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«Sind alle bereit, für ihre Sicherheit ein kleines Opfer zu bringen?»

Um Europa vor Attacken islamistischer Terroristen zu schützen, müssten die individuellen Freiheiten eingeschränkt werden, sagt Samuel Cremieux. Für die Sicherung des Wohlergehens der Menschen seien Opfer notwendig, findet der 16-jährige Mittelschüler aus dem Big Apple.

Er ist eine der Stimmen im neuen und digitalen Jugendparlament der AuslandschweizerExterner Link. In einer Serie stellen wir 11 leitende Mitglieder vor.

Samuel Cremieux: Ich bin in New York geboren. Die ersten sieben Jahre verbrachte ich in Scarsdale im Staat New York. Ich bin 16 Jahre alt und besuche momentan die Scarsdale High School (SHS). Die Aktivitäten in meiner Freizeit sind: das Jugendparlament der Auslandschweizer (YPSA), Freiwilliger beim Roten Kreuz und bei der Menschenrechts-Gruppe an der High School; Mitarbeit bei der Zeitung an unserer Schule. Meine Familie stammt aus der französischsprachigen Westschweiz. Ich besuche die Schweiz praktisch jeden Sommer und freue mich immer sehr, meine Verwandten wiederzusehen und die verschiedenen Regionen zu besuchen, insbesondere die Berge und die schönen Landschaften. swissinfo.ch

swissinfo.ch: Was wollen Sie als Mitglied des neuen Jugendparlaments der Fünften Schweiz erreichen – erstens in der Schweiz, zweitens in Ihrem Land?

Samuel Cremieux: Als neues Mitglied des Jugendparlaments der Auslandschweizer (YPSA) möchte ich als erstes alle jungen Schweizerinnen und Schweizer, wo auch immer sie leben, dazu aufrufen, sich an Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen, wie auch an der Schweizer Politik insgesamt.

In der Schweiz möchte ich mit jungen Leuten zusammenarbeiten, damit sie bei unseren Veranstaltungen mitmachen, die das YPSA in der Schweiz organisiert. Ich würde gerne Jugendparlamente in der Schweiz ermutigen, mit uns zusammen zu arbeiten.

Hier in den USA möchte ich unser YPSA vor allem bei den schweizerisch-amerikanischen Organisationen bekanntmachen, damit sich junge Schweizer in den USA treffen und vernetzen können. Am liebsten würde ich solche Events in grösseren US-Städten organisieren, etwa in New York City und Boston.

swissinfo.ch: Wie sieht es punkto direkte Demokratie in Ihrem Gastland aus? Gibt es Instrumente, die Ihnen besonders gefallen? Und auch solche, die Sie vermissen?

S.C.: In den USA gibt es kein System der direkten Demokratie auf Bundesebene. Wir wählen Kandidaten, die wir für geeignet halten, unsere Bedürfnisse und Überzeugungen zu vertreten. Wir bestimmen die Mitglieder des Parlaments, also des Senats und des Repräsentantenhauses, aber auch die Exekutiven von Bundesstaat und der Counties.

Während des Präsidentschafts-Wahlkampfs kommt das System des «Electoral CollegeExterner Link» zum Tragen. Dies ist ein Gremium, das schliesslich den Präsidenten und den Vizepräsidenten wählt. Es besteht aus aktuell 538 Elektoren, wie die Wahlmänner, die jeder Bundesstaat stellt, genannt werden. Sie werden durch jenen Kandidaten bestimmt, der im jeweiligen Bundesstaat die einfache Mehrheit der Stimmen gewonnen hat. Der Verlierer geht leer aus.

Gesamthaft gesehen sind beide Systeme, jenes der direkten und der indirekten Demokratie, sehr gut geeignet, damit die Bürgerinnen und Bürger sich aktiv an der Politik beteiligen.

swissinfo.ch: In den meisten Ländern gehen die Jungen weniger wählen und abstimmen als die anderen Altersgruppen. Ist nicht gerade die direkte Demokratie das Mittel für die Jungen, um ihre Bedürfnisse und Vorstellungen politisch einzubringen?

S.C.: Für mich ist klar, dass direkte Demokratie gerade für junge Bürger das Instrument ist, mit dem sie besser an Politik teilnehmen können. Politisches Engagement ist heute auch bestimmt durch die sozialen Medien.

Das Jugendparlament der Auslandschweizer ist selbst noch blutjung, besteht es doch erst seit wenigen Monaten. Tagungsort der rund 350 Mitglieder, die über alle Kontinente verstreut sind, ist das Internet, findet doch der Austausch über soziale Medien statt.

swissinfo.ch hat 11 junge Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die dem Leitungsgremium des neuen Jugendparlamentes angehören, zur direkten Demokratie in ihrem Wohnland und jener in der Schweiz befragt.

Mit der Kombination von direkter Demokratie und sozialen Medien glaube ich, dass sich die Jungen vermehrt in die Politik einbringen.

swissinfo.ch: Seit den Anschlägen in Paris ist Europa im Banne des IS-Terrors. Ist der Kampf gegen die islamistischen Extremisten, der die Einschränkung individueller Freiheiten bedeutet, eine Gefahr für die Demokratien?

S.C.: Die Ereignisse, die Europa erschütterten, haben viele Diskussionen zum IS und islamistischen Extremisten ausgelöst. Es gab Massnahmen, um die Sicherheit in Europa zu erhöhen. Und diese haben tatsächlich die individuellen Freiheiten der Menschen in Europa eingeschränkt. Die Frage ist, ob die Leute bereit sind, ein kleines Opfer für ihre Sicherheit zu bringen.

Nach meinem Dafürhalten gibt es Umstände, die solche Opfer nötig machen. Denn diese sind zum Nutzen der Menschen. Genau das ist momentan in Europa der Fall. Es muss aber auch eine Lösung her, um die Flüchtenden besser unterstützen zu können.

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