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«Auslandschweizer müssen über Online-Kanäle erreicht werden»

Jet d Eau, das Wahrzeichen Genfs
140 Meter hoch schiesst der Jet d'Eau, das Wahrzeichen von Stadt und Kanton Genf, das Wasser in den Himmel. Die dort registrierten Auslandschweizer erzielten mit 79% den Höchstwert an Nein-Stimmen gegen die Selbstbestimmungs-Initiative. Keystone

Die Auslandschweizerinnen und -schweizer haben die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP noch wuchtiger verworfen als die Stimmbürger im Inland. Eine weitere Differenz: Für Stimmbürger der Fünften Schweiz sind Online-Angebote wie swissinfo.ch zentrale Informationsquellen. Dies ergab die erste Nachanalyse eines Urnengangs, bei der auch Auslandschweizer befragt wurden.

66,2% Nein: So deutlich sagten die Stimmbürger im Inland Nein zur Selbstbestimmungs-Initiative der Schweizerischen Volkspartei. Noch deutlicher fiel die Ablehnung bei den Schweizer Stimmbürgerinnen und -bürgern im Ausland aus. 

Darauf deuten zumindest die Resultate in jenen zwölf Kantonen der Schweiz, welche die Stimmen der Auslandschweizer separat ausweisen.

Spitzenreiter Genf

Spitzenreiter ist der Kanton Genf: Die dort registrierten Auslandschweizer schickten die Initiative mit 79% Nein bachab. Jene des Kantons Zürich kamen auf 76,6%, jene im Kanton Uri auf 76,2%.

Den «tiefsten» Nein-Wert, sprich dem Schweizer Durchschnitt von 66,2% am nächsten kamen die Auslandschweizer des Kantons St. Gallen mit 68,1% Nein.

Dieses Ergebnis ist im Einklang mit dem Bild, das sich bei früheren Abstimmungen über SVP-Volksinitiativen zeigte: Die Auslandschweiz steht diesen an der Urne kritischer gegenüber als die Stimmenden in der Schweiz.

Externer Inhalt

Die Abstimmung über die Selbstbestimmungs-Initiative hat aber dennoch eine wesentliche Neuerung gebracht: In seiner Nachanalyse hat das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag von swissinfo.ch erstmals auch Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aus dem Ausland befragt und deren Antworten gesondert ausgewertet.

Zwar nimmt sich die Beteiligung der Stimmbürger aus der Auslandschweizer- Community an dieser Premiere noch bescheiden aus: Von den insgesamt 9281 Stimmenden, die in der kurzen Zeitspanne vom 23. bis 25. November befragt wurden, leben nur 284 im Ausland, wie der Politikwissenschaftler Urs Bieri vom Berner Forschungsinstitut sagte.

Digitale Kanäle entscheidend

Doch wie sich zeigte, gingen die Auslandschweizer ebenso gut aufgestellt in die Abstimmung wie ihre Mitbürger im Inland, sagt Autor Bieri: 81% aller Befragten gaben an, dass es ihnen eher leichtgefallen sei, sich ihre Meinung zur Selbstbestimmungs-Initiative zu bilden.

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Die grösste Differenz zeigt sich zwischen den beiden Wählergruppen punkto Quellen, wo sie sich über die Vorlage informierten. «Für die Stimmbürger der Auslandschweizer Community sind die Online-Angebote von Medien wie swissinfo.ch und anderen zentral», betont Urs Bieri. Ebenso soziale Medien und das Bundesbüchlein.

Fernsehen dagegen, die wichtigste Informationsquellen zur Meinungsbildung im Inland, spielte eine kleinere Rolle. «Will man die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ansprechen, muss man das klar über Online-Kanäle tun», sagt Bieri.

Der besondere Blick auf die Heimat

Eine – wenn auch nur geringfügige – Differenz zeigte sich auch bei der Gegenüberstellung Schweizer Recht vs. internationales Recht. In der Gruppe, die den Vorrang des Schweizer Rechts vor dem Völkerrecht wünscht, liegen die Auslandschweizer leicht über dem Schnitt von 35% aller Befragten. 

«Dies könnte mit dem speziellen Blick zu tun haben, wie Schweizer im Ausland ihr Ursprungsland sehen», vermutet Urs Bieri

Verwirrung in der Kampagne

Eine Differenz ergab sich ferner betreffend Kampagnen. Die Botschaften der Schweizerischen Volkspartei als Initiantin waren dadurch aufgefallen, dass die SVP auf ihre sonst üblichen verbalen und visuellen Knall-Effekte vollends verzichtet hatte. Das führte dazu, dass nicht alle Stimmbürger erkannten, dass die Inhalte von der Initiantin SVP stammten.

«Bei den Auslandschweizern war der Anteil jener, welche die Botschaft nicht der SVP zuordnen konnten, im Vergleich zum Durchschnitt leicht höher», sagt Bieri. 

Auch habe diese Auslandschweizer-Gruppe etwas häufiger Ja gestimmt als die Stimmbürger im Inland, die das Plakat nicht der Urheberin zuordnen konnten. 

Das Ja dieser besagten Auslandschweizer könne aber auch deren politischer Einstellung entsprechen. Deshalb kann laut Bieri nicht von einer Verzerrung gesprochen werden.

Starker Rückhalt für die Regierung

Praktisch identisch zeigen sich Schweizer Stimmende im In- und Ausland in zwei weiteren wichtigen Fragen: 88% der siegreichen Nein-Stimmenden gaben an, dass die bilateralen Verträge mit der EU der Schweiz Vorteile bringen.

Und gar 90% der Nein-Mehrheit haben Vertrauen in den Bundesrat. Im Lager der unterlegenen Initiativen-Befürworter dagegen hegen 76% der Schweizer Regierung gegenüber Misstrauen.

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