Drastischer Schritt in Schweizer Medienkonzentration
Ein Erdbeben hat die Schweizer Medienlandschaft erschüttert: Tamedia, das grösste private Medienunternehmen der Schweiz, lässt seine 14 Zeitungen künftig noch von zwei Redaktionen machen. Und der rechtskonservative Milliardär Christoph Blocher hat sich auf einen Schlag 25 Gratiszeitungen einverleibt.
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12 Tages- und zwei Wochenzeitungen, gemacht noch von zwei Redaktionen, eine für die deutschsprachigen und eine für die französischsprachigen Titel. Diesen publizistischen Hammerschlag hat Tamedia am 23. August verkündet. Hintergrund: Im Printsektor sind die Einnahmen aus Inserateverkauf und Abonnementen seit Jahren auf Talfahrt.
Was heisst das konkret? Ab 2018 wird ein millionenstarkes Publikum von Tamedia-Zeitungen uniform über Schweizer Politik, Ausland, Wirtschaft und Sport informiert. Eigenständigkeit gibt es nur noch im Lokalteil. Tamedia betont, dass durch diesen Schritt keine Stellen abgebaut würden, sondern lediglich die Effizienz gesteigert werde.
Es ist das neueste Kapitel der jahrzehntelangen Geschichte des Wegsterbens der Schweizer Zeitungen (siehe Grafik).
Tamedia ist aber nicht alleine auf weiter Flur: Ringier, die NZZ, die mittelländischen AZ Medien, die Basler Zeitung Medien sowie Somedia (in der Südostschweiz) beanspruchen Stücke des Schweizer Medienkuchens.
Bedrohung für Balance
Der Schritt des Zürcher Medienhauses hat Kritiker auf den Plan gerufen. «Da haben wir von Winterthur bis Interlaken die identische Berichterstattung. Das ist ein Einheitsbrei und demokratiepolitisch höchst fragwürdig, was Tamedia tut», sagte der Politikwissenschaftler Mark Balsiger am Schweizer Radio.
Er kritisiert ferner, dass Tamedia – wie auch andere Schweizer Medienhäuser – mittlerweile hochprofitable Geschäfte mit digitalen Verkaufsplattformen betreiben, die erzielten Gewinne aber nicht in den qualitativ hochwertigen, teuren Printjournalismus fliessen lassen würden. «Tamedia hat in den letzten zehn Jahren über 500 Mio. Franken an die Aktionäre und die Spitzenkader ausgeschüttet. Wenn nur ein kleiner Teil dieser Summe in den Qualitätsjournalismus geflossen wäre, sähe es heute vielleicht besser aus», sagt Balsiger.
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Auch Daniel Eckmann, ehemaliger Sprecher eines Bundesrates und ex-Vizegeneraldirektor der SRG SSR, ist besorgt. In der Demokratie brauche jedes Gewicht ein Gegengewicht, sagt Eckmann gegenüber swissinfo.ch. In der Tat: Schrumpft die Medienvielfalt immer mehr, droht das fein austarierte demokratische Gefüge aus der Balance zu geraten. Denn die Meinungsvielfalt, welche die Demokratie ausmacht, wird von einer vielfältigen Medienlandschaft besser abgebildet.
Der Streit um die beste Idee resp. das bessere Argument liefert den Bürgern Grundlagen, sich eine eigene Meinungsbildung bilden und an der Urne informierte Entscheide fällen zu können.
Blocher: langersehntes Ziel erreicht
Schon unmittelbar vor diesem Hammerschlag hatte Tamedia in der Westschweiz die Fusion ihrer beiden Zeitungen Le Matin und 20 minutes angekündigt. Dabei werden auf Anfang 2018 sechs Journalisten ihre Jobs verlieren.
Und wiederum ein paar Tage vorher hatte Milliardär Christoph Blocher die Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Mit der Basler Zeitung Medien AG, die dem Chefstrategen der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) zu einem Drittel gehört, hat Blocher die Zehnder Medien AG gekauft.
Das Tafelsilber des St. Galler Familienverlages sind 25 lokale Gratisblätter. Mit deren Einverleibung hat Blocher auf einen Schlag an die 800’000 neue Leser gewonnen. Zusammen mit seiner Basler Zeitung und der Weltwoche, die seine isolationistische Vision der Schweiz teilt, hat Blocher nun die Millionenschwelle punkto Leserzahlen überschritten.
14 Zeitungen, 2 Redaktionen
Tamedia verspricht, dass ihre Zeitungen selbständig bleiben werden.
In Bern wird es also weiterhin den Bund und die Berner Zeitung geben.
Die zwei Hauptredaktionen, eine in der Deutsch-, eine in der Westschweiz, liefern die Teile Schweizer Politik, Ausland, Wirtschaft und Sport. Auch grössere Recherchen werden durch die Zentralredaktionen gemacht. Eigenständig sind nur noch die Lokal- und Regionalteile.
Die beiden Zentralredaktionen werden von einem Chefredaktor und einer Chefredaktorin geleitet. Alle Zeitungen behalten eigene Chefredaktoren.
Die Änderungen werden auf 2018 eingeführt.
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