Am Freitag streiken Schülerinnen und Schüler in Schweizer Städten für das Klima. Die Jungen fordern aber auch das Stimmrechtsalter 16. "Wir können politische Partizipation", sagt der Befürworter. "Ihr seid nicht bereit", kontert der Gegner. Die wichtigsten Argumente.
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Schreibt bei SWI swissinfo.ch seit 2015 über Demokratie. Versteht diese als Toolbox zur politischen Teilhabe und als Mindset. Vorher bei Reuters, Bluewin und Tageszeitungen. Studium der Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Bern.
18 Jahre: Die Volljährig- oder Mündigkeit ist das Ticket, um in der Schweiz abstimmen und wählen zu können.
Die «Generation Greta», benannt nach Greta Thunberg, der schwedischen Initiantin der Klimastreiks, fordert von der Politik nicht nur griffige Massnahmen zur CO2-Reduktion, sondern auch die vollen Bürgerrechte zur politischen Partizipation.
Pro: Frédéric Mader, Mitglied der Geschäftsleitung der JungsozialistInnen (JUSO) Kanton Bern.
● «Ein Achtel der Schweizer Bevölkerung ist lediglich aufgrund des Alters von jeglichen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.»
● «Berufswahl, Steuererklärung oder sexuelle Mündigkeit: Die Jugendlichen beweisen täglich, dass sie reif sind und Verantwortung übernehmen können.»
● «Zur politischen Reife gehört natürlich nicht nur der Einsatz auf der Strasse, sondern ebenso ein Bewusstsein für Demokratie und ihre Institutionen sowie die politische Kultur.»
Als Beispiel für letztere führt Mader ein nationales Treffen zur Koordination der Klimastreikbewegung mit 200 Jugendlichen an. Diese Zusammenkunft war laut Mader geprägt von einer «konstruktiven Diskussionskultur, die man sich auch für den Nationalrat wünschen würde».
Kontra: Adrian Spahr, Vorstandsmitglied der Jungen Schweizerischen Volkspartei (JSVP):
● «Das Stimmrecht ist zu wichtig und zu verantwortungsvoll, als dass es bereits mit 16 Jahren ausgeübt werden soll.»
● «Um über die teils sehr komplexen Abstimmungsvorlagen urteilen zu können, braucht es eine gewisse politische Reife.»
● «Diese ist mit dem heutigen Bildungssystem mit 16 Jahren nicht gegeben, da die Schulbildung dieses Thema relativ spät behandelt.»
● Mit 16 sei man von «indoktrinierenden Lehrern» auch noch eher zu beeinflussen. Beispiel Frutigen im Berner Oberland: Dort erklärte die Lehrerschaft der Oberstufenschule die Teilnahme an einer Klimademo für obligatorisch.
● «Eine Senkung des Stimmrechtsalters von 18 auf 16 Jahre würde nicht nur zu keiner höheren Stimmbeteiligung führe, sondern im Gegenteil zu einer weiteren Senkung. Dies schadet wiederum unserer Demokratie und ihrer Legitimität.»
Wo die 16-/17-Jährigen abstimmen und wählen können
In der Schweiz können nur die Jugendlichen im Kanton Glarus abstimmen und wählen. Das aber nicht auf nationaler Ebene.
In Europa kennt nur Österreich Stimmrechtsalter 16 auf nationalem Level. Die Qualität der Entscheidungsfindung wurde dort untersucht. Die StudieExterner Link kam zum Schluss, dass jene 16- und 17-Jährigen genau so gut wie bei den Erwachsenen war.
Weitere Länder oder Teilstaaten (lokale oder nationale Ebene): Argentinien, Brasilien, Ecuador, Malta, Schottland, Deutschland, Takoma Park (Stadt im US-Bundesstaat Maryland)
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