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Wenn das Museum zu Ihnen nach Hause kommt

Die leeren Räume des Kunstmuseums Basel
Das Kunstmuseum Basel reagierte auf die Schliessung mit einem erweiterten Online-Angebot. © Keystone / Gaetan Bally

Die Kultur in Zeiten des Coronavirus verläuft entlang des Glasfasernetztes und über elektromagnetische Wellen. Seit einigen Wochen ist der bevorzugte Kanal für den Zugang zu kulturellen Angeboten digital. Auch die Schweizer Museen passen sich an. Zum Beispiel das Kunstmuseum Basel.

Netflix und Co. haben das Leben vieler Menschen vor dem Gesundheitsnotstand verändert. Auch wenn die neuen Player manchmal dämonisiert wurden, gibt es heute viele, die sie als Segen betrachten. Ihnen ist es zu verdanken, dass das Kino – nicht nur die Unterhaltung – in viele Wohnungen Einzug gehalten hat.

Leider lässt sich das für die Kunst nicht sagen. Die Museen mussten ihre Tore schliessen, Privatsammlungen sind das Vorrecht von sehr wenigen, und das Angebot im Internet ist (vorerst) nicht zufriedenstellend. Zumindest nicht in der Schweiz.

Karen Gerig, Kommunikationsverantwortliche des Kunstmuseums BaselExterner Link, sagt: «Wir haben seit dem 13. März geschlossen und daraufhin kurzfristig beschlossen, gewisse Angebote neu für den digitalen Raum aufzubereiten. Unter anderem haben wir dafür spontan einen Blog ins Leben gerufen.»

Homepage des Kunstmuseums Basel: Willkommen im digitalen Museum
Die Homepage des Kunstmuseums Basel: Willkommen im digitalen Museum. Kunstmuseum Basel

Doch die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit und die Bitte – fast ein Befehl –, zu Hause zu bleiben, kann eine Gelegenheit sein, vom eigenen Sofa aus jene Meisterwerke zu entdecken, die in den wichtigsten Kunstmuseen der Schweiz hängen oder aufbewahrt werden.

Und umgekehrt kann es für diese Institutionen eine Gelegenheit sein, ihre Online-Angebote zu überdenken. Tatsächlich sind alle online, aber nicht alle Seiten bieten Interaktivität.

«Wir sind schon seit einiger Zeit auf sozialen Kanälen unterwegs», fährt Gerig fort. «Aber angesichts der physischen Schliessung unseres Museums haben wir versucht, sofort eine aktive Antwort zu geben.»

In der Zwischenzeit läuft der Hashtag #MuseumMomentofZenExterner Link auf Twitter. Nicht unbedingt, um Kunst und Kultur zu fördern, sondern einfach, weil Schönheit die Welt retten wird und diese Aktion – in einer Zeit der erzwungenen Immobilität für viele – hoffentlich etwas Frieden in dieser turbulenten Ära bringen kann.

«Wir haben seit dem 13. März geschlossen und daraufhin kurzfristig beschlossen, gewisse Angebote neu für den digitalen Raum aufzubereiten.»
Karen Gerig, Kunstmuseum Basel

«Denn, wenn sie nicht politisiert und kommerzialisiert wird, kann die Kunst zu ihrem grundlegenden Zweck zurückkehren: uns zu helfen, Sinn oder Hoffnung zu finden. Gerade in Zeiten der Unsicherheit ist Kunst als Mittel der Reflexion und Inspiration wichtig», so Gerig.

In diesem Sinn begrüsst das Kunstmuseum Basel seine Besucherinnen und Besucher auf seiner «komplett überarbeiteten» Website, wie Gerig sagt.

«Weil die Pandemie alle in ihre vier Wände zwingt, haben wir unsere Online-Kommunikation verstärkt, um die Kunst zu ihnen zu bringen. In den nächsten Wochen wird die Website des Kunstmuseums noch lebendiger und interaktiver werden», so Gerig weiter.

«Wir dachten daran, Online-Workshops durchzuführen und vielleicht den Kunstgeschichts-Unterricht zu fördern. Wir wollen auch eine Sektion schaffen, in der unsere Kuratorinnen und Kuratoren mit dem Publikum über ihre Lieblingswerke sprechen können.»

Es bewegt sich also etwas. Natürlich ist das nicht dasselbe wie ein realer Museumsbesuch. Aber ein virtueller Besuch in einem Museum kann eine neue und besondere Erfahrung sein.

«Museum@Home»

Besucherinnen und Besucher werden beim Betreten der Website in einem Raum für zeitgenössische Kunst des Museums mit der Aufschrift «Willkommen im digitalen Kunstmuseum» begrüsst.

Neu ist auch, dass jeden Tag etwas Neues auf der WebsiteExterner Link angeboten wird, wie Gerig erklärt. «Das kann ein bestimmtes Werk, ein Video, ein Interview mit einem Künstler, ein Raum in unserem Museum und vieles mehr sein.» Und jeder Post wird von Erklärungen, Anekdoten zum Werk oder Autor sowie weiterführenden Links begleitet.

«Unsere Empfehlungen sind für alle Geschmäcker und Besuchende aller Altersgruppen gedacht. Am 25. März zum Beispiel publizierten wir einen Mitmachbogen für KinderExterner Link, auf dem sie das ‹Porträt einer Frau› von Bernard Buffet herunterladen, ausdrucken und nach eigenem Gusto ausmalen können», so Gerig.

In diesem Video auf dem Youtube-Kanal des Kunstmuseums BaselExterner Link stellt Kurator Gabriel Dette «Das Letzte Abendmahl» von Hans Holbein dem Jüngeren vor. Erfahren Sie, warum der Künstler nur neun Apostel gemalt hat und das Bild gewisse Beschädigungen aufweist.

Externer Inhalt

Online-Katalog und virtueller Besuch

Das Museum am Rheinknie bietet den Besucherinnen und Besuchern auch seinen umfangreichen Katalog vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart in digitaler Form an. Und jedem Werk liefern die Kuratorinnen und Kuratoren vollständige Informationen mit.

Interessierte können durch die Werke blättern oder einzelne Künstlerinnen oder Künstler auswählen und mit einem Klick von einem Jahrhundert zum anderen wechseln. Zudem kann man auch einen kurzen virtuellen Rundgang durch die Haupträume des Museums machen.

Viel Arbeit, viele grosse Veränderungen. Schätzt das Publikum das? «Wir haben gute Rückmeldungen. In den letzten Tagen haben wir auf unseren sozialen Medien gefragt, was unsere Nutzerschaft gerne sehen oder wissen möchte. Kurz, was wir auf unsere Seiten stellen sollten, um sie glücklich zu machen», sagt Gerig. «Wir haben ganz viele Antworten erhalten. Jetzt werden wir dafür sorgen, dass wir allen ein bisschen Freude bereiten.»

Auch andere Schweizer Museen gehen digital

Das Kunsthaus Zürich hat verschiedene Angebote. Die ständige SammlungExterner Link ist online, mit allen Erklärungen zu jedem Werk. Man kann aber auch Werke aus privaten SammlungenExterner Link von beträchtlichem Wert bewundern.

Das Musée de l’Elysée in Lausanne zeigt eine Ausstellung über den Schweizer Fotografen René Burri. Der virtuelle Besuch des MuseumsExterner Link ist faszinierend: Ein VideoExterner Link führt in die kreative Welt von René Burri. Foto-Begeisterte sollten sich diese Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen.

Eine Website mit vielseitigem Angebot ist jene des Nationalmuseums Zürich. Unmittelbar auf der Homepage des Museums findet sich der Link zur Online-SammlungExterner Link. Da ist alles von Archäologie bis Design, von Numismatik bis Fotografie zu sehen.

Eine ganz andere Erfahrung bietet das Museum für Gestaltung Zürich in seiner Sektion «eMuseum»Externer Link: Es ist die grösste Online-Datenbank der Schweiz für Design und Kunst. Mehr als 100’000 Werke in den Sammlungen können nach Autor, Titel, Datum, Kategorie oder Objektnamen gesucht werden.

Das Centre d’art Contemporain in Genf teilt mit: «(Wieder-)entdecken Sie den 5. Stock, unsere virtuelle ErweiterungExterner Link, die eine digitale Produktionsplattform mit unveröffentlichten Videoarbeiten, ein einzigartiges Musikprogramm und einen Raum für die Stimme und die Ideen von Künstlern zusammenbringt.» Etwas für jene, die zeitgenössische Kunst lieben.

Eine besondere Erwähnung verdient die Sammlung Emil Bührle. Die Besonderheit dieses MuseumsExterner Link: Von allen Werken, und das sind nicht wenige, gibt es Informationen über ihre Provenienz, darüber, wo genau sie sich in der Ausstellung befinden und eine fundierte Bibliographie.

Natürlich bieten auch viele Museen im Ausland besondere Online-Angebote an, wie etwa die Uffizien in Florenz. Mit «HyperVisions»Externer Link lädt das Museum die Besuchenden ein, die Meisterwerke der Sammlungen und deren Geschichte zu entdecken, indem Sie selbst durch Hinweise und hochauflösende Bilder navigieren können. Eine bemerkenswerte Erfahrung.

(Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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