Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Mathieu Jaton: «Den Geist von Montreux erhalten»

Mathieu Jaton: "Ich fühle mich etwas unter Druck, aber nicht gestresst." Keystone

Intimität und Authentizität herzustellen, seien die wahren Werte von Montreux, sagt Mathieu Jaton. Der Direktor des Montreux Jazz Festivals, das heuer den 50. Geburtstag feiert, sprach mit swissinfo.ch über die Höhepunkte des historischen Programms. Zu den Stargästen der Jubiläumsausgabe gehören Neil Young, Van Morrison, Charles Lloyd, Santana oder Deep Purple.

swissinfo.ch: Sie waren schon beim 30. und 40. Geburtstag dabei. Was ist speziell am 50.?  

Mathieu Jaton: Es kommt selten vor, dass ein Festival den 50. Geburtstag feiern kann. Montreux ist in meinem Herzen und Bauch. Ich arbeite hier seit 22 Jahren.

Als ich heute die Pressekonferenz eröffnete, war ich sehr berührt. Claude [Nobs] ist 2013 gestorben. Er hatte mir immer gesagt: ‹Ich freue mich auf den 50. Geburtstag, Er ist heute nicht hier, aber ich fühle seine Anwesenheit besonders deutlich, zumal wir die Pressekonferenz in seinem Haus durchführen, wo er geboren wurde, Künstler herbrachte und für sie kochte – Leute wie David Bowie. An Parties legte Claude als DJ auf bis fünf Uhr morgens.

Mehr

Mehr

David Bowie, Star mit 22 Jahren Schweizer Vergangenheit

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Bowie, der am Sonntag einem Krebsleiden erlag, stand auch in der Schweiz bei zahlreichen Konzerte auf der Bühne. Denkwürdig war etwa sein Auftritt am Montreux Jazz Festival 2002, wie sich Direktor Mathieu Jaton erinnert. Der britische Musiker habe eine enorme Präsenz auf der Bühne gehabt. Auch wenn er von aussergewöhnlichen Musikern umgeben gewesen sei, habe…

Mehr David Bowie, Star mit 22 Jahren Schweizer Vergangenheit

swissinfo.ch: Welches sind für Sie die Höhepunkte des diesjährigen Programms?

M.J.: Schwierig zu sagen, weil es so viele sind. Neil Young spielte 2001 in Montreux, und wir erwarteten ihn zum 50. Das ist sehr wichtig.

Aber auch alle anderen Freunde von Montreux, Leute wie Van Morrison, Santana, Deep Purple stehen auf dem Programm, und mit ‹Zappa [Sohn] plays Zappa› wird eine Brücke geschlagen zum Song «Smoke on the Water›, den Deep Purple nach dem Brand im Casino während des Konzerts von Frank Zappa geschrieben hatte.

Unter der jungen Generation treten Mogwai, PJ Harvey, die mit Patti Smith spielen, sowie Air auf.

swissinfo.ch: Es gibt auch spezielle Momente mit der Jazz-Legende Charles Lloyd, der das Festival eröffnet. Er spielte bereits am ersten Montreux Jazz Festival 1967.

M.J.: Wir stehen einander seit Jahren sehr nahe. Er war damals der erste amerikanische Künstler. Es war die logische Besetzung für die Eröffnung des Festivals. Wir haben mit Charles Lloyd eine spezielle Eröffnungsnacht kreiert, und in der gleichen Besetzung spielt Monty Alexander das Monty Alexander Album, das er 1976 spielte, als er das erste Mal kam, und das sein erfolgreichstes wurde.  

swissinfo.ch: Wer ist zum Spezialabend von Quincy Jones eingeladen?

M.J.: Quincy ist in der Tat der Botschafter des Festivals. Er hat uns während vieler Jahre unterstützt und war mit Claude Nobs zusammen Ko-Produzent der Festivals 1991-1993. Nach dem Tod von Claude rief er mich an und sagte: ‹Mathieu, ich bin hier, um das Festival zu unterstützen, wie ich es immer gemacht habe›.

Es war sehr wichtig für mich, ihn in diesem Jahr hier zu haben. Er kommt mit einer Big Band [Pepe Lienhard] und mit Gästen, die Quincy Jones Standards singen. Zurzeit haben wir vier: Patty Austin, Al Jarreau, Grace und John Batiste von der neuen Generation der New Orleans Musik.    

Mehr

Mehr

Die Welt trauert um Prince, auch Montreux

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht «Für ihn hätte ich den Mond vom Himmel geholt», sagt Mathieu Jaton, der Direktor des Montreux Jazz FestivalExterner Link. «Er brannte für die Musik», so der Produzent Ben Mühlethaler, der 2013 in Prince’s eigenem Studio das Album «Plectrum-electrum» abgemischt hatte. «Er hat uns herzlich empfangen und uns ohne Umschweife mit unserem Arbeitsplatz im Studio vertraut…

Mehr Die Welt trauert um Prince, auch Montreux

swissinfo.ch: Sie haben mit Claude Nobs gescherzt, dass ihr die Hausmeister seid dieses 5-Sterne-Hotels, das bekannt sei unter dem Namen Montreux Jazz Festival. Hinter der Bühne bedeutet es grosse Anstrengungen. Welche Arbeit steckt hinter der 50. Ausgabe?

M.J.: Es war viel Leidenschaft dabei. Aber ich fühlte mich etwas unter Druck, 50 Jahre der Geschichte des Musikgeschäfts mitzuführen. Gestresst habe ich mich allerdings nicht gefühlt. Das Programm ist stark, es schlägt eine Brücke zur Geschichte des Festivals, und wir haben Unterstützung von vielen Künstlern erhalten.

swissinfo.ch: Claude Nobs hat von seinem Team viel verlangt, auch totale Loyalität. Was sind Sie für ein Boss?

M.J.: Ich bin nicht aus der gleichen Generation wie er. Das Festival war sein Kind. Er war das Festival. Als ich die Leitung übernahm, war es wichtig, dass der Geist von Claude und jener des Festivals weiter lebten. Ich bin nicht das Festival. Ich bin derjenige, der es für die Zukunft lenkt, und ich bin nicht der einzige. Ich habe ein Team von 30 Personen, die viel Herzblut investieren. Aber ich bin sehr stolz darauf, die nächsten 50 Jahre zu repräsentieren.

Programm 2016

«Zurück zu den Wurzeln», lautet das Motto der Jubiläumsausgabe des Montreux Jazz Festivals. Jazz-Saxofonist Charles Lloyd, der 1967 an der ersten Ausgabe des heute legendären Festivals auftrat, wird am 30. Juni die 50. Ausgabe des Festivals eröffnen. Zu den weiteren Stargästen der diesjährigen Ausgabe gehören Air, ZZ Top, Muse, Patti Smith, PJ Harvey, Neil Young, Santana, Deep Purple oder Van Morrison.

swissinfo.ch: Sie feiern die eindrückliche Geschichte des Festivals, und mit dieser Besetzung wollen Sie das Potential für die nächsten 50 Jahre zeigen. Was erwarten Sie von der Zukunft für das Festival?

M.J.: Ich bin sehr zuversichtlich, was die Zukunft angeht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts, als die Tonträgerindustrie und die Verkäufe stetig zurückgingen, und die Künstler damit anfingen, bei grossen Produktionen mitzumachen, fragten einige Leute aus der Musikbranche, was mit Montreux geschehen würde, weil wir kleine Hallen haben, und es schwierig ist, die Leute unterzubringen.

Es gibt viele grosse Open-Air-Festivals, die begeistern, wie Coachella und Lollapalooza und Glastonbury mit bedeutenden Künstlern. Aber für mich ist der Traum von Montreux das, was wir in den letzten drei Jahren gemacht haben, dass grosse Künstler wie Muse in kleine Hallen mit einer Kapazität von 4000 Personen kommen. 

Das ist für mich die Zukunft der Musik. Auch wenn man grosse Veranstaltungen hat, kann man Künstler für akustische oder kleine Produktionen einladen, um sich zu unterscheiden, eine Intimität und Authentizität herzustellen. Dies sind die wahren Werte von Montreux.

Mein Ziel ist es, diesen Geist beizubehalten und all die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Magie entstehen kann.

(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft