Schweiz bewilligt erstmals Lieferung in den Irak
Die Schweiz exportiert jedes Jahr Waffen im Wert von hunderten Millionen Franken. Ebenfalls sehr lukrativ ist der Export von sogenannten Dual-Use-Gütern. Diese sind sowohl zivil als auch militärisch einsetzbar. Im vergangenen Jahr hat das Staatssekretariat für Wirtschaft den Export solcher Güter im Wert von 1,2 Milliarden Franken bewilligt, darunter neu auch Lieferungen in den Irak.
Lange war der Irak bei Schweizer Exporteuren von militärisch verwendbaren Gütern eine Tabuzone. Eine Recherche von SRF Data zeigt nun: Im letzten Jahr wurde erstmals ein Export von Chiffriergeräten im Umfang von rund 100 Millionen Schweizer Franken beantragt – und bewilligt.
Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten StatistikExterner Link des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hervor, das solche Geschäfte bewilligen muss. Gemäss Jürgen Böhler, Leiter Exportkontrollen beim Seco, handelt es sich dabei um Telefone, mit denen abhörsicher kommuniziert werden kann. Der Empfänger: ein ziviles irakisches Ministerium.
Woher stammen die Daten?
Anfang 2015 hat das Seco einen Auszug aller Exportbewilligungen für «Dual-Use- und besondere militärische Güter» der Jahre 2012 bis 2014 publiziert. Die Daten wurden unter Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes herausgeklagt. Nun aktualisiert das Seco die Datenbank quartalsweise – und SRF bereitet die Daten für die Öffentlichkeit auf.
Exporte laut Seco unbedenklich
Bei den Telefonen handelt es sich um sogenannte «Dual-Use-Güter» – Güter also, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können. Zusammen mit den «besonderen militärischen Gütern» – beispielsweise Trainingsflugzeuge, Funksysteme oder Tarnmaterial – werden jene im Güterkontrollgesetz (GKG) reguliert.
Im Gegensatz zu konventionellen Kriegsmaterialexporten werden GKG-Güter weniger restriktiv gehandhabt – humanitäre Überlegungen zum Beispiel haben bei der Beurteilung von Ausfuhrgesuchen kein Gewicht. Einzig und allein für eine Kategorie von Gütern machte der Bundesrat vor zwei Jahren eine Ausnahme: Der Export von Überwachungstechnologie soll unterbunden werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Güter zu repressiven Zwecken eingesetzt werden könnten.
Bei den im letzten Jahr bewilligten Exporten in den Irak handelt es sich aber nicht um diese Güterkategorie, da mit den Geräten keine Personen abgehört werden können. Zudem betont Böhler vom Seco, dass im Falle einer Entwendung der Geräte durch Dritte – zum Beispiel durch die Terrormiliz IS – keine Gefahr bestehe. Die Geräte könnten mit technischen Sicherungsmassnahmen deaktiviert werden.
Lieferungen im Wert von 1,2 Mrd. CHF
Auch im letzten Jahr wurden Exporte von «Dual-Use-» und «besonderen militärischen Gütern» im Wert von über einer Milliarde Franken bewilligt. Der Wert bewegt sich ungefähr im alljährlichen Mittel. Dies zeigt die aggregierte Statistik des Seco, die SRF Data hier interaktiv aufbereitet.
Die Daten geben ein detailliertes Bild über die Exportpolitik des Bundes und eine Übersicht darüber, welche Länder an welchen Gütern interessiert sind – und in welchem Umfang. Besonders beliebt sind Trainingsflugzeuge und Simulatoren, vorderhand exportiert nach Saudi-Arabien, Indien und Katar.
Die Datenbank des Seco beinhaltet ausschliesslich die Bewilligungen der Geschäfte und keine Angaben darüber, was effektiv ausgeführt wurde. Ebenso fehlen Güter, die als Kriegsmaterial gelten. Ein Teil der Aufträge sind so umfassend, dass ihre Ausführung mehrere Jahre dauert. Weil eine Exportbewilligung aber nur ein Jahr gültig ist, tauchen in den Daten vereinzelt auch Geschäfte auf, die schon vor dem Jahr 2012 bewilligt wurden. Solche Mehrfachbewilligungen führen dazu, dass Aufträge in der Statistik mehrfach vorkommen können. Das Seco will diese Schwäche künftig beheben.
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