App als direkten Draht zur direkten Demokratie der Schweiz
Sie wächst und wächst, die fünfte Schweiz: Aktuell leben über 762'000 Menschen mit Schweizer Pass im Ausland, das sind über 12% der Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Gerade die Jungen von ihnen sollten die einmaligen Möglichkeiten der direkten Demokratie in der Schweiz besser kennenlernen, findet Wanja Kaufmann. Wie dies geschehen könnte, skizziert das Vorstandsmitglied des Auslandschweizer Jugendparlaments (YPSA) im Folgenden.
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Wanja Kaufmann, Vorstand Youth Parliament of the Swiss Abroad (YPSA)
Wir junge Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer blicken oft mit Stolz auf unser Heimatland. Die direkte Demokratie, die Möglichkeit, in allerlei Fragen mitbestimmen zu dürfen, gibt es nicht überall dort, wo wir leben. Es ist für uns eine grosse Freude, ein Teil dieser partizipativen Gemeinschaft zu sein.
Doch wir haben noch ein paar Ideen, wie der Einstieg in die staatsbürgerliche Verantwortung erleichtert werden könnte. Ebenso, wie die partizipative Infrastruktur, die wir hier in der Schweiz geniessen können, weltweit besser gefördert und gestärkt werden kann.
In keiner anderen politischen Gemeinschaft weltweit können der einzelne Bürger und die einzelne Bürgerin auf demokratischem Wege so viel mitreden wie in der Schweiz. Trotzdem sind viele junge Schweizer und Schweizerinnen im internationalen Vergleich politisch relativ schlecht gebildet, weil der staatbürgerliche Unterricht in der Schweiz nicht die ihm gebührende Stellung innehat.
Für junge Schweizer und Schweizerinnen im Ausland kommen durch Distanz und Schulen in anderen politischen Gemeinschaften zusätzliche Schwierigkeiten hinzu. Hier gilt es, Gegensteuer zu geben. Indem beispielsweise sämtliche Schweizer Vertretungen ein- bis zweijährlich alle in ihrem Konsularbereich akkreditierten jungen Auslandschweizer zu einer Jungbürgerfeier einladen. Dort werden sie über die Rechte und Pflichten als Schweizer Staatsbürger informiert, und sie können sich austauschen.
Generationengräben verkleinern
Bereits innerhalb der Schweiz tut sich ein Graben auf zwischen der Beteiligung jüngerer Stimmbürger und Stimmbürgerinnen und älteren Generationen. Das hat in jüngster Zeit zu einer breiten öffentlichen Debatte geführt. So forderte etwa Avenir Suisse, der Think Tank der Schweizer Wirtschaft, eine zusätzliche Stimme für Eltern mit unmündigen Kindern.
Statt allerdings vom zentralen Prinzip «Ein Mensch, eine Stimme» abzurücken, gilt es aus Sicht der jungen Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen die partizipative Infrastruktur soweit zu stärken, dass sie auch fernab der inländischen öffentlichen Debatte am Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess teilhaben können. Dies geschieht namentlich über die direktdemokratischen Volksrechte.
Dafür wäre eine Demokratie-App für Auslandschweizer geeignet. Damit könnten sich registrierte Angehörige der fünften Schweiz stets über anstehende Volksabstimmungen und Wahlen sowie über laufende Volksinitiativen und Referenden auf dem Laufenden halten.
In den vergangenen Jahren haben die Auslandschweizer-Organisation (ASO) und einzelne Kantone und Gemeinden besondere Angebote für junge Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen geschaffen. Dazu gehören Kurz-Praktika und Besuche in Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen. Es handelt sich hier allerdings erst um einige wenige Pilotprojekte. Mit Blick auf die Zahl der jungen Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen sollten diese Möglichkeiten jedoch massiv ausgebaut werden.
Zum Beispiel könnte jede Gemeinde, jeder Kanton, aber auch der Bund sowie öffentlich-rechtliche Medien, Parteien und weitere Organisationen ermuntert werden, Mentoring-Programme für junge Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen anzubieten. So könnten diese das demokratische Leben der Schweiz und dessen vielfache Partizipationsmöglichkeiten kennenlernen.
Der Artikel ist die Rede, die Wanja Kaufmann am 6. August 2016 vor dem Auslandschweizerrat in Bern gehalten hatte. Die Tagung fand im Rahmen des 100. Geburtstages der Auslandschweizer-Organisation (ASO) statt.
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