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Würden Sie sich ohne Lohn für Ihre Gemeinde oder Ihr Land engagieren?

Gastgeber/Gastgeberin Benjamin von Wyl

Viele Menschen in der Schweiz leisten in einer Gemeinderegierung oder einem lokalen Parlament politische Arbeit, ohne davon leben zu können. Auch ein Sitz im nationalen Parlament gilt nicht als Vollzeitjob.

Dieses Prinzip, dass Bürger:innen aus Überzeugung und nicht der Entlöhnung wegen politisch Verantwortung übernehmen, nennt man in der Schweiz Milizsystem.

Würde mehr Freiwilligenarbeit der Politik in Ihrem Land gut tun? Und können Sie sich vorstellen, selbst einen Beitrag zu leisten?

Erfahren Sie mehr über das Schweizer Milizsystem:

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RBaud
RBaud

Ja sicher!

hennahenns
hennahenns

Ich habe mich über 25 Jahre in der Wohngemeinde engagiert. Zudem in Pensionsverbänden und Altersvereinen. Ich war in vielen Kommissionen dabei und mich interessiert das (politische) Geschehen in der Gemeinde oder Im Kanton sehr. Ich unterhalte deshalb auch eine Webseite zu Neuhausen und eine zu "Pensionierten".

Es gehört irgendwie in der Schweiz dazu. Es gibt einem auch eine gewisse Befriedigung anderen oder der Gemeinde zu helfen. Ich werde das auch weiterhin mit Freude tun. Jetzt da ich pensioniert bin ist das auch ein schönes Hobby.

Machen auch Sie etwas in Ihrer Gemeinde. Es lohnt sich.

Andy

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl SWI SWISSINFO.CH
@hennahenns

Vielen Dank für Ihre Perspektive und Ihren Aufruf! Entsprechend hatten Sie auch das Gefühl, dass Sie durch Ihr Engagement etwas bewirken können? Das ist schön zu hören.

donpedro
donpedro

Für den Staat würde ich keine freiwilligen-Arbeit machen. Aber für die Zivilgesellschaft schon, vor allem in meinem Gastland, wo die sozialen Unterschiede offensichtlich und krass sind. Die "Beamten-Schweiz" hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Manchmal kommt es mir vor als ob sich die Bürger vor dem "Beamten-Gessler-Hut" verbeugen müssen. Das war nicht immer so. Als ich ein Kind war, konnte man im Gemeindehaus ein- und ausgehen. Es war eine Freude, Gemeinderäte- Schreiber und Personal war immer hilfsbereit und freundlich. Man kannte und respektierte sich. Und nie wurde "einkassiert". Das war wirklich ein Dienst am Bürger. Als ich zwischen 40 - 50 Jahre alt war und am Morgen ca. 09.00 an den Amtshäusern in Zürich vorbeiging, kamen meistens viel mehr Beamte aus den Gebäuden raus, als rein. Offensichtlich war schon Zeit für die "Znünipause". Als wir vor unserem Haus in Zürich ein kleines Vordach beim Hauseingang einbauen wollten, war das eine unbeschreiblicher bürokratischer Leerlauf, um Bewilligungen zu bekommen. Warum erzähle ich das?! Soll ich für so einen Staat "Freiwilligen-Arbeit" machen? Die Zeiten haben sich leider sehr zu ungunsten der "kleinen" Menschen verändert und das finde ich schade. Nun, was tue ich Gutes und Freiwilliges, wo ich heute leben. Während der Corona - Krise ging es den Aermsten der Menschen am schlechtesten. Deshalb stellte ich zusammen mit einheimischen Freunden ein Lebens-mittel-Programm mit guten täglichen Produkten bereit, plus gesunde Getränk. Die alten Menschen bekamen zudem einen staatlichen Lottoschein und die Frauen und Kinder zusätzlich ein köstliches Ice-cream. Das war ein Tag der Freude für uns alle. Ca. 400 Menschen konnten wir zu einem Zustupf zur Überwindung ihrer Misere leisten. Wir haben die Waren, die ich persönlich kaufte und bezahlte an unserer Beach-Road verteilt und alle Menschen waren glücklich. Ich musste bei keinem staatlichen Büro auch als Ausländer nicht, eine Bewilligung einholen. Die Verteilung war neben einem Polizeiposten aber niemand wollte eine Bewilligung sehen. Zu Ihrer Frage! Würden Sie sich ohne Lohn für Ihre Gemeinde oder Ihr Land engagieren? In der Schweiz nicht, aber ich würde jederzeit für Terre des Hommes oder Amnesty International Unterschriften Sammeln oder freiwilligen Arbeit tun. Eine Schweiz im Gegensatz zu Irland keine klare Stellung einnimmt, zu dem was im Gaza-Streifen geschieht ist nicht mehr meine Schweiz. Eine Schweiz die eine "Staats-Sekretärin" in die USA schickt und sie kommt mit leeren Händen zurück ist nicht meine Schweiz. Und alles wird noch von den Bürgern und der Wirtschaft bezahlt. Sorry, wo immer Not am Mann helfe ich gerne und aus Überzeugung und freiwillig, aber ganz sicher nicht für den "Staat" Schweiz. "nur für die Räben-Chilbi in Richterswil würde ich freiwillig arbeit".

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl SWI SWISSINFO.CH
@donpedro

Vielen Dank für Ihre Schilderung und Ihren Beitrag!

Mich nimmt nun natürlich Wunder, wie es im Gemeindehaus Ihrer Kindheit heute aussieht. Das ist ja auch eine ganz andere Umgebung als die grosse Stadt Zürich.

donpedro
donpedro
@Benjamin von Wyl

Also, das Gemeindehaus in Richterswil steht immer noch an einem zentralen Ort, ein eindrückliches Gebäude, das Respekt ausstrahlt, in einem Park zwischen Bahnhof und der Hauptstrasse. Aber dafür kann ich nicht garantieren, weil ich ja seit 15 Jahren im Ausland lebe. Und, Richterswil ist in den letzten 40 Jahren stark gewachsen. Die wichtigsten Amtshäuser in Zürich wurden an einer sehr prominanten Lage gebaut, ich glaube da war berühmte "Mr. Gull" mit beteiligt. Die Gebäude liegen zwischen der Bahnhofstrasse und der Limmat. Es hat sich natürlich einiges geändert in Zürich, aber für mich ist es der beste Ort auf dieser Welt. Gehen Sie einmal in den "Fluentemer" Friedhof am Zürich Berg. Dort sieht man wieviele grossarte Menschen in Zürich lebten und gestroben sind. Schauen Sie sich einmal das einfache Holzkreuz im diesem Friedhof wo nur auf dem Kreuz, der Name des Verstorbenen "Sigmund Widmer" steht, er war Stadtpräsident und Fluentern war sein Wohnort. Ein bescheidener Mann. In Zürich kann man sich verstecken, man kann für sich sein oder unter die Menschen gehen. Aber vielleicht eine letzte Bemerkung warum ich für den CH-Staat nie freiwillig arbeiten würde, auch nicht für meine Stadt Zürich. Als ich Zürich vor 15 Jahren verliess musste man mit einem "Laufzettel" einen Beamten-Parcour ablaufen und Stempel sammeln, damit man sich schlussendlich "ordentlich Abmelden konnte". Bei mir war alles ok mit den Stempeln nur das Steueramt wollte mir den Stempel nicht geben, obwohl ich mich 6 Monate vorher über das Prozedere informierte! Der Beamte hatte meine Steuerunterlagen noch nicht bearbeitet und deshalb wollte er mir den Stempel nicht geben. Ohne alle Stempel, keine Abmeldung! Nun kommt das unglaubliche, weil ich zuviel Steuern bezahlte, hätte mir die Stadt noch eine anständige Summe zurückerstatten müsse. Also, ich schuldete ihr nichts. Nach einem langen Gespräch mit dem Beamten willigte er ein, meine Steuerakten, wenn erledig an meinen Bruder der in der Schweiz lebte zu senden. Last but not least, ich musst 2 Jahre warten bis mir das Steueramt Zürich mein eigenes Geld zurückschickte.
Da wo ich jetzt lebe, kann man auch zuviel bezahlte Steuern oder Zinsen zurück fordern. In 3 Wochen bringt der Pöstler hier den entsprechenden Zahlungsauftrag auf mein Kto. Warum für so einen "satten" Staat, der Schweiz freiwilligen Arbeit machen? Trotzdem finde ich Zürich eine wunderbare Stadt.

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl SWI SWISSINFO.CH
@donpedro

Ich kann Ihren Ärger sehr gut nachvollziehen. Man fühlt sich oft machtlos, wenn man den Fehlern von Behörden und Ämtern ausgesetzt ist. Für viele is es aber eben, - das habe ich versucht, in meinem Artikel ebenfalls zu vermitteln - eine Motivation: Sich selber in die lokale Politik einzubringen, weil man etwas ändern will. https://www.swissinfo.ch/ger/demokratie/wie-das-schweizer-milizsystem-die-identit%c3%a4t-st%c3%a4rkt-und-privilegierte-in-die-politik-lockt/89101105

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl SWI SWISSINFO.CH
@Benjamin von Wyl

Von Stadtpräsident Sigi Widmer habe ich schon viel gehört - er kommt sogar kurz in einem meiner Romane vor.

donpedro
donpedro
@Benjamin von Wyl

Dem Herrn Stadtpräsident S. Widmer....habe ich einmal einen Brief geschrieben, da gabe es noch keine E-mails. Diesen Brief hat er nicht beantwortet....dann sah ich ihn eines Tages im Hauptbahnhof auf den Zug nach Bern eilen....ich stoppte ihn und verlangte eine Antwort auf meinen Brief. Die gab er mir, dafür verpasste er den Zug mit einer grossen Gelassenheit. Die jetztige Stadtpräsidentin hat einen PR-Stab der seines Gleichen sucht, aber die beantwortet Briefe auch nicht. Hut ab vor der Bundesräten die zum "Teufel" gejagt wurde, wegen ihrem Ehemann....der Name fehlt mir im Moment....das war eine ganz feine Frau die hat alle Briefe immer beantwortet, vielleicht nicht persönlich geschrieben, aber sie hat auf den Inhalt immer fair reagiert und persönlich unterschrieben.....die AHV hat mich zweimal "für tod" erklärt weil die "Lebensbestätigung" nie bei mir oder bei ihnen eintraf. Nur wenige von vielen Beispielen....zu meiner Staatsverdrossenheit. Aber den Herrn Stadtpräsidenten S. Widmer werde ich nie vergessen, ein guter und weltoffener Mensch war er.....pje jetzt kommt mir auch der Name wieder in den Sinn Elisabeth Kopp, ich war keine Parteifreundin von ihr aber sie war eine gute Frau und man hat es ihr sehr schlecht gespielt....Und wie der mr. Delmuraz sie noch sanft in die Limusine schubste die sie nach Hause "endgültig" brachte....

donpedro
donpedro
@donpedro

Sorry, ich schreibe oft sehr schnell im 10-Finger-System wie ich es einst im KV gelernt habe, eine Korrektur gibt es für Swiss-Info - Texte nicht. Deshalb schleichen sich ab und zu Tip-und "Grammer-Fehler" ein, dafür möchte ich mich entschuldigen. Zudem ist mein Computer grundsätzlich auf "englisch" eingestellt was es auch nicht einfacher macht. Nochmals sorry, und danke für Ihre Verständnis. pje

Benjamin von Wyl
Benjamin von Wyl SWI SWISSINFO.CH
@donpedro

Herzlichen Dank für diese Anekdote - wenn es um Briefe geht, haben Sie wohl recht, dass die Bundesrätinnen und Bundesräte nicht mehr selber in die Tasten hauen. Aber immerhin kann man sie noch immer ab und an in und um die SBB-Züge sehen. Das ist fast überall sonst anders.

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