«Dann wird abgestimmt und beide akzeptieren es»
René Häfliger ist Moderator und Grossrat in Basel. Als Moderator muss er vor allem sprechen, als Politiker auch zuhören können. Porträt eines leidenschaftlichen Volksvertreters.
«Fussball ist noch immer emotionaler als Politik», sagt René Häfliger. Der Basler muss es wissen: Als Stadionmoderator des FC Basel Externer Linknimmt er beruflich das Gefühlschaos auf dem Fussballfeld wie eine Stimmgabel auf. Mal frenetisch, mal ernüchtert – je nachdem, welche Gefühle das Spiel erfordert.
Leidenschaft für Fussball
Doch Häfliger moderiert nicht nur im Stadion, sondern unter anderem jedes Jahr das Basel Tattoo, das zweitgrösste Tattoo-Festival weltweit. Aber dass der schönste Moment seiner Karriere vom Abpfiff eines Schiedsrichters gestiftet wurde, ist für ihn keine Frage. Ohne zu überlegen nennt Häfliger Datum, Torschützen und Endstand. Ebenso lebendig erinnert er sich an das erste Spiel, das er als Sechsjähriger zusammen mit seinem Vater besucht hat. Natürlich hat der FCB die beiden Spiele, die über 15 bzw. 40 Jahre zurückliegen, gewonnen.
Die Augen des 49-jährigen Blondschopfs leuchten, wenn er davon erzählt. Aber ebenso, wenn er beschreibt, was ihn alles an Basel – jene Stadt, in der er sein ganzes Leben verbracht hat – bindet: der Charme, die Kultur, die Traditionen. Häfliger ist aktiver Fasnächtler und Mitglied einer Zunft. Nur für seine anderen Hobbys, Wandern und Skifahren, fährt er ins Wallis. Ansonsten ist sein Leben mit der Rheinstadt verflochten. «Je länger ich in dieser Stadt leben darf, desto lieber lebe ich in Basel.»
Die Stimme
Der Traum selbst Fussballer zu werden, ist während den Jahren in Junioren-Teams kurz aufgekommen, aber eigentlich habe Häfliger schon immer gewusst, was seine Begabung und Leidenschaft ist: das Sprechen. «Wahrscheinlich war das schon im Bauch meiner Mutter klar. Es gibt ein Foto von mir als Kleinkind, wie ich auf einer Kiste stehe und in eine Haarbürste als Mikrofon spreche.»
Seit zwei Jahren kann er auch ans Rednerpult im Basler Grossen Rat treten. Gewählt wurde er für die Liberal-Demokratische Partei (LDP) – obwohl er fast komplett auf Wahlkampf verzichtet hat. Im Parlament muss er nun häufiger zuhören als selbst sprechen und manches am Parlamentsbetrieb widerspricht seinem Gemüt. Es fällt Häfliger beispielsweise schwer zu verstehen, weshalb man geheim abstimmen muss, wenn es nur einen einzigen, nicht hinterfragten Kandidaten gibt. «Das sind Geschäfte, die man über sich ergehen lassen muss. In der Summe prägen sie aber auch den reibungslosen Ablauf der Institutionen in der Schweiz.»
Die Mühlen der Politik fordern Geduld, aber die kann Häfliger aufbringen. Zum Moderator gehört eben auch die Fähigkeit sich selbst zu moderieren.
Konsequent in Dialekt
Trotzdem pflegt der Politiker Häfliger seine Kanten. Die auffälligste ist sprachlicher Natur: Als einer von wenigen spricht Häfliger im Parlament konsequent Baseldeutsch. «Ich bin nicht der Typ, der seine Rede vorformuliert und auf Dialekt fällt mir das freie Reden leichter», erklärt Häfliger, «Alle reden miteinander Dialekt. Im Vorzimmer, in jeder Kommission, überall. Warum sollte ich vorne am Pult Hochdeutsch sprechen?»
Versteht sich der Medienprofi vielleicht bewusst als Polit-Amateur, so wie es dem Ideal des Millizpolitikers in der Schweiz entspricht? Auf alle Fälle versteht er sich als Bürgervertreter. «Behörden und Staat sind für die Bürger da. Die Behörden sollen den Bürgern keine unnötigen Knebel zwischen die Beine schieben. Deshalb bin ich für Augenmass und gegen Bürokratie», summiert Häfliger seinen Antrieb.
Akzeptiert und vorbei
Dass die Chemie zwischen Menschen nichts mit politischen Lagern zu tun hat, gehört zu seinen wichtigsten Erkenntnissen nach zwei Jahren im Parlament. «Mit manchen aus dem gegnerischen Lager habe ich die spannendsten Gespräche – sobald die Abstimmung vorbei ist und beide das Resultat akzeptiert haben.»
Kann sich der Lokalpatriot denn auch vorstellen, irgendwann für den Nationalrat zu kandidieren? Das wolle und könne er nicht. Als Ein-Mann-Unternehmer würde ihm die Zeit fehlen. Aber unabhängig davon fühlt sich Häfliger dem Land sehr verbunden: «So wie man national privilegiert ist, in Basel zu leben, ist man international privilegiert, wenn man in der Schweiz leben darf.»
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