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«Ich bin den Schweizern sehr dankbar!»

Nahmen den Anstoss aus der Schweiz auf und fuhren mit dem weissen "Omnibus für direkte Demokratie" vor den Berliner Reichstag: Michael von der Lohe (weisses Hemd) und Supporter bei einer Aktion für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland. zvg

Die Dynamik, welche die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland ausgelöst hat, war mindestens so gross wie jene in der Schweiz. Wenn nicht sogar grösser. Was das Begehren bei ihm ganz persönlich ausgelöst hat, beschreibt Michael von der Lohe in seinem Gastkommentar.

Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abgestimmt!

Ich könnte diesen Satz immer und immer wiederholen. Für mich, der seit Jahren für die Einführung von Volksabstimmungen auf der Deutschen Bundesebene arbeitet, ist durch diese Tat so unglaublich viel geschehen. Meine ganze Sehnsucht nach einer Gemeinschaft selbstbestimmter Menschen, die aus eigener Verantwortung heraus ihr Zusammenleben gestalten können, fliesst in diesem Abstimmungsvorgang zusammen.

Michael von der Lohe, 64, ist seit 2004 Geschäftsführer des «Omnibus für direkte Demokratie», der sich seit seiner Gründung im Jahre 1987 für die Volksgesetzgebung auf allen Hoheitsebenen in Deutschland einsetzt. zvg

23,1% der Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben sich für die Einführung eines «bedingungslosen Grundeinkommens» ausgesprochen. Die zur Umsetzung notwendige Mehrheit wird erst in der Zukunft erreicht.

Ich bin den Schweizern sehr dankbar, denn diese Abstimmung hat mir das innere Empfinden geschenkt, ernsthaft in dieser Welt angekommen zu sein. Das Gespräch hat eine neue Dimension.

Wir können in Deutschland nicht über solch grosse Fragen abstimmen. Es gibt keine bundesweite Volksabstimmung, vielleicht weil wir als Einzelne noch nicht genügend Willenskraft für die Verwirklichung unserer Souveränität aufgebracht haben. Das ändert sich allmählich und daran hat diese Abstimmung in der Schweiz und die dadurch hervorgerufene Aufmerksamkeit in Deutschland, einen gehörigen Anteil.

Die einzelnen Initiativen, die bisher bei uns, getrennt und mit verschiedenen Konzepten für ein bedingungsloses Grundeinkommen gearbeitet haben, haben sich erstmalig in einer gemeinsamen Aktion «grundeinkommen abstimmen»Externer Link zusammengetan und sind allesamt glücklich über das gelungene Zusammenwirken. Die Frage, wie es gemeinsam weitergehen kann, ist schon ausgesprochen und wird auch ihre Antwort finden. Deutlich ist für uns alle: wir brauchen die bundesweite Volksabstimmung!

Schweizer Bürgerinnen und Bürger können ihre Gesellschaftsordnung vollkommen neu gestalten, wenn sie es denn wollen. Sie, die hier zusammen leben, verändern selbstverständlich, in gleichberechtigter Weise, ihre Realität. Sie sind der Souverän. Es gibt keine Frage, bei der Sie nicht das letzte Wort haben. In diesem Selbstverständnis wirkt der Keim der zukünftigen Menschheit. Die Schweiz als Vorbild für Europa, ja für die ganze Welt.

Über ein bedingungsloses Grundeinkommen abzustimmen, ist auch für die Schweiz eine neue Dimension, denn diese Frage berührt die ganze Menschheit. Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben sich der Frage gestellt, ob jeder Mensch per Geburt das Recht hat, an den Hervorbringungen der Gemeinschaft bedingungslos teilhaben zu können, ganz unabhängig davon, was er dazuschafft.

Und so ist es den Initiatoren der Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen gelungen, mit einer ideenreichen und klugen Kampagne, dieses Thema in das Bewusstsein und in die Herzen vieler Menschen zu heben, das in dem Satz gipfelte: «Was würdest Du arbeiten, wenn für dein Einkommen gesorgt wäre?» In dieser Frage steckt noch ein wirkmächtiger Zwilling: «Was würdest Du lassen, wenn für dein Einkommen gesorgt wäre?» Beide wirken im Bewusstsein weiter, stellen in positiver Weise den Kapitalismus in Frage und eröffnen einen notwendigen Zukunftsschritt aus einer mittlerweile weltzerstörenden Misswirtschaft.

Es ist auch eine Mutfrage, sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu entscheiden, denn mein bisheriges Weltbild löst sich auf und ich müsste mich meiner Biographie neu stellen. Was will ich in meinem Leben wirklich tun? Wir alle stehen dann als Künstlerinnen und Künstler vor einem 

Neubeginn, einer leeren Leinwand, einem offenen Feld und die oft geäusserte Behauptung, mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens würden sich die egoistischen Seiten der Menschen verstärken, wird dann ihre Klärung finden.

Ich denke, die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen ist keine Frage des Ego, sondern eine Frage des Ich und gleichzeitig die Frage aus dem Menschheits-ICH.

Liebe ist bedingungslos.

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