Liu Shih-chung
Bruno Kaufmann: Welche Bedeutung hat Tainan für die Demokratie in Taiwan?
Liu Shih-chung: Hier, in Taiwans ältester Stadt, wurde in den 1970er-Jahren die Demokratiebewegung des Inselstaates geboren. Damals herrschte der Militärdiktator Chiang Kai-shek mit harter Hand. Viele aktive Bürger unserer Stadt wurden verfolgt und sassen im Gefängnis.
B.K.: Wie hat sich die Demokratie in ihrem Land seit den ersten freien Wahlen vor 19 Jahren entwickelt?
L.S.C.: Wir sind in dieser kurzen Zeit auf dem Weg schon weit gekommen. Formal und institutionell verfügen wir über weitgehende Rechte und auch die Zivilgesellschaft ist heute viel stärker als noch vor wenigen Jahren.
B.K.: Wie bedeutsam ist aus Ihrer Sicht die lokale Ebene?
L.S.C.: Sehr wichtig, und das nicht nur in Tainan und Taiwan, sondern in der ganzen Welt, denn auf der lokalen Ebene lassen sich Werte wie Offenheit und Partizipation viel schneller und konkreter umsetzen, als dies auf der oft sehr polarisierten nationalen Ebene möglich ist.
B.K.: Wie spielt die Erfahrung der Schweiz mit der modernen direkten Demokratie in diese Entwicklung hinein?
L.S.C.: Die Vielzahl an Partizipations-Möglichkeiten, wie sie in der Schweiz bestehen, sind uns ein grosses Vorbild – und sie hat unseren Demokratie-Gesetzgebungsprozess in den letzten Jahren stark mitbeeinflusst. Für uns ist es wichtig, uns an den spannendsten und besten Erfahrungen weltweit zu orientieren, denn eine starke Demokratie ist unsere beste Lebensversicherung».
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