Frohes – und gruseliges – neues Jahr in der Schweiz!
Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt feiern den Jahreswechsel mit Ritualen oder Bräuchen. Die traditionsbewussten Schweizer:innen sind da keine Ausnahme.
Während für manche ein Glas Sekt gut genug ist, stopfen andere sich zwölf Weintrauben in den Mund (Spanien), tragen farbige Unterwäsche (Südamerika) oder werfen Teller gegen die Türen der Nachbar:innen (Dänemark).
Die Schweizer:innen behalten ihr Geschirr lieber im Schrank, aber es gibt eine Reihe von anderen skurrilen – und teilweise gruseligen – Bräuchen, die oft Jahrhunderte alt sind.
Brunnensingen in Rheinfelden
Manche mag es an eine Szene aus The Handmaid’s Tale erinnern, aber der Silvesterbrauch des Bunnensingens in Rheinfelden geht auf das Jahr 1541 zurück.
Damals versuchten Einwohner:innen, die im Land grassierende Pest mit Weihnachtsliedern zu vertreiben. Nicht erst durch die Covid-Pandemie wissen wir heute allerdings, dass Singen nicht die beste Idee gegen ansteckende Krankheiten ist.
Am 24. und 31. Dezember zieht die Sebastiani-Bruderschaft – 12 dunkle, elegante Gestalten – durch die Altstadt und macht an sechs Brunnen Halt, um das Weihnachtslied «Die Nacht, die ist so freudenreich» zu singen.
Eine Stunde lang werden alle Lichter der Stadt ausgeschaltet – praktisch die einzige Beleuchtung ist eine Laterne, die von den Sängern getragen wird. Sehr friedlich und stimmungsvoll.
Harder-Potschete in Interlaken
Deutlich weniger friedlich geht es bei der Harder-Potschete in Interlaken im Berner Oberland zu.
Unterhalb des Interlakener Hausbergs Harder befindet sich eine Felswand, in der das Gesicht eines Mannes zu erkennen ist: das «Hardermannli», der böse Berggeist in Person.
Am 2. Januar steigt er mit seinem «Wyb» und den Potschen, seinem Gefolge, ins Tal hinab. Die Potschen mit ihren imposanten, handgeschnitzten Holzmasken versetzen die Schaulustigen in Angst und Schrecken (mit viel Geschrei und einer kleinen Verfolgungsjagd), während die lärmende Prozession die bösen Wintergeister vertreibt.
Der Rückzug der Hardermannli steht für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit der Nacht. Nachdem die Masken abgenommen sind, gehen alle ins Wirtshaus.
Säuli-Rennen in Klosters
Was gibt es Besseres, um einen Silvesterkater zu kurieren, als ein paar Schweine zum Klang ohrenbetäubender Kuhglocken anzuschreien? Das Hotschrennen der Glückssäuli im ostschweizerischen Bergdorf Klosters ist ein echter Festtags-Kracher.
Am 1. Januar um 15 Uhr versammeln sich die Zuschauer:innen auf dem Bahnhofsplatz und wetten auf zehn kleine Schweinchen. Angefeuert von Einheimischen und Gästen rennen diese – häufig in eher gemächlichem Tempo – auf einem verschneiten Parcours um die Wette.
Selbst wenn Ihr Schwein den letzten Platz belegt, gibt es reichlich lokales Essen und (starke) Getränke, um Sie aufzumuntern und aufzuwärmen.
Silvesterchlausen im Appenzellerland
Im Appenzellerland wird das neue Jahr zweimal gefeiert: am 31. Dezember (Gregorianischer Kalender) und am 13. Januar (Julianischer Kalender).
Im Morgengrauen ziehen Gruppen von Männern, die als Silvesterchläuse verkleidet sind, um die Bauernhöfe. Sie stellen sich in einem Kreis auf, läuten mit Glocken und stimmen einen wortlosen Jodel an. Sie wünschen der Familie ein frohes neues Jahr und erhalten ein wenig Geld und einen warmen Umtrunk, bevor sie zum nächsten Hof weiterziehen.
Heutzutage werden die Silvesterchläuse in drei Gruppen eingeteilt: die schönen, die hässlichen und die schön hässlichen.
Die schönen Chläuse tragen volle Trachten, die mit Silberschnüren verziert sind, und kunstvoll verzierte und teils riesige Hauben und Hüte, auf denen Szenen aus dem täglichen Leben abgebildet sind.
Die hässlichen Chläuse tragen zottelige Mäntel, die mit Zweigen, Blättern oder Stroh bedeckt sind, und verdecken ihr Gesicht mit dämonischen Masken.
Die schönen hässlichen Chläuse verwenden für ihre Kostüme ebenfalls Naturmaterialien wie Tannenreisig und Moos, gestalten sie ebenso kunstvoll wie die der schönen.
Giant Silent Disco in Lausanne
Wenn Sie auf der Suche nach etwas mehr 21. Jahrhundert sind, sollten Sie am 31. Dezember zwischen 20 Uhr und 2 Uhr morgens zur jährlichen Giant Silent Disco auf der Place Centrale in Lausanne gehen.
Reservieren Sie Ihre kabellosen Kopfhörer (für 25 CHF plus Kaution) und wechseln Sie zwischen den drei Kanälen (und drei DJs).
Die Party, die seit 2017 jedes Jahr stattfindet (mit einer Covid-Pause im Jahr 2020), sieht von aussen urkomisch aus: Tänzer:innen, die Flashmoves machen, aber ohne Musik.
Wenn Sie eine weniger beatlastige Atmosphäre bevorzugen, gibt es immer noch das Orgelkonzert in der beeindruckenden Kathedrale von Lausanne um 22.30 Uhr (am 1. Januar um 17 Uhr wiederholt).
Frohes neues Jahr – wo auch immer Sie sind!
Adaptiert aus dem Englischen von Sibilla Bondolfi
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