Centerpulse: CEO entlassen

Stephan Rietiker ist nach einen verlorenen Machtkampf entlassen worden. Verwaltungsrats-Präsident Max Link übernimmt per sofort die operative Führung im Doppelamt.
Unterschiedliche Auffassungen über die Führungsstruktur hätten zum abrupten Abgang des 46-jährigen Rietiker geführt, sagte Centerpulse-Sprecher Erwin Schärer (ehemals Sulzer Medica). Ein Nachfolger für Rietiker werde nicht gesucht.
Link werde das Doppelamt unbefristet ausüben. Andererseits ist vielen Unternehmensführern die aus den USA importierte Doppelfunktion CEO & VR-Präsident schlecht bekommen. Bei der Zurich (Fall Hüppi) und bei der CS Group (Fall Mühlemann) führte diese Machtfülle zu einem bösen Ende.
Links Handschrift
Rietiker habe die Macht in der Zentrale konzentrieren wollen, sagte Link an einer Telefonkonferenz der Centerpulse. Damit sei er bei den Divisionsleitern auf erbitterten Widerstand gestossen. Rietikers Wirkungskraft sei dadurch in Frage gestellt gewesen.
Link wolle nun den Divisionschefs die operative Macht zurückgegeben. «Sie werden ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände nehmen,» sagte Link. Finanziell sollten die Divisionen aber unter strenger Aufsicht der Zentrale arbeiten.
Zeichen gesetzt
Die vier Divisionschefs Richard Fritschi (Orthopedics Europa/Asien), David Floyd (Orthopedics USA), Dennis Wallach (Spine- Tech) und Steven Hanson (Dental) werden laut einstimmigem Verwaltungsrats-Beschluss Mitglieder der erweiterten Konzernleitung.
Der Konzern-Bereich Biologics und Strategic Development unter Leitung von Thomas Zehnder wird aufgelöst und in die bestehenden Geschäftsbereiche integriert. Zehnder wird neue Aufgaben in der Gruppe übernehmen, hiess es weiter.
Für die Division Cardiovascular Prostheses (Herzklappen und Gefässprothesen) sucht Centerpulse seit einiger Zeit einen Käufer. Ziel der Neuorganisation seien vereinfachte Arbeitsabläufe und mehr Marktnähe, sagte Link.
Zweiter Umbau innert Jahresfrist
Mit der jüngsten Rochade an der Konzernspitze wird Centerpulse erneut umgebaut. Rietiker hatte Anfang September 2001 sechs (zuvor zwei) Konzernbereiche geschaffen und ein neues, schlankes Führungsteam eingesetzt.
Analysten zeigten sich vom Coup an der Spitze von Centerpulse wenig angetan. Rietiker habe bei seinem Antritt im August 2001 eine langfristige Perspektive in Aussicht gestellt. Das sei nun bereits wieder Makulatur, sagte Yasemin Ersan von der Zürcher Kantonalbank.
Entsprechend gross sei nun die Verunsicherung. Martin Schmidt, Bank Leu, sieht vor allem Link als Drahtzieher hinter der Entlassung Rietikers. Bereits André Buchel, der Vorgänger Rietikers, habe die harte Hand Links zu spüren bekommen.
Zu viele Fehler begangen
Rietiker habe wohl zu viele Fehler begangen, glaubt Schmidt. Die in einem Interview frühzeitig angekündigte Absicht, das Geschäft mit Herzklappen und Gefässprothesen verkaufen zu wollen, dürfte den Verhandlungen erheblich geschadet haben.
Positiv wertet Schmidt, dass mit dem Einzug der Divisionschefs in die erweiterte Konzernleitung mehr Know-how auf der obersten Führungsetage Einzug halte. Weder der Mediziner Rietiker noch Link hätten dem Konzern bisher die nötigen Fachimpulse geben können.
Börsenstar verliert Glanz
An der Börse war Centerpulse in den letzten Monaten der Star (+230 Prozent seit Jahresbeginn). Das Team um Rietiker hatte einen Milliarden schweren Vergleich mit US-Patienten ausgehandelt, die wegen verunreinigter Implantate gegen den Konzern geklagt hatten.
«Der Lack ist nun ab», meint Schmidt und verweist auf die unklare Strategie des Unternehmens.
swissinfo und Agenturen

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