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Berns umstrittenes Kulturzentrum kommt vor Gericht

Streitobjekt Reitschule: Das alternative Kulturzentrum in Bern sorgt seit Jahrzehnten für hitzige Debatten. Keystone

Über das Schicksal des umstrittenen Kulturzentrums der Stadt Bern entscheidet vielleicht nicht das Stimmvolk, sondern das oberste Gericht der Schweiz. Weil ihre Volksinitiative zur Schliessung des Zentrums vom Parlament für ungültig erklärt wurde, geht eine rechtskonservative Partei vor Gericht.  

Das autonome Kulturzentrum war erst kürzlich wieder Schauplatz von Strassenschlachten zwischen der Polizei und Linksradikalen. Die Unruhen verursachten Schäden in der Höhe von mehreren Hunderttausend Franken.

Vor einigen Wochen lehnte das Berner Kantonsparlament eine Volksinitiative ab, die eine Abstimmung über die Schliessung der Reitschule fordert. Die Mehrheit der Parlamentarier erklärte das Volksbegehren für ungültig. Aber die Initianten, die Junge SVP (Schweizerische Volkspartei), akzeptieren den Entscheid nicht, sondern fechten ihn vor Gericht an.

Der politischen Rechten ist das Kulturzentrum seit Jahren ein Dorn im Auge. Sie setzt die Stadtverwaltung deswegen immer wieder unter Druck, die Reitschule zu schliessen, mit der Begründung, es sei eine Brutstätte von Militanten und Unruhestiftern. Aber ihre Vorschläge zur Schliessung des Veranstaltungsortes wurden in mindestens fünf lokalen Abstimmungen seit 1990 abgelehnt.

Das Gebäude, das aus dem späten 19. Jahrhundert stammt, war früher ein Pferdestall und ein Depot für Kutschen, die von den Stadtbehörden benutzt wurden. In den 1980er-Jahren nahmen Hausbesetzer das Gebäude in Beschlag.

Das Zentrum ist eines der «nachtaktivsten» Lokale in der Schweiz, aber es ist auch regelmässig Schauplatz von Scharmützeln mit der Polizei. Im vergangenen Monat benutzten es Hausbesetzer als Versteck.

Rechtswidriges Volksbegehren?

Die Gegner der Reitschule sind zuversichtlich, dass sie vor Gericht gewinnen werden. Sie stützen sich auf Erkenntnisse aus einem Bericht eines Rechtsexperten. Andere Rechtsexperten bezweifeln hingegen, ob das Bundesgericht den Entscheid des kantonalen Parlaments korrigieren wird.

«Die Initiative ist mit den grundlegenden Rechtsgrundsätzen nicht vereinbar», sagt der ehemalige Bundesgerichtspräsident Giusep Nay.

Das Volksbegehren ignoriere die Gewaltentrennung und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zwischen Strafe und strafbarer Handlung.

Ausserdem müssten die Organisatoren des Kulturzentrums im Verfahren auch eine Stimme bekommen, sagt Nay.

Die Junge SVP hatte ihre Initiative zur Schliessung der Reitschule vor einem Jahr mit mehr als 17’000 Unterschriften eingereicht. Sie fordert insbesondere, dass der Kanton der Stadt Bern öffentliche Gelder in der Höhe von 54 Millionen Franken streichen soll, wenn diese das autonome Kulturzentrum nicht stilllege.

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Lokale Autonomie

Nach einer zweitägigen Debatte lehnte eine klare Mehrheit des kantonalen Parlaments von Bern die Initiative zur Schliessung der Reitschule ab. Sie kam zum Schluss, dass das Volksbegehren das Schweizer System des Finanzausgleichs verletze, das Zahlungen von wohlhabenderen zu weniger wohlhabenden Gemeinden vorsieht.

Die Mitte-Linksparteien hatten in der Debatte die Mehrheit, die sich gegen die Initiative entschied. Drei politische Parteien, darunter die SVP, wollten dem Stimmvolk das letzte Wort geben.

Beide Seiten präsentierten Rechtsgutachten, um ihre Standpunkte zu beweisen.

Mehrere Redner argumentierten, das Parlament habe eine Verantwortung für den Schutz der Integrität der Volksinitiative. Diese sei eines der wertvollsten politischen Instrumente der Schweiz.

«Ich bin froh, dass das Parlament die Autonomie der Gemeinden aufrechterhielt», sagte Berns neuer Stadtpräsident Alec von Graffenried nach der Debatte. Aber er räumte ein, dass mehr getan werden müsse, um die Sicherheit auf dem Reitschule-Areal zu erhöhen.

Erich Hess, der Drahtzieher mehrerer Initiativen zur Schliessung der Reitschule, argumentiert, dass die Entscheidung des Parlaments rein politisch motiviert sei und die Frage aus einer rein rechtlichen Perspektive nicht untersuchen könne.

«Die kantonale Regierung hat Angst, dass die Wähler die Initiative annehmen werden», sagt er.

(Übertragung aus dem Englischen: Peter Siegenthaler)

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