FFP2: Warum die Schweiz den besseren Schutz noch nicht empfiehlt
Um sich besser zu schützen, greifen immer mehr Menschen zu FFP2-Masken. Die Verkaufszahlen dieser Masken steigen auch in der Schweiz stark an. Der gute Schutz erfordert aber viel Sorgfalt in der Handhabe.
Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit gibt für FFP2-Masken im Alltag für die Allgemeinheit keine Empfehlung ab. Dies könne sich aber auch ändern, heisst es auf der BAG-Website. Das Interesse der Schweizer Bevölkerung an diesen Masken, die grundsätzlich besseren Schutz bieten, ist dennoch gross. Laut Schweizer Fernsehen SRF hat der Online-Händler Digitec-Galaxus im Januar zwanzigmal mehr FFP2-Masken verkauft als im Dezember. Auch die grossen Schweizer Detailhändler Migros und Coop verzeichnen einen Anstieg der Nachfrage.
Bislang galt in der Schweiz die allgemeine Empfehlung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Auch alltägliche Masken aus Stoff waren dabei. Allen diesen Masken ist gemeinsam, dass sie vor allem andere Menschen vor den eigenen Viren schützen, falls man selbst infiziert ist. Für den Selbstschutz beim Einatmen sind FFP-Masken aber effektiver als Alltagsmasken.
Was sind FFP-Masken?
Das Kürzel FFP steht für «Face Filtering Piece». Die Zahl «2» informiert über die Filtereffizienz. FFP-Masken waren ursprünglich als Staubmasken gedacht. Seit einiger Zeit werden FFP-Masken auch im medizinischen Bereich eingesetzt. Pflegekräfte oder medizinisches Personal können sich mit FFP-Masken besser schützen, wenn sie Patienten behandeln und in engen Kontakt mit ihnen kommen.
Die FFP2-Maske enthält eine spezielle Filterschicht, die elektrostatisch aufgeladen ist. Diese fängt nicht nur die grösseren Partikel ab, sondern filtert beim Ein- und Ausatmen auch die viel kleineren, aber gefährlichen Aerosoltröpfchen.
Wer sich im Handel nach einer FFP2-Maske erkundigt, dem werden neben FFP2-Masken auch sogenannte KN95-Masken angeboten. «Bei FFP2-Masken handelt sich um Atemschutzmasken, welche nach europäischen Vorschriften und Standards hergestellt und zertifiziert werden», sagt Magrit Widmann, Dozentin für Qualitätsmanagement von Medizinprodukten an der Fachhochschule Luzern gegenüber SRF. «Bei KN95 handelt es sich um einen chinesischen Standard.» Beide Standards seien von den Anforderungen theoretisch ebenbürtig.
Es gebe auch in China akkreditierte Prüflabors, welche Masken nach chinesischen oder europäischen Standards zertifizieren würden. Darum müsse eine KN95-Maske nicht per se schlecht sein. «In Europa ist aber zwingend der Einbezug einer Prüfstelle und die Nennnung des EU- oder CH-Importeurs vorgeschrieben», sagt Widmann. «Es ist daher wichtig, dass man auf diese Qualitätsmerkmale achtet.»
Der richtige Sitz von FFP-Masken ist wichtig. Beim Tragen soll man deshalb darauf achten, dass die Maske zum Gesicht passt. Es gibt verschiedene Größen von vorgeformten «Körbchen»-Masken. Für Kinder gibt es spezielle Modelle.
Bartträger werden sich rasieren müssen. Das liegt daran, dass FFP-Masken nur dann die angegebene Filterleistung haben, wenn sie wirklich dicht sind.
Pro und Contra
FFP2-Masken sind für die breite Bevölkerung nicht notwendig, sagt Hugo Sax, Infektiologe am Universitätsspital Zürich in der Sendung «Rundschau» von SRF. «Richtig getragene Hygienemasken, kombiniert mit dem Einhalten der Regeln, darunter Abstand und gute Händehygiene, reichten aus – auch gegen die mutierte Virusvariante.» Darin liegt wohl auch ein Grund, warum die Masken in der Schweiz nicht offiziell empfohlen werden. Kommt dazu, dass die Masken anspruchsvoll in der Handhabe sind, damit sie ihre Wirkung entfalten können. «80 Prozent tragen sie falsch», sagt Infektiologe Sax.
FFP2-Masken sind relativ teuer. In der Schweiz kostet eine FFP2-Maske 1-5 sfr.
Eigentlich sind FFP2-Masken für den Einmalgebrauch gedacht. Wer sie nur kurz im Zug oder beim Einkaufen getragen hat, kann die Maske aber auch wiederverwenden. Das belegen Studien im Auftrag des deutschen Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Am besten sollte eine getragene Maske mindestens sieben Tage an einem trockenen Ort ausgelüftet werden. So wird die Virenbelastung deutlich reduziert. Empfohlen werden sieben Haken für die Woche: Die Montagsmaske könnte man dann nach einer Woche wiederverwenden. Insgesamt darf der Zyklus aber nicht mehr als fünf Mal wiederholt werden.
Eine Reinigung im Kochtopf, in der Mikrowelle, Waschmaschine, im Geschirrspüler oder auch mit Desinfektionsmitteln ist keine gute Idee. Die Maske kann beschädigt werden, und funktioniert dann nicht mehr.
Eine Ausnahme gibt es, den Backofen: Eine Stunde Ober- und Unterhitze und genau 80 Grad, lautet hier das richtige Rezept. Bei 70 Grad können Keime überleben, bei 90 Grad und mehr verformt sich die Maske und die Filterleistung lässt nach. Diese Methode sollte aber nur maximal fünfmal durchgeführt werden.
Es gibt FFP1-, FFP2- und FFP3-Masken, wobei die Zahl hier für die unterschiedliche Filterleistung steht:
FFP1-Masken filtern 80 % oder mehr der Schadstoffe aus der Atemluft.
FFP2-Masken filtern 94% oder mehr der Schadstoffe und Aerosole
FFP3-Masken filtern bis zu 99 % der Schadstoffe und Aerosole
Der Geschäftsführer der Altersheimkette Tertianum, Luca Stäger, setzt trotzdem auf FFP2. Seine Mitarbeiter tragen seit November 2020 ausschliesslich solche Masken. Seit das Personal FFP2-Masken trägt, haben sich die Infektionen in den Altersheimen halbiert, sagt Stäger gegenüber dem Schweizer Fernsehen: «Da das Virus jetzt viel ansteckender ist, ist es eine grössere Sicherheit für die Mitarbeiter untereinander, aber auch für unsere Gäste.»
Auch der Schweizer Gesundheitsökonom Willy Oggier fordert nun die Politik zum Handeln auf. Analog zum Beispiel des deutschen Bundesland Bayern, wo FFP2-Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften Pflicht sind, fordert Oggier auch für die Schweiz eine Tragepflicht.
«Grundsätzlich weiss man bei einer Pandemie erst hinterher, was geht und was nicht geht. Richtiges Tragen einer Maske ist das Gebot der Stunde, unabhängig von der Art der Maske», sagt Oggier im Schweizer Fernsehen.
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