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Das Label «Energiestadt» – ein Erfolgsprodukt

Davos - die erste Bündner Energiestadt. Swissimage

Während im Nationalrat über Strom und erneuerbare Energie debattiert wird, hat in vielen Städten schon längst eine nachhaltige Energiepolitik Einzug gehalten.

120 Schweizer Gemeinden sind bisher mit dem Label «Energiestadt» ausgezeichnet worden – ein Leistungsausweis für eine konsequente und effiziente Energiepolitik.

Den Energieverbrauch drosseln, erneuerbare Quellen fördern, die Mobilität umweltfreundlich gestalten – dies und vieles mehr haben sich jene Gemeinden, Städte und Regionen in der Schweiz auf die Fahne geschrieben, die mit dem Label «Energiestadt» ausgezeichnet worden sind.

Die Liste umfasst 120 Gemeinden von Aadorf bis Zürich. Dabei sind auch die zwei Regionen Albulatal (GR) und Entlebuch (LU) sowie das deutsche Lörrach bei Basel. 37% der Schweizer Bevölkerung leben in einer Energiestadt.

Das Beispiel Davos

Eine der Energiestädte ist Davos – weltweit bekannt als Tourismus- und Kurort sowie als Austragungssort des World Economic Forum WEF.

Die auf 1’560 Meter gelegene Alpenmetropole mit rund 13’000 Einwohnern hat 2001 als erste Gemeinde im Kanton Graubünden den Leistungsausweis für eine konsequente Energiepolitik erhalten. Kein leichtes Unterfangen für eine Kleinstadt, die in der Hochsaison rund 30’000 Personen beherbergt.

Davos habe einiges vorzuweisen, sagt Landammann Hans Peter Michel. «Wir haben einen grosszügig ausgebauten öffentlichen Verkehr, der für Gäste und Einheimische günstig ist.

Wir haben im Baugesetz Wintergärten gefördert, die Sonnenenergie in die Häuser bringen, zudem verschiedene Mittel – und Kleinwasserkraftwerke sowie einen Umweltbeauftragten.»

Dranbleiben ist wichtig

Besonders stolz ist der Gemeindepräsident auf die Biogas-Anlage, die mit Hotelabfällen und Grünfutter funktioniert. Sie wird von einem initiativen Landwirt betrieben. «Eine wegweisende Entwicklung, dass Abfälle, die nur teils an Schweine verfüttert werden können, nicht mit hohen Transportkosten ungenutzt entsorgt, sondern in Strom umgewandelt werden.»

Der Davoser Landammann will in Sachen Energiepolitik auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen. Künftig sollten auch Holzschnitzelanlagen für grössere Gebäude gefördert und die Bevölkerung vermehrt für Umweltanliegen sensibilisiert werden. «Wir sind noch nicht am Ende. Es ist ein altes Sprichwort, dass für das wirklich Gute man täglich kämpfen muss.»

Lateinische Schweiz liegt zurück

Das Energiestadt-Label – das auf einem standardisierten Katalog mit möglichen Massnahmen beruht – gibt es seit 1997. Die Idee entstand allerdings schon Ende der 80er-Jahre. 1993 wurde die Idee im Programm Energie2000 des Bundesamtes für Energie konkretisiert und das Label Energiestadt als Marke registriert.

Die meisten Energiestädte befinden sich heute in der Deutschschweiz, insbesondere im Mittelland. Im Tessin hat sich lediglich Mendrisio als Energiestadt etabliert.

«Das Tessin ist mit seinen Bergregionen vielleicht nicht so prädestiniert dafür. Es gibt aber in der italienisch-sprachigen Schweiz einige Städte, die sich für das Label interessieren», sagt Cornelia Brandes, Physikerin und Präsidentin des Trägervereins Energiestadt.

Auch die Romandie ist massiv untervertreten. Laut Brandes wird nun analysiert, wieso das so ist. «Vielleicht dauert der Prozess aus kulturellen Gründen etwas länger.»

Boom flaut ab

In den letzten Jahren erlebte das Energie-Label einen regelrechten Boom. «Das Label ist ansteckend», sagt Cornelia Brandes. Das Wachstum hat sich nun allerdings verlangsamt. Zudem könnten ja nicht alle Gemeinden Energiestädte werden. «Es soll eine Auszeichnung für überdurchschnittliches Engagement bleiben.»

Eine Energiestadt hat laut der Expertin ihre Hausaufgaben im Bereich Energie im Griff. Das Label fragt systematisch nach dem Handlungsspielraum, gibt Ideen, aber auch Vorgaben. Und, so Brandes: «Im Rahmen des Controlling rund ums Label muss die Energiestadt jedes Jahr wieder gerade stehen – für Stärken und Schwächen.»

Die Grossstadt Zürich mit ihrer Mobilitätskultur zum Beispiel habe sehr vorbildliche Rahmenbedingungen geschaffen aus Sicht der Stadt. «Wenn sich die Autofahrer dann anders verhalten, als man gerne möchte, schreiben wir dies nicht der Gemeinde zu. Sie sollte jedoch bis zur Wirkung auf dem Trottoir daran bleiben – das ist eine lange Aufgabe.»

swissinfo, Gaby Ochsenbein

120 Gemeinden sowie 2 Regionen in der Schweiz haben das Label Energiestadt erhalten.

Das Label wurde exportiert und diente als Modell für den European Energy Award (eea). Dieser Award wird z.B. in Deutschland, Frankreich, Italien, Litauen und Irland angewendet. Auch Holland und Tschechien sollen bald als Partner dazustossen.

Für die vorbildlichsten europäischen Städte gibt es zudem den European Energy Award Gold (eea Gold). Diese Auszeichnung erhielten die Schweizer Städte Lausanne, Zürich, Cham, Riehen und Schaffhausen.

Energiestadt-Label:

Die Gemeinden bestimmen selber, welche Massnahmen sie ergreifen wollen.

Sie müssen einfach über 50% der möglichen Punkte aus einem Massnahmenkatalog erreichen und zwar aus den Bereichen Raumplanung, kommunale Gebäude (Isolierung), Entsorgung von Abfällen, Mobilität (Verkehrsberuhigung), interne Organisation (Umweltkommission), Kommunikation.

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