Bottas zweiter Streich in den USA
Der Tessiner Architekt Mario Botta hat in den USA ein neues Museum verwirklicht. Das Bechtler Museum of Modern Art wurde soeben in der Stadt Charlotte eingeweiht. Es ist nach seinem Gönner, dem Schweizer Andreas Bechtler, benannt.
Das neue, am 2.Januar eröffnete Museum steht im Zentrum von Charlotte, North Carolina, 640 Kilometer südlich der Hauptstadt Washington D.C.
Und es trägt unverwechselbar die Handschrift von Mario Botta, dem weltbekannten Architekten aus dem Tessin.
Die Terrakotta-Hülle fällt ins Auge, genauso wie die klaren geometrischen Formen und die konvexe, 15 Meter hohe Säule am Eingang.
Das Dach dieses Eingangsbereichs ist der Boden der eigentlichen Ausstellungsfläche. «Es ist eine kleine Piazza entstanden», sagt Mario Botta im Gespräch mit swissinfo.ch.
Das Bechtler Museum sei wie eine Vorhut zu einem Theater und einem im Bau befindlichen städtischen Museum, die alle zusammen einen Kultur-Campus bilden.
Die Hauptstrasse Nord-Süd führt direkt vor dem neuen Botta-Gebäude vorbei, das über vier Stockwerke eine Geschossfläche von 3000 Quadratmetern aufweist.
Der Ausstellungssaal thront mit 1000 Quadratmetern über der ganzen Konstruktion. Es ist an europäischen Standards gemessen ein imposantes Gebäude, nach amerikanischen Standards eher bescheiden. «Ein intimer Raum», wie Botta sagt. Das wird deutlich, wenn man das Gebäude aus der Entfernung zwischen den es umgebenden Wolkenkratzern betrachtet.
Geschenk eines Schweizers
Anstoss für das Museum gab der Schweizer Andreas Bechtler aus der gleichnamigen Industriellen-Familie. Er war Anfang der 1970er-Jahre nach Charlotte gezogen und hatte 2002 zusammen mit seiner Schwester die Kunstsammlung der Eltern geerbt, die bedeutende Werke der modernen Kunst des 20. Jahrhunderts beinhaltet.
Da er die Kunst der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte, schenkte Andreas Bechtler der der Stadt Charlotte etwa 1400 Kunstwerke, von denen jetzt 116 ausgestellt sind. Werke von Warhol, Giacometti, Tinguely sowie von Künstlern wie Picasso, Jasper Johns, Max Ernst, Paul Klee, Le Corbusier, Miró, Calder und Ben Nicholson.
Das Museum wurde von Stadt und Bezirk Charlotte für 17 Millionen Dollar gebaut und durch die Bank Wachova/Wells Fargo finanziert. Andreas Bechtler steuerte zusätzlich 3 Millionen Dollar aus der eigenen Tasche bei. Er hatte offenbar bei der Auswahl des Architekten Vorschlagsrecht. «Ich erhielt das Mandat von der Stadt auf Empfehlung Bechtlers», präzisiert Mario Botta.
Zweites Werk in den USA
Im Eingangsbereich zum Museum steht im übrigen die grosse Plastik «Firebird» (Feuervogel) der französisch-amerikanischen Künsterlin Niki de Saint Phalle (1930-2002), ein Werk aus dem Jahr 1991. Bechtler war überzeugt, dass diese Plastik mit ihren Rundungen ein ideales Gegengewicht zur linear-geometrischen Anlage des Museums bietet.
«Der Firebird ist eine zugleich aufregende und warmherzige Begrüssungsgeste für alle Charlotte-Besucher und die Besucher des Wells-Fargo-Cultural-Campus», sagt Museumspräsident John Boyer auf der Homepage des Bechtler-Museums.
Für Mario Botta ist es das zweite Gebäude, das er in den USA hoch gezogen hat. Sein erstes Werk ist das Museum für moderne Kunst in San Franzisko (SFMOMA) aus dem Jahr 1995. Zwei Gebäude in den USA, zwei Museen für moderne Kunst. «Das ist wirklich Zufall“, lacht Mario Botta. Und fügt an, dass er momentan keine weiteren Projekte in den USA verfolgt.
Gerhard Lob, Lugano, swissinfo.ch
Mario Botta wurde am 1.April 1943 in Mendrisio (Kanton Tessin) geboren, wo er auch heute noch lebt. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.
Botta begann als 15-Jähriger eine Lehre als Hochbauzeichner bei Tita Carloni. Anschliessend besuchte er das «Liceo Artistico» in Mailand und studierte schliesslich Architektur in Venedig.
Botta gehört zu den bekanntesten Architekten der Schweiz. Er hat Gebäude auf der ganzen Welt verwirklicht. Sein Büro befindet sich in Lugano, wird aber Ende 2010 nach Mendrisio verlegt.
Im September 2010 wird es aus Anlass des «Arbeitsjubiläums“ (50 Jahre) im «Museo di arte moderna e contemporanea» von Trento und Rovereto (MART) eine Retrospektive zum Werk Bottas geben. Die Wanderausstellung wird danach in allen, von Botta gebauten Museen auf der Welt zu sehen sein.
Charlotte ist die grösste Stadt des US-Bundesstaates North Carolina und die neunzehntgrösste Stadt in den USA. Sie befindet sich an der Grenze zu South Carolina.
Die Stadt zählt heute zirka 700’000 Einwohner, in der erweiterten Metropol-Region leben mehr als 2 Millionen Menschen.
Charlotte gehört mittlerweile zu den grössten US-Finanzzentren. Die Bankenkette Wachovia, die an der Finanzierung des Bechtler Museums beteiligt war, hatte hier ihren Sitz. In Folge der Finanzkrise wurde Wachovia Ende 2008 komplett durch Wells Fargo übernommen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch