Schweizer Skistationen sind vorsichtig optimistisch
Die Schweizer Hotellerie und Bergbahnen müssen mit einem schlechteren Winter rechnen, prognostizieren die Konjunkturforscher. Vertreter der Tourismus-Industrie geben sich aber optimistisch, dass die Schweizer Skiregionen der Wirtschaftskrise trotzen werden.
Die Zahl der Hotelübernachtungen ab November bis Ende April 2010 dürfte im Vergleich zum letztem Winter um 3,7 Prozent sinken, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag mitteilte.
Vor allem die Hotelnachfrage durch ausländische Gäste dürfte nochmals einen kräftigen Rückgang erleiden und um 5,1 Prozent zurückgehen. Die Binnennachfrage zeige sich zwar deutlich stabiler, werde aber voraussichtlich ebenfalls um 1,9 Prozent sinken, teilte das Seco aufgrund einer Prognose der Konjunkturforschungsstelle BAK Basel Economics mit.
Hauptgrund für das Fernbleiben der Gäste sei die steigende Arbeitslosigkeit. Sie wirke sich negativ auf die Konsumentenstimmung und speziell auf die Tourismusnachfrage aus.
Branche gibt sich zuversichtlich
Optimistisch geben sich dagegen die Vertreter der Tourismusbranche. Viele Stationen melden, die Buchungen für Weihnachten, Neujahr und im Februar 2010 lägen etwa auf dem Niveau des letzten Winters.
«Alle Zeichen sind positiv», erklärt Urs Zenhäusern, Mediendirektor bei Wallis Tourismus gegenüber swissinfo. «Ich glaube, wir werden ein stabiles Jahr haben, vielleicht sogar ein besseres als im Vorjahr.» Ein weiterer Einbruch sei eher unwahrscheinlich.
Auch die Schweizer Skiregionen hatten im letzten Winter den Druck der Wirtschaftskrise gespürt: So war die Zahl der Übernachtungen zwischen Januar und August 2009 gegenüber der Vorjahresperiode um 6,4% gesunken.
Dieser Rückgang war auf ein stetes Wachstum seit 2003 und den «besten Winter aller Zeiten» in der Saison 2007/2008 gefolgt, der nach Angaben von Schweiz Tourismus mit 16 Mio. Logiernächten zu Buche geschlagen hatte.
Cornelia Lindner, Leiterin der PR-Abteilung der Region Davos-Klosters, zeigte sich mit Blick auf die kommende Saison ebenfalls hoffnungsvoll. Die bisher bestätigten Reservationen lägen höher als im Vorjahr.
«Für Weihnachten und Neujahr gibt es nur noch wenige freie Wohnungen. Und für Februar sieht es gleich aus.»
Ganz ähnlich tönt es aus anderen Tourismusregionen wie Arosa, Grindelwald, Gstaad, Adelboden, Engelberg, Laax, Blatten-Belalp, Riederalp und Bettmeralp.
«Für später wird es schwieriger, einen präzisen Überblick zu haben, denn mehr und mehr wird erst in letzter Minute gebucht», sagt Veronique Kanel, Sprecherin von Schweiz Tourismus.
«Und die Wintersaison hängt zudem in grossem Masse von den Schneeverhältnissen ab.»
Die Tourismusregionen hoffen auf eine Neuauflage der letzten Saison, als der erste Schnee in grossen Teilen des Landes schon Anfang Oktober fiel und bis in den April hinein gute Verhältnisse herrschten.
Weniger britische Touristen
In Saas Fee gibt es in vielen Vier- und Fünf-Stern-Hotels, die weniger Buchungen erhielten als in den vergangenen Jahren, noch freie Zimmer. Aber etwa 90% der Ferien-Wohnungen und andere weniger teure Unterkünfte wie Jugendhotels und Bed-and-Breakfast-Angebote seien fast ausgebucht.
Kanel bestätigt diesen neuen Trend: «Schweizer Gäste, welche die Mehrheit unserer Kundschaft stellen, ziehen heute vermehrt andere Unterkünfte einem Hotel vor.»
Teilweise kann diese Umschichtung auch erklärt werden mit einem gestiegenen Mietangebot für Ferienwohnungen und Ferienhäuser in den Bergen.
«Seit Anfang Jahr haben wir eine Rekordzahl an Verträgen unterzeichnen können, mit Leuten, die ihre Wohnung oder ihr Ferienhaus vermieten wollen.» Das sei ein Zuwachs um 20 bis 30%, erklärte Marco Amos, Direktor der Agentur Interhome für die Schweiz, gegenüber der Westschweizer Zeitung Le Temps.
Im nahegelegenen Verbier, wo normalerweise einer von fünf Skifahrern oder Snowboardern aus Grossbritannien kommt, sieht die Prognose hingegen etwas diffuser aus.
«Wir hatten zwar viele Anfragen, aber bisher wurden erst wenige Reservationen bestätigt», sagt Pierre-Yves Délèze, Vizedirektor des Tourismusbüros Verbier. Da die Feiertage dieses Jahr nicht ideal lägen, würden zudem viele Touristen statt zwei eher nur eine Woche buchen.
Die Kombination von Kreditkrise und unvorteilhaftem Wechselkurs hatte mit dazu beigetragen, dass die Zahl der britischen Touristen auf Schweizer Pisten im letzten Winter um 20% gesunken war.
«Und wir denken nicht, dass sich der britische Markt in naher Zukunft erholen wird», meint Kanel.
Seit Oktober 2007 haben Touristen aus Grossbritannien, welche die Schweiz besuchen, einen Kaufkraftverlust von einem Drittel zu beklagen. «Die Wirtschaftskrise hat zwar andere Märkte auch getroffen, aber nicht so schlimm wie den britischen», fügt Kanel hinzu.
Werbe-Offensive
Diesen Winter wird Schweiz Tourismus 20 Mio. Franken in Werbekampagnen investieren, das sind 500’000 mehr als zuvor.
Schweiz Tourismus wird auch einen Teil der 12 Mio. Franken nutzen, mit der die Schweizer Regierung die nationale Marketing- und Verkaufsorganisation des Ferienlandes Schweiz im April angesichts der Finanzkrise unterstützt hatte, um den Tourismus anzukurbeln.
Das Geld wird in Marketing-Aktivitäten investiert, um in erster Linie Gäste aus Deutschland, Frankreich und Italien anzuziehen – sowie aus der Schweiz selber. Angepeilt werden Märkte, welchen die Branchenorganisation Wachstumspotential attestiert. Eine neue Kampagne soll im November lanciert werden.
Simon Bradley, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)
Markierte Skispisten: 7400km
Markierte Langlauf-Loipen: 5500km
Markierte Winter-Wanderwege: 2900km (grösstes Netz von Winterwanderwegen in den Alpen)
Markierte Schneeschuh-Pfade: 2100km
Europäischer Höhenrekord: 29 Wintersport-Gebiete oberhalb von 2800 m/M (Durchschnittshöhe)
Markierte und präparierte Piste mit dem längsten Steilhang Europas: Klein Matterhorn-Zermatt: 2300m
In den Schweizer Winterskigebieten werden 650 Bergbahnen und Skilift-Unternehmen betrieben. Mit ihren 11’000 Angestellten sind diese Unternehmen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Bergregionen.
Insgesamt erwirtschaften die Unternehmen einen Jahresumsatz von etwa 840 Mio. Franken. Rund 25% davon werden wieder investiert in den Unterhalt der Infrastruktur oder für Neuanschaffungen.
Der Tourismus ist die drittgrösste Exportindustrie und beschäftigt rund 10% der Schweizer Arbeitskräfte.
Etwa 40% der Hotelübernachtungen in der Schweiz entfallen auf Schweizer und Schweizerinnen.
Nach einer Prognose der Konjunkturforschungsstelle BAK (Basel Economics) vom Mai 2009 dürften die Hotelübernachtungen in der Schweiz 2009 gegenüber dem Vorjahr um 6,7% zurückgehen.
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