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Das Comeback von LSD

Albert Hofmann, der Entdecker von LSD, ist 102 Jahre alt. Keystone

Am ersten Welt Psychedelik Forum, das über Ostern in Basel stattfindet, geht es um das wiedererwachte Interesse an der halluzinogenen Substanz LSD.

Entdeckt wurde LSD vom Schweizer Wissenschafter Albert Hofmann. Für die Flower-Power-Generation war LSD eine Kultdroge, bevor sie in Ungnade fiel. Nun wurde eine Studie zur Erforschung ihrer Wirkungen bewilligt.

Am dreitägigen Forum treffen sich rund 50 internationle Experten, um über ihre multi-dimensionalen psychedelischen Erfahrungen und das Potential psychoaktiver Stoffe wie LSD (Lysergsäurediethylamid) zu debattieren.

Bereits 2006 fand in Basel zu Ehren von Albert Hofmanns 100. Geburtstag eine Tagung statt, die laut Projektleiter Lucius Werthmüller auf riesiges Interesse stiess.

«Nur wenige Leute kennen sich in psychoaktiven Substanzen aus. Viele denken, bei Stoffen wie LSD handle es sich einfach um illegale Drogen», sagt Werthmüller gegenüber swissinfo.

«Wir wollen darüber informieren, dass diese Substanzen weder giftig sind noch abhängig machen und dass sie ungefährlich sind, wenn man sie bei stabilen Persönlichkeiten anwendet.»

Hofmann, der mit 102 Jahren noch immer rüstig ist, ist Ehrengast am Forum. Das LSD entdeckte er zufällig im Jahr 1943, als er für das Basler Pharmaunternehmen Sandoz arbeitete.

Nach einem Selbstversuch bezeichnete er seinen ersten Trip als «endlosen Fluss fantastischer Bilder mit ausserordentlichen Formen und intensivem Farbenspiel.»

Bewusstseinsveränderung

Die bewussteinsverändernden Eigenschaften von LSD brachten Forscher auf die Idee, den Stoff auch in der Psychiatrie einzusenden.

In den 1960er-Jahren wurde LSD auch bei den Hippies beliebt. Timothy Leary, Psychologie-Professor an der Universität Harvard, forderte den freien Zugang für Drogen wie LSD und kreierte den Slogan «tune in, turn on, drop out».

1971 kam Leary in die Schweiz, nachdem er aus einem Gefängnis in den USA geflohen war, wo er wegen Drogendelikten einsass.

«Er war eine Art Guru dieser Bewegung. Nicht alle waren damit glücklich, auch Hofmann nicht. Viele Forscher merkten, dass es zu wild zu und her ging», sagt Vanja Palmers, ein Zen-Priester, der damals mit Leary befreundet war.

Auch das Establishment war alarmiert. 1966 wurde LSD in den USA als illegal erklärt, in der Schweiz erst 1973. Auch medizinische Studien wurden weitgehend eingestellt.

LSD-Studie

Im Dezember 2007 erteilten die medizinischen Behörden der Schweiz einem Arzt die Bewilligung, mit Hilfe von LSD psychotherapeutische Versuche bei Patienten durchzuführen, die an Krebs im Endstadium oder an anderen tödlichen Krankheiten litten – die erste solche Studie bei Menschen seit 35 Jahren.

«Diese Debatte um LSD ist weniger polarisiert als früher. Damals war man entweder dafür oder dagegen», sagt Studienleiter Peter Gasser. Der Schweizer Psychotherapeut wird am Forum in Basel seine Arbeit vorstellen.

«Man kommt heute einfacher an Informationen heran, und die Leute wollen mehr über LSD erfahren und nicht nur urteilen», sagt Gasser.

Die Studie hat den Segen von Hofmann, der – auch wenn er gegen die Exzesse in den 60er-Jahren war – immer an die therapeutischen Eigenschaften seines «Problemkindes» geglaubt hat.

Problemkind

Nicht alle Psychiater sind jedoch von den Vorteilen von LSD überzeugt.

Und die Droge ist nicht ganz ohne Risiko. Gemäss der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) kann LSD zu Horror-Trips, Überdosis oder Flashbacks führen, bei denen später Teile des Trips noch einmal durchlebt werden.

Auch scheint LSD bei der heutigen Jugend nicht beliebt zu sein. «Der Konsum von LSD in der Schweiz ist nicht wirklich von Bedeutung im Vergleich mit anderen Substanzen», sagt SFA-Sprecherin Monique Helfer gegenüber swissinfo.

Eine Studie der Fachstelle bei 15 – 39-Jährigen hatte 2002 ergeben, dass nur 1,2% der Frauen und 2,9% der Männer Halluzinogene versucht hatten. Bei Cannabis lag der Prozentsatz bei 21,1, resp. 34,2.

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)

LSD wurde 1943 vom Schweizer Forscher Albert Hofmann entdeckt, der für die Basler Pharmaziefirma Sandoz arbeitete. Diese fusionierte später mit Ciba-Geigy zu Novartis.

Forscher suchten damals nach Möglichkeiten, chemische Zusammensetzungen von Pflanzen zu identifizieren und künstlich herzustellen.

Sandoz produzierte und verkaufte die ersten LSD-Tabletten 1947, hauptsächlich zur Behandlung von Alkoholismus und anderen psychologischen Leiden.

LSD wurde später als Freizeitdroge bekannt, besonders bei der Hippie-Generation der 1960er-Jahre. Die starke Verbreitung führte schliesslich zu Protesten und einem weltweiten Verbot gegen Ende der 1960er-Jahre.

Auch in der Medizin wurde es kaum noch benutzt. Sandoz stoppte die Produktion 1966.

LSD gilt als eine der stärksten halluzinogenen Substanzen, die Sinne, Wahrnehmungen und Launen verstärken und verändern. Es kann psychische Probleme komplizieren, doch gilt es nicht als Suchtdroge.

Das «Welt Psychedelik Forum» wird von der Stiftung Gaia Media
vom 21. bis 24. März in Basel durchgeführt. Rund 80 Wissenschaftler, Praktiker und Künstler aus aller Welt diskutieren über die Potenziale psychoaktiver Stoffe wie LSD oder halluzinogener Pflanzen.

Angekündigt sind neben Hofmann verschiedene Persönlichkeiten, darunter Stanislav Grof, einer der Pioniere der medizinischen LSD-Forschung.

Auch Zeugen der Hippie-Generation sind geladen, darunter Carolyn Garcia, die Witwe des Grateful Dead-Gitarristen Jerry Garcia.

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