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Vollgeld – kurz erklärt

Bündel mit Schweizer Banknoten
Vollgeldinitiative: Weil dieses System nirgends auf der Welt implementiert ist, haben nicht einmal die Initianten den vollen Durchblick, was die praktischen Auswirkungen ihres Vorschlags betrifft. Keystone


Mit der Vollgeldinitiative kommt am 10. Juni 2018 eine spannende, aber komplizierte Vorlage zur Abstimmung. Was würde sich bei einer – wenig wahrscheinlichen – Annahme ändern? Wir erklären ein paar zentrale Punkte.

Dieser Beitrag ist Teil von #DearDemocracy, der Plattform für direkte Demokratie von swissinfo.ch. Hier äussern nebst internen auch aussenstehende Autoren ihre Ansichten. Ihre Positionen müssen sich nicht mit jener von swissinfo.ch decken.

Urheber ist ein kleines Komitee, dem u. a. vier Volkswirtschafts-Professoren, die meisten aus dem Bereich Finanzmarkttheorie, angehören.

Ziel der Initiative ist es, das Risiko für bankengemachte Finanzkrisen zu mindern. 2008/09 standen Banken mit fahrlässigen Kreditvergaben am Anfang der letzten schweren Krise.

Schwierige Ausgangslage

Kein Land der Welt hat ein Vollgeldsystem. Die Debatte um die Abstimmungsvorlage ist also notwendigerweise eine theoretische. Die Initianten weisen denn auch auf den innovativen Ansatz ihres Vorschlags hin.

Geldschöpfung

Heute: Die Banken schöpfen Geld, indem sie Kredite vergeben (Privatkredite, Hypotheken, Unternehmenskredite etc.). Damit entsteht bei jeder Geldschöpfung eine Schuld.

Initiative: Geld wird ausschliesslich durch die Nationalbank geschöpft. Die Privatbanken agieren nur noch als «Verteilstationen»: Sie transferieren das Nationalbank-Geld zu jenen, die Kredite benötigen.


Vollgeldinitiative – darum geht es am 10. Juni: Live-Talk mit Geldpolitikexperte Fabio Canetg

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Bankensturm («Bank Run»)

Heute: Aufgrund der Geldschöpfung durch die Bank sind die Kundenguthaben viel grösser als die flüssigen Mittel der Geschäftsbank. Rennen in einem Krisenfall alle zur Bank und wollen ihr Guthaben abheben, kracht die Bank zusammen.

Initiative: Geld wird als schuldfreie Währung etabliert. Die Banken verwalten die Vollgeld-Konten, wie sie heute Wertsachen der Kundinnen in deren Safe verwalten. Daher auch der Name Vollgeld. Ein so genannter Bank Run ist darum nicht möglich.

Anders gesagt: Mit Vollgeld können die Menschen auch in Krisenzeiten ruhig schlafen, was den Wert ihres Geldes angeht. Dieser ist immer «voll», ob es auf einem Konto bei der Bank liegt oder daheim unter der Matratze.

Wert des Geldes

Heute wie Initiative: Der Wert des Geldes basiert auf Vertrauen. 100 Franken sind nur so lange 100 Franken, wie die Menschen dies glauben. Kommt es heute zu einem Vertrauensverlust, verliert Buchgeld seinen Wert, weil die Geschäftsbank durch einen Bankensturm zusammenbricht. 

Ein plötzlicher Vertrauensverlust ist auch bei einem Vollgeld-Franken möglich. Nimmt in einer Krise niemand mehr Vollgeld-Franken an, ist auch dieses Geld wertlos.


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