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DDT: Ein umstrittenes Insektizid kehrt zurück

In Malaysia wird DDT auch heute noch intensiv eingesetzt. MARK EDWARDS/Still Pictures

In der Landwirtschaft ist DDT längst verboten. Weil das Insektizid zur Bekämpfung von Malaria erlaubt ist, droht jedoch eine schleichende Rückkehr. Wissenschaftler warnen vor den Folgen.

Dichlordiphenyl-Trichlorethan (DDT) galt, bevor es verboten wurde, als Wundermittel in der Landwirtschaft und zur Bekämpfung von Krankheiten übertragenden Insekten.

Anfang der 1950er-Jahre besprühten Flugzeuge ganze Landstriche mit dem Insektizid, auch in der Schweiz. Schon früh gab es allerdings Hinweise auf Risiken und Nebenwirkungen.

DDT reichert sich im Körpergewebe an, und seine Abbauprodukte haben hormonähnliche Wirkung. Das Mittel geriet unter Verdacht, Krebs erregend zu sein.

Vögel legten Eier mit zu dünnen Schalen, in Gebieten mit hoher DDT-Dosierung fielen sie buchstäblich vom Himmel.

Gift und Lebensretter

Anfang der 1970er-Jahre wurde DDT in den meisten Industrieländern verboten. 2001 unterzeichneten 122 Staaten die Stockholmer Konvention, eine Übereinkunft über das Verbot von Schadstoffen wie DDT.

Die Konvention enthält aber eine Ausnahmeklausel: Zur Bekämpfung der Malaria-Mücken ist der Einsatz von DDT zulässig – sofern keine unbedenklichen, wirkungsvollen und erschwinglichen Alternativen vorhanden sind.

Die Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfiehlt den Einsatz von DDT seit 2006 ausdrücklich, und zwar für die Anwendung im Rauminnern. Dabei werden Wände mit einer DDT-Suspension besprüht.

Die Methode ist umstritten. Neben der WHO propagieren vor allem die USA den DDT-Einsatz.

Die Befürworter machen geltend, dass DDT Leben retten kann: Angesichts von jährlich über einer Million Malaria-Toten wäre es zynisch, das Insektizid wegen möglicher Gesundheitsschäden pauschal zu ächten, gibt der Malariaspezialist Marcel Tanner zu bedenken. Zudem drohten bei niedriger Dosierung keine Schäden.

Zurück in die 1950er?

Die erneut zunehmende Verbreitung von DDT erfüllt Tanner dennoch mit Sorge. Das Problem seien unsinnige und missbräuchliche Anwendungen, sagt der Leiter des Tropeninstituts (STI).

Mozambik etwa betrachte DDT als Ersatz für Moskitonetze. Der Einsatz von DDT sei aber nur in bestimmten Situationen und als Teil eines Massnahmenpakets sinnvoll. Bei übermässiger Anwendung drohten Resistenzen.

Sind grosse Mengen DDT im Umlauf, steigt auch die Gefahr, dass das Mittel in der Landwirtschaft eingesetzt wird. DDT in der Landwirtschaft kann für die betroffenen Staaten verhängnisvoll sein: Die Regeln der Welthandels-Organisation (WTO) erlauben es, für Produkte mit DDT-Rückständen Importsperren zu erlassen.

Weil Importsperren dem Absatz eigener Produkte dienlich sind, vermutet Marcel Tanner, dass bei der Propagierung von DDT auch wirtschaftspolitische Interessen im Spiel seien.

Dringend gesucht: Alternativen

Hinweise auf Anwendungen in der Landwirtschaft gibt es bereits, wie das Sekretariat der Stockholmer Konvention in einem neuen Bericht schreibt.

Eine zunehmende Zahl von Staaten führe DDT ein, ohne die Einhaltung der Vorschriften gewährleisten zu können, heisst es. Die Suche nach Alternativen sei dringlich.

Gemäss dem Bericht werden jährlich 4000 bis 5000 Tonnen DDT eingesetzt, Tendenz steigend. Im Hauptherstellerland Indien stieg die Produktion zwischen 2005 und 2007 um 50% an.

Die Vertragsstaaten der Stockholmer Konvention wollen sich im Frühjahr mit den Problemen befassen. In Genf trafen sich dieser Tage Forscher und Vertreter von Regierungs- und Nichtregierungs-Organisationen, um Strategien zu diskutieren.

Bio statt Chemiekeule?

Unter den Teilnehmenden war Hans Rudolf Herren, Ko-Präsident des Weltlandwirtschaftsrats und Präsident der Schweizer Stiftung BioVision.

Für ihn ist das Ziel klar: Malaria soll nicht länger mit DDT bekämpft werden. Der Einsatz von DDT in Entwicklungsländern sei ein Skandal, kritisiert der Agronom.

«Was für uns schlecht ist, kann für andere nicht gut sein.» Auch Philippe Roch, Biochemiker und ehemaliger Direktor des Bundesamts für Umwelt, engagiert sich gegen DDT.

«Es geht nicht an, unter dem Vorwand der Malariabekämpfung die Menschen und die Umwelt zu vergiften», sagt Roch.

Die DDT-Gegner propagieren einen integrierten Ansatz: Biologische Larvenbekämpfung, imprägnierte Moskitonetze und Raumbesprühung – aber nicht mit DDT, sondern mit dem harmloseren Pyrethroid.

Den Einwand, DDT sei nicht nur die wirkungsvollere, sondern auch die billigere Lösung, lassen die Gegner nicht gelten: Einen sauberen Umgang mit dem Insektizid zu gewährleisten, wäre unbezahlbar, argumentieren sie.

Auf Einladung des Sekretariats der Stockholmer Konvention haben Forscher und Vertreter von Regierungs- und Nichtregierungs-Organisationen in Genf über Alternativen zu DDT in der Malariabekämpfung diskutiert.

Ziel der Konferenz war es, mit Blick auf die Vertragsstaaten-Konferenz im Mai 2009 Fakten zu sammeln und einen Plan für das weitere Vorgehen zu entwerfen.

Die Schweizer Stiftung BioVision, die sich für nachhaltige Landwirtschaft einsetzt, präsentierte Ergebnisse aus Kenia, wo Malaria-Infektionen mit biologischen Mitteln gesenkt werden konnten.

Im Distrikt Malindi wurde innerhalb von zwei Jahren ein Rückgang der Infektionen von über 22% registriert. In Nyabondo im Hochland Kenias fielen die Malariafälle bei Kindern unter 5 Jahren – der grössten Risikogruppe – von 60 auf 20%.

Das Erfolgsrezept liege in der Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung, sagt Projektleiter Charles Mbogo. Die Malaria-Kontrolle müsse permanent ins Gesundheitskonzept integriert werden.

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