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Als Schweizerinnen und Schweizer in den Wilden Westen auswanderten

Doppelbelichtung: Foto einer Familie auf einem Pferdeanhänger, das andere Foto zeigt einen Saloon
Der Swiss-American Saloon befindet sich in East Butte, Montana, Vereinigte Staaten. Die Pferde und der Wagen gehörten der Familie Parini – Ausgewanderte, die ursprünglich aus der italienischsprachigen Schweiz stammten. Flavia Leuenberger Ceppi

Die Fotografin Flavia Leuenberger Ceppi reiste in die US-Stadt Butte, Montana, um zu dokumentieren, wie sich Tessiner Familien dort seit Mitte des 19. Jahrhunderts ansiedelten. Das Ergebnis ist eine Fotoreportage, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet.

Um das Projekt zu dokumentieren, durchforstete Leuenberger die lokalen Archive. Dort fand sie Spuren der ersten europäischen Siedlerinnen und Siedler von Butte, unter anderen von den Familien Parini, Vanina, Canonica, Campana und Strozzi.

Die Familien kamen während der industriellen Revolution aus ihren Heimatländern – vor allem aus Italien, der Schweiz, China, Finnland und Irland – in die Region, um Vieh zu züchten und in den dortigen Minen zu arbeiten.

Mit Hilfe von Folien hat Leuenberger historische Fotos mit ihren eigenen Bildern von heute kombiniert, um die Geschichten der Tessiner Auswandererfamilien lebendig werden zu lassen und zu zeigen, wie viele Opfer nötig waren, um Butte zu der Stadt zu machen, die sie später wurde.

Zwei Fotos, die eine Bergwerkszene und Bergleute zeigen
Links: Butte, der «reichste Hügel der Welt», förderte bis Mitte des 20. Jahrhunderts mehr Mineralien als jedes andere Bergbaugebiet der Welt. Rechts: Schweizer Auswanderer gehörten zu den Minenarbeitern. Flavia Leuenberger Ceppi

Bergbau – eine wachsende Industrie

In den 1860er-Jahren war Butte eine kleine Stadt in der weiten Prärie Montanas, die sich zunächst als Bergbausiedlung entwickelt hatte. Die massive Einwanderung hatte der Stadt den Ruf eines kosmopolitischen Orts eingebracht, in dem es alle Freiheiten gab: Brauereien, Saloons und Rotlichtviertel.

Später wurde die Region wichtig für den Abbau von Gold und Silber. Mit dem Aufkommen der Elektrizität und den grossen natürlichen Kupfervorkommen wuchs die Region exponentiell.

In den 1890er-Jahren lieferte Butte mehr als 25% des weltweit und mehr als die Hälfte des in den USA verwendeten Kupfers. Nachdem sich Butte ein Jahrhundert lang auf den Bergbau konzentriert hatte, begann in den 1990er-Jahren eine Kampagne zur Diversifizierung der Wirtschaft.

Die pulsierende Wirtschaft von Butte zog viele Schweizer Ausgewanderte an. Viele siedelten sich aus Kalifornien an, vor allem Tessiner Familien. Einige Familien liessen sich dauerhaft in der Region nieder.

Das Fotoprojekt

Die historischen Bilder stammen grösstenteils aus zwei Sammlungen des Historischen Archivs der Stadt Butte, der Clemente Liva Photo Collection und der C. Owen Smithers Photograph Collection, andere aus privaten Familiensammlungen.

Familie Vanina
Die Familie Vanina auf dem Grundstück ihrer Ranch in Woodville, am Rand von Butte. Flavia Leuenberger Ceppi

Die Familie Vanina

Mose Vanina zog 1877 von Biasca im Kanton Tessin nach Pony in Montana und später nach Meaderville in Butte. Im Jahr 1902 kaufte er die «Swiss American Dairy» und pachtete eine Weide, auf der er im Sommer seine Kühe melkte.

1909 kehrte er ins Tessin zurück, um Elvira Rodoni zu heiraten, die ihm wenige Monate später in die Vereinigten Staaten folgte. Als sie mit dem Zug die verschiedenen Staaten durchquerte, war sie beeindruckt von der unendlichen Weite.

1910 liessen sie sich in Woodville nieder, kauften ein Haus und die «Elgin Dairy». Anfangs lieferte Mose die Milch mit Pferd und Wagen aus.

Ihr Betrieb war die letzte Einzelhandelsmolkerei in der Gegend. Sie wurde 80 Jahre lang von der Familie Vanina geführt und betrieben. Mose und Elvira hatten fünf Kinder.

Familie Parini
Die Familie Parini in Elk Park musste ihre Ranch wegen des Baus eines Highways auf die andere Talseite verlegen. 1926 war die Familie die grösste in ganz Montana. Flavia Leuenberger Ceppi
Sero Parini
Sero Parini war eines der 17 Parini-Kinder, die in Elk Park lebten. Nachdem er dort aufgewachsen war, zog er nach Butte, um dort eine Arbeit zu suchen. Flavia Leuenberger Ceppi

Die Familie Parini

Daniel Parini verliess Ende der 1880er-Jahre Iragna im Kanton Tessin, um zunächst in Kalifornien in einem Holzfällerlager zu arbeiten. Später zog er nach Butte, wo er als Bergmann in der Blue Bird Mine arbeitete.

In einem nahe gelegenen Tal kaufte er sich später eine eigene Farm und begann in dieser Zeit einen Briefwechsel mit Olimpia Tartini, seiner Jugendfreundin. 1904 zog sie zu ihm und wurde seine Frau. In den folgenden 12 Jahren wurden 17 Kinder geboren (12 Jungen und fünf Mädchen).

Bis 1926 waren sie die grösste Familie in ganz Montana, und ihr Hof war eine florierende Molkerei. Die Kinder verliessen alle das Tal, mit Ausnahme von John und Rudy, die bis 1974 auf der Ranch blieben und die Farm später in eine Viehweide umwandelten.

Die Familie Parini trug zum Wohlstand der Stadt und ihrer Umgebung bei. Die Söhne beteiligten sich an verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten: Gastwirtschaft, Giesserei, Malerei, Baugewerbe und vieles mehr.

Familie Strozzi
Die Ranch der Familie Strozzi in Elk Park am Rand der Stadt Butte. Flavia Leuenberger Ceppi

Die Familie Strozzi

Battista Strozzi (1862-1929) verliess Biasca im Kanton Tessin im Alter von 14 Jahren zusammen mit seinem Bruder Emilio und seinem Cousin Manuel. Sie reisten versteckt im Laderaum eines Schiffs mit Kühen, deren Milch ihnen das Überleben auf der langen Reise ermöglichte.

Battista kam in Nevada an, wo er lernte, Holzkohle herzustellen, die er später nach Butte brachte, um sie an Schmiede zu verkaufen. 1884 liess er sich in Woodville Canyon nieder, wo er eine Molkerei eröffnete.

1893 zog seine Jugendfreundin Martina Rossetti zu ihm in die USA. Sie heirateten und begannen im nahe gelegenen Elk Park Valley, Milch im Grosshandel zu verkaufen. Sie besassen etwa 60 Kühe.

Die Strozzis hatten drei Kinder. 1912 verkauften sie ihre Ranch an die Familie Cerise und zogen nach Pipestone, Minnesota, um dort ihr Milchgeschäft weiterzuführen.

Geschäft The Campana Brothers
The Campana Brothers: Die Campana-Familie betrieb ein Lebensmittelgeschäft, ein Heu- und Getreidegeschäft sowie einen Grosshandel für Alkohol und Zigarren. Flavia Leuenberger Ceppi

Die Familie Campana

Rocco Campana und seine Frau Pellegrina wanderten 1886 aus dem Val Colla im Kanton Tessin nach Butte aus. Damals befand sich dort noch eine Bergbausiedlung mit ungewisser Zukunft.

1890 kamen seine drei Brüder nach. Clemens, Celeste und Constant betrieben ein Geschäft in der Stadt, während Rocco für den Verkauf von Alkohol und Zigarren zuständig war. In den oberen Stockwerken des Ladens und der Bar wohnte die Familie.

Rocco starb im Alter von 46 Jahren an einem Schlaganfall und hinterliess neun Kinder und seine Frau, die das Geschäft bis zu ihrem Tod 1925 weiterführte. Es war eines der am längsten bestehenden Familienunternehmen der Stadt.

Eine Frau hält ein Foto an einem Strassenrand, an dem ein Schild steht: LKW-Geschwindigkeitsbegrenzung 65
Flavia Leuenberger Ceppi

Flavia Leuenberger Ceppi, geboren 1985, besuchte die Kunstschule CSIA in Lugano, Schweiz, wo sie 2004 ihr Diplom in Grafikdesign erhielt.

Sie gewann den ersten Preis (2015) und den zweiten Preis (2023) beim Swiss Press Photo Award in der Kategorie Porträt.

Editiert von Virginie Mangin, Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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