Der amerikanische Whistleblower Edward Snowden, die Schweizer Justizministerin Simonetta Sommaruga, ihr deutscher Amtskollege Heiko Maas: Sie und andere haben nach dem überraschend klaren Nein des Schweizer Stimmvolks zur Durchsetzungs-Initiative der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei (SVP) die direkte Demokratie der Schweiz auf den Radar der Öffentlichkeit gerückt.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
3 Minuten
Schreibt bei SWI swissinfo.ch seit 2015 über Demokratie. Versteht diese als Toolbox zur politischen Teilhabe und als Mindset. Vorher bei Reuters, Bluewin und Tageszeitungen. Studium der Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Bern.
«Ich bin stolz auf die Schweiz, deren direkte Demokratie Fremdenhass besiegt hat. (Im Bild) links: Kampagne aus der Zeit, als ich dort arbeitete; rechts: Heute.» Edward Snowden, Whistleblower, der ab 2007 einige Zeit in Genf gearbeitet hat.
«Die Stimmberechtigten haben die Aussage gemacht, dass auch in einer direkten Demokratie niemand allmächtig werden darf, auch der Stimmbürger nicht. Die Stimmbürger haben entschieden, dass sie nicht auch noch die Rolle der Gerichte und des Parlaments übernehmen wollen. Das ist ein Zeichen von Reife und demokratischer Mündigkeit.» Simonetta Sommaruga, Schweizer Justizministerin
«Der Bestand an gemeinsamen Werten wird durch das Crescendo an Initiativen mit immer weitreichenderen Forderungen leichtfertig infrage gestellt. Es ist zwar noch einmal gutgegangen. Eine Antwort auf diese Herausforderung hat die direkte Demokratie aber noch nicht gefunden.» Eric Guyer, Chefredaktor der Neuen Zürcher Zeitung
Die Schweiz gönnte sich eine flasche Sauerstoff. Aber auf lange Sicht ist sie durch das Syndrom des russischen Roulettes geschwächt. Die direkte Demokratie eröffnet den Populisten zu viele Chancen, das Land ins Zittern zu bringen. François Cherix, Ko-Präsident der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs)
«Gewiss haben wir gestern eine Sternstunde des engagierten Bürgertums erlebt (und nur bedingt eine der direkten Demokratie). Noch aber lässt sich nicht ausschliessen, dass sich diese Sternstunde lediglich als Sternschnuppe entpuppt.» Nordwestschweiz, Schweizer Zeitung
«Schweizer zeigen eindrucksvoll, dass es eben zwischen Stammtischparolen und Volkes Meinung einen Unterschied gibt.» Heiko Maas, Justizminister von Deutschland
Externer Inhalt
Schweizer zeigen eindrucksvoll, dass es eben zwischen Stammtischparolen und Volkes Meinung einen Unterschied gibt. https://t.co/fwtgfoLKbQExterner Link
«Nach einem in diesem Ausmass noch nie dagewesenen, einseitig geführten Abstimmungskampf vonseiten der Medien, Richter, Professoren, subventionierten Kulturschaffenden und der Classe politique erwartet die SVP eine Rückbesinnung auf die Stärken der direkten Demokratie und der Selbstbestimmung der Schweiz.» SVP, offizielle Stellungnahme zur Niederlage
Beliebte Artikel
Mehr
Bundespolitik
Schweizer Stimmbevölkerung könnte Autobahnausbau ablehnen
Wie kann die Monopolisierung der KI durch mächtige Länder und Unternehmen verhindert werden?
KI hat das Potenzial, viele Probleme der Welt zu lösen. Aber die reichsten Länder und Technologieunternehmen könnten versuchen, diese Vorteile zu beanspruchen.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Für die SVP eine Ohrfeige, die den Rechtsstaat bewahrt
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Volk stoppt Volkspartei», titelt das St. Galler Tagblatt, «Eine Ohrfeige für die SVP», heisst es in Le Temps, «Die Nicht-SVP-Schweiz fasst Mut», schreibt Der Bund. Für den Blick hat das Stimmvolk «Die Identität der Schweiz verteidigt» und für Le Matin haben «die Schweizer das Spiel beruhigt». Die Aargauer Zeitung fragt: «Ist es eine Sternstunde oder…
Hohe Mobilisierung versenkte die Durchsetzungs-Initiative
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Einen Nein-Anteil von fast 60 Prozent, das hätte im Vorfeld der Abstimmung zur Durchsetzungs-Initiative wohl niemand erwartet. Die Umfragen vor dem Urnengang hatten zuerst eine Annahme, später zumindest einen knappen Ausgang des Urnengangs prognostiziert. Nun kam das Anliegen der SVP, ihre 2010 vom Stimmvolk angenommene Ausschaffungs-Initiative zu verschärfen, nicht nur bei 58,9 Prozent des Stimmvolks…
Christoph Blocher: «Alle sind gegen die Mehrheit des Volks»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der Volkswille werde nicht umgesetzt, kritisierte die Schweizerische Volkspartei (SVP) nach der Annahme ihrer «Initiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer» 2010. Noch bevor das Parlament ein Umsetzungsgesetz verabschieden konnte, lancierte die SVP die sogenannte Durchsetzungsinitiative.Externer Link Am 28. Februar entscheidet das Stimmvolk darüber. Mit der Initiative würde direkt anwendbares Recht in der Verfassung formuliert und…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Schweizerinnen und Schweizer sind Weltmeister im Abstimmen. An politischen Entscheidungen können sie direkt teilnehmen. Rund vier Mal äussern sie sich pro Jahr zu unterschiedlichsten Vorlagen. Die folgenden Grafiken zeigen die drei wichtigsten Werkzeuge der direkten Demokratie und deren Entwicklung im Lauf der Zeit. Die Volksinitiative erlaubt es den Bürgerinnen und Bürgern, Verfassungsänderungen vorzuschlagen, entweder…
Bei der Durchsetzungsinitiative scheint der Wind zu drehen
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Das Instituts gfs.bern hat am Mittwoch die letzte Umfrage im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) vor den Abstimmungen vom 28. Februar präsentiert. Was die «Durchsetzungsinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer» der Schweizerischen Volkspartei (SVP) betrifft, zeigt sie zum ersten Mal eine umgekehrte Tendenz. Derzeit lehnen 49% der befragten Personen die Initiative ab, während 46%…
Breite Mobilisierung gegen SVP-Durchsetzungs-Initiative
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Wir rufen alle Schweizerinnen und Schweizer, alle verantwortlich denkenden Bürgerinnen und Bürger, alle, die sich als Teil der Schweizer Zivilgesellschaft betrachten, dringend dazu auf, am 28. Februar 2016 die Durchsetzungsinitiative der SVPExterner Link zurückzuweisen.» Mit diesen Worten beginnt ein dringender Aufruf,Externer Link der Ende Januar von 200 Personen lanciert wurde, darunter bekannte Architekten, Künstler und…
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch