Die Schweiz – vom Geld regiert?
Kann die Schweiz noch Banking? Und wer im Land hat eigentlich das Sagen? Ein "Let's talk" mit den Banken-Expert:innen Suzanne Ziegler und Marc Chesney sowie der Autorin Laura de Weck.
Solide wie eine Schweizer Bank. Das war einmal. Die Credit Suisse hat den Bund zu einer Rettungsaktion gezwungen, wie sie sich niemand vorstellen konnte. In «Let’s talk», dem Debatten-Webcast von SWI swissinfo.ch, diskutieren wir das Credit-Suisse-Debakel.
Suzanne Ziegler ist Bankenprofessorin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Sie hat sich vertieft mit Bankenregulierungen auseinandergesetzt. «Es gibt bei Bankenrettungen ein Muster», sagt sie. «Man versucht immer, eine Regulierung zu machen, damit bei einem nächsten Fall der Staat nicht mehr involviert sein muss.» Die Erfahrung zeige aber, dass im Endeffekt fast immer der Staat einspringen müsse.
Wie Ziegler warnt auch Marc Chesney, Professor für Finanzmathematik an der Uni Zürich, seit Jahren vor den Gefahren des bestehenden Bankensystems für die Schweizer Steuerzahler:innen. «Die neue UBS ist zu gross. Die Derivate entsprechen 40 Mal dem Bruttoinlandprodukt der Schweiz», sagt Chesney. Er sieht diese Bank als «Zeitbombe», denn das Management dieser «Monsterbank» wisse, dass der Steuerzahler im Fall von Problemen die Rechnung bezahlen werde.
Beide plädieren dafür, dass die UBS mehr Eigenkapital haben müsste.
«Es gibt ein achtes Mitglied im Bundesrat. Er wurde nicht gewählt. Er ist mächtiger als die anderen. Es ist der CEO der UBS.»
Marc Chesney
Suzanne Ziegler erinnert daran, dass die Schweiz längst nicht immer ein Bankenland war. Vielmehr sei das Land arm und sparsam gewesen. Erst die grossen Projekte um 1850, insbesondere der Eisenbahnbau, rief nach Krediten.
Die Idee zum Kreditwesen ist laut Ziegler zu einem markanten Teil von Auslandschweizern gekommen. «Sie sahen in Frankreich oder in Norditalien: Die Wirtschaft floriert, weil man mit Krediten finanziert und nicht wartet, bis man gespart hat.»
«Geld erhält unendlich viel Sozialhilfe. Es darf dubiose Geschäfte betreiben. Es darf untertauchen. Und wird dafür auch noch belohnt.»
Laura de Weck
Mitdiskutiert hat auch die Schweizer Theatermacherin Laura de Weck, die aus Hamburg zugeschaltet war. De Weck sagt: «Wenn man schaut, welchen Stellenwert das Geld in der Schweiz hat, dann sieht man, dass Geld unendlich viel Sozialhilfe bekommt. Es muss dafür keine strengen Bedingungen erfüllen. Es darf dubiose Geschäfte betreiben. Es darf untertauchen. Es darf sehr viel und wird dafür auch noch belohnt.»
Fragt sich, für was das berühmte «Swiss Banking» überhaupt noch steht nach dem Wegfall des Bankgeheimnis und der Notrettung beider Schweizer Grossbanken. Suzanne Ziegler sagt: «Was bleibt, ist die politische Stabilität im Vergleich zum Ausland.» Diese werde vor allem von Vermögensverwaltungskunden geschätzt.
«Und wir haben auch noch diese Mentalität der Verschwiegenheit, die immer noch sehr geschätzt wird», sagt Suzanne Ziegler.
Sehen Sie hier, was Politikerinnen und Politiker der grossen Schweizer Parteien zu einer möglichen Regulierung der neuen UBS sagen.
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