Frage, ob da bis anhin nicht jemand, sprich die Pharmaindustrie, zu viel verdient hat. Dazu Stefan Kaufmann: «Wir haben gewachsene Strukturen, und diese müssen finanziert werden. Diese Strukturen, auch die Vertriebsstrukturen, haben sich in der Schweiz auf diese Preise ausgerichtet.»

Das werde ein schmerzhafter Prozess für die Pharmaindustrie und die Vertriebsseite sein. «Mit strukturellen Folgen, das wird Arbeitsplätze betreffen, wenn wir an diesen Parametern etwas verändern», sagt der santésuisse-Direktor.

Für die Industrie bedeutet dies laut Interpharma-Generalsekretär Thomas Cueni «schmerzhafte Umsatzeinbussen». Diese könnten von den Filialen in der Schweiz nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeitsplätze geschluckt werden.

Zu einem «pragmatischen Kompromiss» bereit ist die Industrie bei den Generika. Zusammen mit den Versicherern will sie sich beim Bund dafür einsetzen, das Einsparpotenzial auch bei den Generika besser auszuschöpfen.

Hoffnung auf Krankenkassen

Die Leute wüssten kaum noch, wie sie ihre Krankenkassenprämien bezahlen sollen, sagt Sommaruga. «Die Pharmaindustrie macht Milliardengewinne, da zeigt sich natürlich schon, dass hier dringend noch etwas zu tun ist.»

Auch die Krankenkassen hätten bis jetzt nicht besonders viel getan, um die Medikamentenkosten zu senken. «Jetzt stehen beide unter Druck. Wenn sie jetzt reagieren, ist das gut. Aber wir dürfen nicht in der Hälfte des Weges stehen bleiben. Die Krankenkassen müssen weiterhin mithelfen, andere, sinnvolle Sparmassnahmen durchzuziehen, sie haben uns das versprochen, wir zählen auf sie.»

Dass die Konsumentenorganisationen von santésuisse noch weitere Schritte erwarten, kann der oberste Krankenkassenchef nachvollziehen. «Die Preissenkungen sind eine Basis, es gibt aber noch viele andere offene Punkte, wo wir klare Vorstellungen haben. Und wir werden uns sicher weiterhin für die Prämienzahlenden einsetzen, damit sie auf möglichst günstige, aber qualitativ gute Leistungen zählen können», so Kaufmann.

Jean-Michel Berthoud, swissinfo.ch

Die Generikaindustrie hat bereits Unterstützung für den Vorschlag von santésuisse und Interpharma für mehr Dynamik im Generikamarkt signalisiert.

Damit würden Patientensicherheit und der hohe Qualitätsstandard des schweizerischen Generika-Angebots erhalten bleiben.

Gleichzeitig warnte Intergenerika aber davor, auf ein Billigstprinzip umzustellen. Der Patient würde zu häufigen Medikamentenwechseln gezwungen, weil immer wieder ein anderes Generikum das Billigste sei, und es oft zu Lieferausfällen komme.

Die Leidtragenden wären vor allem ältere Menschen sowie Chronisch- und Mehrfachkranke.

Als Originalpräparate gelten aufgrund eigener Forschung entwickelte Arzneimittel, deren Wirkstoff als erster vom Schweizerischen Heilmittelinstitut, Swissmedic, zugelassen wurde.

Als Generika gelten Arzneimittel, die sich bezüglich ihres Wirkstoffes, ihrer Darreichungsform und ihrer Dosierung an ein von Swissmedic zugelassenes Originalpräparat anlehnen.

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