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Schweiz profitiert vom Druck auf Offshore-Zentren

Die Bermudas: Sonne, Strand und tiefe Steuern. Wie lange noch? Keystone

Immer mehr Firmen verlegen ihren Sitz von den Bermuda- oder Cayman-Inseln in die Schweiz, weil die USA hart gegen Steuerparadiese vorgehen. Zu diesen Firmen gehört auch Weatherford International aus der US-Ölindustrie.

Weatherford International hatte seinen Steuersitz im letzten Jahr von Bermuda und Houston nach Zug verlegt.

Neben Steuervergünstigungen sind auch die Stärken der Schweiz bei Versicherungen ein starker Magnet.

Kleine Offshore-Inseln wie Bermuda oder die Cayman-Inseln wurden als erste Steueroasen von US-Präsident Barack Obama ins Visier genommen. Viele Firmen waren in Offshore-Zentren ansässig, um hohe Unternehmenssteuern zu umgehen.

Obamas Vorgehen via Gesetz hatte zum Ziel, Steuererträge in die USA zu bringen. Die betroffen Unternehmen reagierten jedoch mit der Umsiedlung nach Europa. Die Schweiz und Irland gehören zu den beliebtesten Destinationen für neue Firmensitze.

So war die tiefe Steuerpraxis ein triftiger Grund für Tyco Electronics, den weltweit grössten Zulieferer elektronischer Komponenten, um im letzten Jahr anzukünden, er werde seine Geschäfte von Bermuda nach Schaffhausen verlegen.

Weil die Schweiz der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, angehört und mit den grossen Wirtschaftsmächten Doppelbesteuerungs-Abkommen ausgehandelt hat, hat sie mehr Möglichkeiten, sich gegen den Druck der USA auf Steueroasen zu wehren.

«Die USA haben klar gemacht, dass sie Firmen, die in Steueroasen angesiedelt sind, künftig weniger günstig beurteilen wird», sagte Richard Murphy vom Informationszentrum Tax Research in London gegenüber swissinfo.ch.

«Für die Schweiz ist der Spielraum jedoch grösser, da sie Doppelbesteuerungs-Abkommen geschlossen hat, welche die OECD-Standards einhalten», so Murphy.

Vom Regen in die Traufe

Laut Murphy könnten die Gewinne der Republikaner bei den Zwischenwahlen in den USA das Vorgehen Obamas gegen Steuerparadiese einstweilen aber erschweren.

Er nimmt an, dass die Veränderungen in der politischen Landschaft das harte Durchgreifen verlangsamen, aber nicht zwingend stoppen dürften. «Diese Firmen sind vom Regen in die Traufe gekommen», meint Murphy.

Andere Unternehmen wurden von der traditionellen Stärke der Schweiz im Versicherungswesen und ihrer zunehmenden Kompetenz im Rohstoff-Sektor angezogen.

Weatherford ist in der Öl- und Gasindustrie tätig und auf Bohrer, Pumpen, Aufzüge und andere Dienste für die Rohstoffgewinnung spezialisiert. Die Aktien des Ölbohrausrüsters debütierten am Mittwoch an der Schweizer Börse mit 19,35 Franken und notierten am Mittag bei 19,25 Franken.

Die Aktie wird zunächst in den breiten SPI der Schweizer Börse aufgenommen und könnte laut Börsenangaben ausserordentlich in den Leitindex SMI und den Swiss Leader Index SLI aufgenommen werden.

Hierzu muss die Aktie aber Mindestkriterien betreffend Umsatz und Marktkapitalisierung erfüllen. Die Aufnahme der Aktie in den SMI oder den SLI würde nach dem Eurex-Verfallstermin im März 2011 erfolgen.

Der Umzug von Weatherford in die Schweiz gleicht jenem von Transocean aus derselben Branche. Diese Firma hatte ihre Operationen vor zwei Jahren von den Cayman-Inseln in die Schweiz verlegt.

Ein Eldorado

Emmanuel Fragnière, Experte für Rohstoff-Industrie an der Hochschule für Wirtschaft in Freiburg, glaubt, dass die steigende Zahl von Rohstoff-Spezialisten in Genf und Zug bei den Standortwechseln ebenfalls eine Rolle spielen.

«Genf ist das neue Eldorado für qualifizierte Arbeiter in der Rohstoff-Industrie», erklärte er gegenüber swissinfo.ch. «Wer eine Langzeit-Strategie hat, braucht Zugang zu hochqualifizierten Arbeitskräften sowie allen notwendigen Strukturen wie etwa Rechtsdienste.»

Fragnière glaubt auch, dass der jüngste politische Aufruhr in den USA der Schweiz in die Hände spielen könnte. Den Sitzgewinnen der Republikaner von diesem Monat im Repräsentantenhaus und im Senat war eine viel beachtete Kampagne der rechtskonservativen Tea-Party-Bewegung voraus gegangen.

«Firmen sehen sich plötzlich konfrontiert mit einer populistischen Politik, welche auf die stabile und professionelle Regierungsführung einwirkt.» Im Gegensatz dazu sei die Schweiz eine Oase politischer und finanzieller Stabilität, betont Fragnière.

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Versicherungs-Boom

Der politische und regulatorische Druck auf die Bermudas hat auch deren traditionelle Anziehungskraft als Basis für globale Rückversicherer geschwächt: Letzten Monat gab Allied World bekannt, es werde sein Domizil von Bermuda nach Zürich verlegen.
Auch die ACE-Gruppe wird einige ihrer Operationen von den Cayman-Inseln und Bermuda nach Zürich verschieben.

Und die in Grossbritannien registrierte Amlin Re hatte früher im Jahr erklärt, sie werde ihre in Bermuda domizilierten Dienste nach Zürich transferieren. Ebenso die Catlin-Gruppe, die ebenfalls in Zürich eine Filiale eröffnen wird.

Schon vor zwei Jahren hatte Paris Re angekündigt, sie werde ihre Operationen in Bermuda mit jenen in der Schweiz zusammenlegen.

Zwar gibt es Versicherer, die an ihrer Präsenz auf Bermuda festhalten. Branchenkenner jedoch gehen davon aus, dass ihre Zahl weiter abnimmt. Der Grund: Mit einem Transfer in die Schweiz lassen sich die Abgaben in die US-Steuerkasse umgehen.

Laut einer Studie des Unternehmens KPMG über die internationale Unternehmens-Besteuerung ist die durchschnittliche Spitzenbesteuerung in diesem Jahr auf 24,99% gesunken; 2009 lag sie bei 25,44%.

Demgegenüber stiegen die indirekten Steuern wie etwa die Mehrwertsteuer von 15.41% auf 15,61% an.

Mit tiefen Unternehmenssteuern hat die Schweiz in den letzten Jahren ihre Stellung als kompetitiver Wirtschaftsstandort ausgebaut.

Die Festsetzung der Steuern liegt in der Hoheit der Kantone.

Das Buhlen um internationale Unternehmen und Holdunggesellschaften resp. deren europäische Hauptsitze führt auch zu einer Konkurrenz innerhalb der Schweiz: Kleine Kantone wie Zug und Schwyz haben die Nase vorn.

In der Schweiz betragen die Unternehmenssteuern zwischen 12,5% und 24,5%, je nach Kanton.

Die tiefsten Sätze offerieren Obwalden und Appenzell Ausserrhoden, den höchsten Steuersatz kennt Genf.

Im Schnitt beträgt die Unternehmenssteuer in der Schweiz 18,8%; damit liegt sie einiges tiefer als die USA (40%), Frankreich (33%), Deutschland (29,4%) und Grossbritannien (28%).

Tiefer liegen die Unternehmenssteuern in Irland (12,5%) und in Singapur (17%).

In den letzten Jahren haben multinationale Unternehmen wie Kraft, Ebay, Procter & Gamble, Microsoft, Dow Chemicals und Google ihre europäischen Hauptsitze in die Schweiz verlegt.

Die Jagd nach der Ansiedelung internationaler Unternehmen durch tiefe Steuersätze hat der Schweiz aber die Kritik der Europäischen Union eingetragen.

Brüssel stellt sich auf den Standpunkt, dass die Schweizer Steuerpraxis das Freihandels-Abkommen verletzt, das die Schweiz 1972 mit der Vorgängerorganisation der EU abschloss.

Die Schweiz weist dies klar zurück, während die EU an ihrer Kritik festhält.

(Übertragung aus dem Englischen: Gabriele Ochsenbein)

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