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Velo – mit Volldampf in die schweizerische Verfassung

Velo-Markierung auf einem Radstreifen
Ab in die Verfassung: Der Schweizer Souverän hat heute dem Velo-Verkehr die Richtung gewiesen - auch im Namen von mehr Sicherheit für die Velofahrerinnen und -fahrer. Keystone/Gaetan Bally

"Düsentrieb" für das Velo auf Schweizer Strassen: 73,6% der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sagten Ja zur Velovorlage. Damit wird die Förderung des Fahrradverkehrs in der Schweiz ein Verfassungsauftrag. Die Stimmbeteiligung betrug magere 37%.

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Mit dem klaren Ja zum Gegenvorschlag von Regierung und Parlament stellen die Schweizerinnen und Schweizer die Ampel auf grün, was die Veloförderung unter Schirmherrschaft des Bundes betrifft. 

Rund 1’475’200 Stimmende sagten Ja zum Verfassungsartikel, 529’300 sprachen sich dagegen aus. Alle Kantone stimmten zu, am deutlichsten die Westschweizer Kantone. In der Waadt lag die Zustimmung bei 86,3%, in Genf bei 83,1%. Auch im Jura und in Neuenburg lag der Ja-Stimmenanteil über 80%.

Die aussergewöhnliche Unterstützung erklärte der Politikwissenschaftler Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern damit, dass die Vorlage insbesondere bei Parteiungebundenen grosse Sympathien genossen habe. Dazu gesellte sich das Argument der notwenigen Verbesserung der Sicherheit der Velorfahrerinnen und Velofahrer.

Koordination statt Subvention

Im Zentrum der Vorlage steht der Ausbau der Velowege: Sie sollen in den bereits bestehenden Verfassungsartikel über Fuss- und Wanderwege integriert werden.

Die ursprüngliche Veloinitiative von links-grünen Kreisen hätte den Bund verpflichtet, Velowege finanziell zu fördern. Der nun gutgeheissene abgeschwächte Artikel erlaubt dem Bund, Fördermassnahmen zu unterstützen, schafft aber keine neuen Subventionen. Die Förderung selbst in Sache der Kantone und Gemeinden.

Das klare Votum für das Fahrrad fand auch Beachtung im Ausland, wie dieser Tweet aus Deutschland zeigt:

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«Jetzt müssen Taten her»

Ruedi Blumer, Präsident des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS), der mit seiner Velo-Initiative den Anstoss zur Vorlage gegeben hat, zeigte sich ob des klaren Ergebnisses erfreut, aber keineswegs überrascht. «Das Velo ist populär, gesund, platzsparend, umweltfreundlich, und es macht keinen Lärm. Darum erhält es eine Zustimmung von über 70%.»

Die wuchtige Zustimmung sei im Hinblick auf die Umsetzung des Verfassungsartikels zentral, so Blumer. Es müssten nun verschiedene Lücken geschlossen werden, da die Schweiz heute in Sachen Velofahren in einigen Punkten ein Entwicklungsland sei. «Wir brauchen ein zusammenhängendes Velonetz, eine Entflechtung des Velo- und des motorisierten Verkehrs sowie eine Zunahme von Velostrassen», sagte Blumer.

Vorbilder seien Städte wie Freiburg im Breisgau. Dort hätten die Behörden seit Jahren ein Auge darauf, dass die Situation für die Velofahrenden besser werde. In der Schweiz müssten etwa mehr gefährliche Stellen entschärft werden.

«Vorteile für alle»

Verkehrsministerin Doris Leuthard war ebenfalls zufrieden über den Sieg. Der Verfassungsartikel verstärke die bisherigen Massnahmen des Bundes, die Sicherheit im Veloverkehr zu erhöhen. «Wo es möglich ist, trägt die Trennung des Verkehrs zur Minderung von Unfallrisiken bei, wovon alle profitieren», so Leuthard.

«Sensationell»

Matthias Aebischer, sozialdemokratischer Nationalrat und Präsident von Pro Velo Schweiz, bezeichnete das Verdikt als «sensationell». Die Zustimmung von über 70% zeige, dass auch Auto-, Töff- und Lastwagenfahrer für den Verfassungsartikel gestimmt hätten. Aebischer wertet dies als «klares Bekenntnis für den Langsamverkehr».

Die Interessensorganisation setzt nun darauf, dass in Zukunft mehr Velostrassen und Veloampeln gebaut werden. «Sicher ist: Die Planung in den Kantonen, Gemeinden und Städten wird nach dem Ja verbessert», ist Aebischer überzeugt. 

Pro Velo fordert den Bund zudem auf, eine nationale Strategie zu erarbeiten, wie das Velo in der Schweiz gefördert werden könne. Dies analog zu Ländern wie der Niederlande, Deutschland, Dänemark oder Frankreich.

Verliererin SVP relativiert

Als einzige Partei hatte sich die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei gegen den Velo-Artikel in der Verfassung gesperrt. SVP-Nationalrat Thomas Hurter nahm die klare Niederlage gelassen. «Wir machten keine Kampagne, denn Aufwand und Ertrag wären in keinem Verhältnis gestanden. Aber wir bleiben dabei, dass sich der Bund hier nicht einmischen soll.» 

Hurter wies darauf hin, dass beim Bund lediglich eine Stelle für die Veloförderung geschaffen werde, und der entsprechende Etat lediglich 1,5 Mio. Franken betrage. «Unter dem Strich ist das also kein Erfolg.»

Fokus E-Bikes

Der Veloverkehr ist der einzige Bereich, in dem die Zahl der Verletzten und Toten auf Schweizer Strassen in den letzten Jahren zugenommen hat. Besondere Massnahmen erfordern die boomenden E-Bikes, darin sind sich nach der Abstimmung alle im breitgefächerten Lager der Befürworter einig. 

Denn gerade diese Fahrräder mit ihren teils hohen Geschwindigkeiten treiben die Unfallraten auf Schweizer Strassen nach oben. «In London habe ich schnelle und langsame Velobahnen gesehen, das löst schon viele Probleme», sagte Aebischer.

Thierry Burkart, freisinniger Nationalrat und Präsident des Touring-Clubs der Schweiz (TCS), plädierte für eine verstärkte Sensibilisierung. «Wir haben viele und schwere Unfälle, weil die Verkehrsteilnehmer die E-Bikes zu wenig kennen.» 

Obwohl der TCS die Interessen der Autorfahrer in der Schweiz vertritt, befürwortete auch diese Organisation die Verankerung der Veloförderung in der Verfassung.

Velos aus dem Keller auf die Strasse

Zwar sind die Schweizerinnen und Schweizer ein Volk von Fahrradbesitzern: Gemäss Schätzungen sind vier Millionen Zweiräder im Umlauf. Insbesondere der Anteil an E-Bikes steigt explosionsartig.

Doch sind diese auch tatsächlich im Einsatz? Genau hier ist noch viel Luft nach oben vorhanden. Insbesondere was kurze Tagesstrecken betrifft, könnten sich Herr und Frau Schweizer öfter auf das flexible Velo schwingen: Fast 80% der Bus- und Tramfahrten sowie 50% der Autofahrten betragen weniger als fünf Kilometer, so Schätzungen. Also eine Distanz, die problemlos im Velosattel bewältigt werden könnte.

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