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Das Kunstmuseum Basel offenbart überraschende Gemälde-Rückseiten

Keystone-SDA

Ein Blick hinter die Gemälde kann ganz schön, überraschend und aufschlussreich sein. Das Kunstmuseum Basel deckt mit der Ausstellung "Verso" auf, was beim Gang durch die Galerie der alten Meister normalerweise verborgen bleibt.

(Keystone-SDA) So an der Wand präsentiert, würde wohl nur wenigen auffallen, dass die drei Heiligen Hieronimus, Augustinus und Hubertus nur zweitrangig sind. Auf dem ehemals als Altartafel genutzten Gemälde von Hans Baldung gen. Grien (1510) hat die Geburt Christi den Vorrang und damit ihren Platz auf der Vorderseite, wie es die christliche Hierarchie verlangt.

In der Hängung der Wand bekommt man die drei Heiligen also nicht zu sehen. Die Ausstellung «Verso. Geschichten von Rückseiten» schafft nun Abhilfe. So sind 36 Kunstwerke aus der Sammlung neu zu entdecken.

Was bei Flügeln von tragbaren Altären gut nachvollziehbar ist, ist bei weiteren Gemälden doch eher überraschend: So zum Beispiel beim Brustbild einer jungen Frau (um 1508), auf dessen Rückseite der Künstler Lucas Cranach d. Ä. das Bildnis einer Heiligen zugefügt hat.

Kunstvolle Wappen von Porträtierten

Bei anderen Porträts sind auf den Rückseiten kunstvoll gemalte Wappen der Abgebildeten zu sehen, die zum Teil aber erst später von anderen Malern zugefügt wurden, wie das Beispiel des bekannten Doppelbildnisses des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen und seiner Frau (1516) von Hans Holbein d. J. zeigt.

Die Ausstellung bringt auch Überraschendes zu Tage. So zum Beispiel ein Stilleben von Peter Snyers, der als Malgrund eine damals bereits 150 Jahre alte Druckplatte aus Kupfer wiederverwendet hat. Oder das erotische Bild einer nackten badenden Frau (1510), auf dessen Rückseite Niklaus Manuel gen. Deutsch die explizite Darstellung einer Prostituierten zugefügt hat, die vom Tod auf sexuell nötigende Art bedrängt wird.

Eine Sonderstellung hat das Porträt des vermeintlichen Edelmanns David Joris (um 1540/44). Basel verlieh dem unter falschen Namen eingereisten, aber sehr wohlhabenden Migranten rasch das Bürgerrecht, bis sich drei Jahre nach seinem Tod herausstellte, dass er ein gesuchter Ketzer war. Joris wurde posthum zum Tode verurteilt. Auf der Rückseite des Gemäldes wurde diese Geschichte sodann quasi als Mahnschrift verewigt.

Die Ausstellung «Verso. Geschichten von Rückseiten» ist noch bis Anfang 2026 zu sehen.

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