Stimmvolk entscheidet über Kantonszugehörigkeit von Moutier
Mehr als 40 Jahre nach dem Beginn eines chaotischen Prozesses findet am 22. September eine weitere grundlegende Abstimmung über die Zukunft der Stadt Moutier statt. Die Stimmbevölkerung der Kantone Bern und Jura entscheidet über den Wechsel der Stadt in den Kanton Jura.
Im März 2021 entschieden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Moutier, dem Kanton Jura beizutreten. Anschliessend wurde ein Dokument ausgearbeitet, das die wichtigsten Modalitäten des Kantonswechsels der Stadt festlegt. Es geht dabei namentlich um Fragen der Kontinuität in den Bereichen Verwaltung, Schule, Spital und Justiz.
Dieses Konkordat ist das Ergebnis langer Verhandlungen und wurde bereits von den Regierungen der Kantone Bern und Jura sowie von den beiden Kantonsparlamenten genehmigt. Nun müssen am 22. September die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der beiden Kantone gleichzeitig darüber abstimmen.
Sagt einer der beiden Kantone mehrheitlich Nein, ist der ganze Prozess geplatzt und Moutier bleibt beim Kanton Bern. Doch dieses Szenario wünschen sich die wenigsten, zumindest auf den höchsten Staatsebenen, sei es beim Bund oder bei den beiden Kantonen.
Denn ein Nein könnte zu neuen Spannungen in einer Region führen, die noch immer von der berühmten Jurafrage geprägt ist.
Ein Ja scheint sich also abzuzeichnen, um ein Kapitel einer Geschichte abzuschliessen, die das Leben einer ganzen Region ziemlich vergiftet hat.
Bei einem Ja am 22. September wird das Dokument nächstes Jahr den eidgenössischen Räten vorgelegt, und Moutier soll 2026 dem Kanton Jura beitreten.
Beide Regierungen werben für ein Ja
Letzte Woche haben die Regierungen der beiden Kantone ihre Kampagnen für die Annahme des Konkordats lanciert.
Für den Berner Regierungsrat (Kantonsregierung) bietet der Text positive und ausgewogene Lösungen im Interesse der Bevölkerung beider Kantone.
Auch für die Einwohnerinnen und Einwohner von Moutier garantiert das Dokument die Kontinuität der staatlichen Leistungen und ihrer politischen Rechte.
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«Der Text ist vollständig und ein guter Kompromiss», sagte die jurassische Regierungsrätin Nathalie Barthoulot. Sie erinnerte daran, dass Moutier bei einer Ablehnung durch einen der beiden Kantone bernisch bleiben würde. «Es gibt keine Möglichkeit, das Konkordat neu zu verhandeln.»
«Man darf nicht vergessen, dass die Aufnahme von Moutier in unseren Kanton unweigerlich eine positive Dynamik auslösen wird und dass die Prévôtois (so werden die Einwohnerinnen und Einwohner von Moutier genannt) bereits zweimal den Wunsch geäussert haben, unserem Kanton beizutreten», so Barthoulot gegenüber RTS.
Das Ende der Jurafrage?
Das Konkordat beende die Jurafrage, wiederholte der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg die Position des Regierungsrats. «Die Gegnerschaft des Konkordats irrt sich, wenn sie behauptet, diese Debatte werde nie abgeschlossen sein.»
Das «Mouvement autonomiste jurassien» und die Bélier-Gruppe haben an einem Volksfest im Juni wiederholt, dass die Jurafrage nicht abgeschlossen sei. Sie verwiesen dabei auf das Schicksal der Gemeinde Belprahon, die nach einer knappen Abstimmung bernisch geblieben ist.
Das Konkordat ist ein interkantonaler Vertrag, der den Gesetzen der beiden Kantone übergeordnet ist. Der Kanton Jura könnte also nicht alleine die Initiative ergreifen, um den Weg für einen erneuten Kantonswechsel einer Gemeinde im Berner Jura zu ebnen. «Diese Zeit ist vorbei», so Schnegg.
Das Dokument, über das am 22. September abgestimmt wird, sieht nämlich vor, dass sich die beiden Kantone verpflichten, ihre Grenzen im Geist des eidgenössischen Friedens zu respektieren und damit allen territorialen Streitigkeiten ein Ende zu setzen. «Die Kantonsgrenzen werden also nicht mehr verschoben», versicherte Schnegg.
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