CH/Expertenkommission «Too Big to Fail» legt Zwischenbericht vor (Zus)
Bern (awp/sda) – Die Expertenkommission des Bundesrates will mit einer Revision des Bankgesetzes dafür sorgen, dass der Bund in Zukunft nicht wieder eine Grossbank vor dem Konkurs retten muss. Grossbanken sollen ihre Geschäfte unter anderem mit mehr Eigenkapital unterlegen. Mit wieviel bleibt noch offen.
«Wir haben erst den Rahmen abgesteckt», sagte Kommissionspräsident Peter Siegenthaler am Donnerstag vor den Medien in Bern. Die Kommission präsentierte einen Zwischenbericht zu «too big to fail» – der Problematik von Banken, die für die Volkswirtschaft so wichtig sind, dass der Staat sie nicht untergehen lassen kann.
KEINE ZERSCHLAGUNG VON UBS UND CS
Um staatliche Krücken zu verhindern, definierten die Experten zunächst, welche Banken in der Schweiz «too big to fail» sind und mit welchen Massnahmen dieses Problem gelöst werden soll.
Als eindeutig systemrelevant identifiziert wurden die UBS und die Credit Suisse. Sie sind so gross und stark vernetzt, dass ihre Dienstleistungen ohne grossen volkswirtschaftlichen nicht kurzfristig ersetzt werden könnten.
Die beiden im Verhältnis zur Schweizer Volkswirtschaft riesigen Grossbanken sollen aber nicht zerschlagen werden. Die Kommission hält nichts von Grössenbeschränkungen, sei es via Bilanzsumme oder Marktanteil. Dies wäre ihrer Ansicht nach eine «zu rigorose» Massnahme.
NEUE BANKENSTRUKTUREN
Um dem Problem doch Herr zu werden, schlagen die Experten neben verschärften Vorschriften für Eigenmittel und Liquidität, die der Bundesrat in ein Verordnungen erlassen könnte, eine Anpassung der Bank-Strukturen vor.
Fortan sollen sich volkswirtschaftlich relevante Funktionen einer Grossbank im Krisenfall ohne grössere Eingriffe abtrennen lassen, damit der Staat nicht den Konzern in seiner Gesamtheit retten muss.
Laut Siegenthaler haben alle 14 Kommissionsmitglieder, darunter auch die zwei direkten Vertreter der UBS und der CS, dem Bericht zugestimmt. Bei der Konkretisierung erwartet der ehemalige Eidg. Finanzverwalter, der bei der Rettung der UBS an vorderster Front dabei war, aber Auseinandersetzungen mit den Banken.
Siegenthaler wies im übrigen darauf hin, dass die Schweiz die internationale Entwicklung zwar berücksichtigen müsse. Doch könnten nach Ansicht der Experten die hiesigen Massnahmen auch «substanziell» über internationale Standards hinaus gehen, denn die Schweiz sei als kleines Land in einer speziellen Situation.
PARTEIEN BEGRÜSSEN DIE VORSCHLÄGE MEHRHEITLICH
Die Parteien begrüssten die Vorschläge der Kommission mehrheitlich. CVP, FDP und auch die SP sehen ihre Forderungen und ihre Problemanalyse bestätigt. Verschärfte Vorschriften bezüglich Eigenmittel und Liquidität seien wichtig und richtig.
CVP und FDP sind gleichzeitig beide erleichtert, dass die Kommission darauf verzichten will, die Banken zu zerschlagen, um ihre Grösse zu beschränken. Ein Punkt, den die SVP vermisst, damit der Staat bei Insolvenz einer Grossbank nicht mehr haften muss. Sie fordert strukturelle Vorgaben.
Nicht zufrieden mit der Finanzplatz-Regulierung sind hingegen die Grünen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Nationalrat Daniel Vischer (Grüne/ZH) bezeichnete die Vorschläge als «kalten Kaffee».
ENTTÄUSCHTE GEWERKSCHAFTEN
Und SGB-Chefökonom Daniel Lampart reagierte enttäuscht. «Wir hatten uns konkrete Zahlen zur Höhe der Eigenmittel-Anforderungen erhofft.» Das Zeitfenster für griffige Massnahmen sei sehr eng. Je mehr man zuwarte, desto eher könnten die Banken Massnahmen zur besseren Regulierung der Finanzmärkte hintertreiben. Der SGB fordert konkret, die Eigenmittel-Anforderungen von heute 3 bis 4 Prozent auf 10 Prozent der Bilanzsumme anzuheben.
Während die Credit Suisse «international abgestimmte» Massnahmen fordert, die keine «übermässige Belastungen für den Finanz- und Werkplatz» verursachen, will Economiesuisse das Tempo zurücknehmen und den für diesen Herbst angekündigten Schlussbericht der Kommission abwarten, bevor der Gesetzgebungsprozess in Gang gesetzt wird.
gab