Deutscher Bundespräsident Köhler tritt per sofort zurück
(Keystone-SDA) Berlin – Horst Köhler hat als erster deutscher Bundespräsident überraschend seinen Rücktritt vom Amt erklärt. Hintergrund sind umstrittene Äusserungen des Staatsoberhaupts über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.
Die Unterstellung, er habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen befürwortet, entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz in Berlin. Das lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen.
Köhler hatte nach seinem Afghanistan-Besuch vor gut einer Woche in einem Radio-Interview erklärt, die Auslandseinsätze der Bundeswehr dienten auch dem Schutz von Wirtschaftsinteressen. Daraufhin war ihm vorgeworfen worden, dass Afghanistan-Mandat neu interpretiert zu haben. Er selbst stellte später klar, dass er sich auf andere Einsätze, etwa gegen Piraten, bezogen habe.
«Ich bedauere, dass meine Äusserung in einer für unsere Nation wichtigen und schwierigen Frage zu Missverständnissen führen konnte», sagte Köhler, der in Begleitung seiner Frau Eva-Luise in seinem Amtssitz in Schloss Bellevue vor die Kameras getreten war.
Auch die Opposition hat den Rücktritt von Köhler als «keinen guten Tag für die politische Kultur in Deutschland» bezeichnet. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel erklärte, auch der fehlende Rückhalt in der schwarz-gelben Koalition habe Köhler zum Rücktritt bewegt.
Aussenminister Guido Westerwelle bedauerte den Rücktritt. «Ich bedaure diese Entscheidung aus vollem Herzen. Aber wir haben sie natürlich auch zu respektieren», sagte der FDP-Chef.
Die Grünen werten den Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler als ein Zeichen für das nahende Aus der schwarz-gelben Regierung in Deutschland. «Der Anfang vom Ende ist eingeleitet», sagte Parteichef Cem Özdemir in Berlin.
Laut der Nachrichtenagentur dpa informierte Köhler auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erst kurz vor seinem öffentlichen Auftritt. Er habe den Schritt nicht mit der Regierung und den sie tragenden Parteien abgestimmt, hiess es in Berlin. Die Überraschung sei «flächendeckend» gewesen.
Die Amtsgeschäfte Köhlers übernimmt jetzt der Bundesrats-Präsident, der Sozialdemokrat Jens Böhrnsen. Die Bundesversammlung muss nun binnen 30 Tagen zusammentreten, um ein neues Staatsoberhaupt zu bestimmen.