Druck auf Israel zu Zurückhaltung im Gaza-Krieg wächst
(Keystone-SDA) Knapp zehn Wochen nach Beginn des Gaza-Kriegs wächst der Druck auf Israel, bei seinem Vorgehen gegen die islamistische Hamas mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen. Auch aus den USA, einem engen Verbündeten Israels, wird der Ton schärfer. Von einem Besuch des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan, in Israel am Donnerstag erwarte man sich «äusserst ernste Gespräche», hiess es aus Washington.
Unterdessen liess die Bundesanwaltschaft in Berlin und im niederländischen Rotterdam insgesamt vier mutmassliche Mitglieder der islamistischen Hamas wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung festnehmen. Es gehe um Waffen, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten, teilte die oberste deutsche Anklagebehörde am Donnerstag in Karlsruhe mit.
Auch die Kritik an Gewalt durch israelische Siedler im Westjordanland wird lauter. Einem Bericht zufolge halten die USA bereits Waffenlieferungen zurück, aus Sorge, sie könnten in die Hände radikaler Siedler gelangen. Grossbritanniens Aussenminister David Cameron kündigte Einreiseverbote gegen radikale Siedler an.
In der Frage, wie es in Gaza nach dem Krieg weitergehen soll, tut sich ebenfalls eine Kluft zwischen Israel und seinen Verbündeten auf. Während eine Zweistaatenlösung international weiterhin als bester Weg zu einer friedlichen Koexistenz von Israelis und Palästinensern gilt, säten Vertreter der israelischen Regierung erneut Zweifel an einer solchen Lösung.
US-Sicherheitsberater Sullivan zu «ernsten Gesprächen» in Israel
Sullivan wollte am Donnerstag nach Angaben des Weissen Hauses mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und dem Kriegskabinett über die nächste Phase der militärischen Operationen im Gazastreifen sprechen. Es gehe darum, präziser vorzugehen und den Schaden für die Zivilbevölkerung zu verringern. Daneben sollte auch die Öffnung des Grenzübergangs Kerem Schalom für Hilfslieferungen in den Gazastreifen auf der Tagesordnung stehen.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte am Vortag Forderungen nach einer Waffenruhe mit deutlichen Worten zurückgewiesen. «Wir machen weiter bis zum Ende, bis zum Sieg, bis zur Zerstörung der Hamas, auch angesichts internationalen Drucks», sagte er am Mittwoch vor Soldaten nach einer Mitteilung des Regierungspresseamtes. «Nichts wird uns aufhalten.»
CNN: Gut 40 Prozent der israelischen Munition nicht präzisionsgelenkt
Einem Bericht des Nachrichtensenders CNN zufolge sind etwa 40 – 45 Prozent der von Israel im Gaza-Krieg abgeworfenen Luft-Boden-Munition nicht präzisionsgelenkt. Der US-Sender bezog sich bei seinen Angaben auf Geheimdienstinformationen. Israel habe seit dem 7. Oktober insgesamt rund 29 000 Stück Munition gegen Ziele am Boden eingesetzt. Ungelenkte Munition sei in der Regel weniger präzise und könne eine grössere Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen, hiess es in dem Bericht.
Die israelische Militärsprecherin Keren Hajioff sagte am Mittwoch, das Militär plane seine Einsätze sehr genau und setze spezielle Munition ein, um zivile Opfer möglichst zu vermeiden. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor kritisiert, Israel beginne durch sein «willkürliches Bombardement» an Unterstützung zu verlieren.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und rund 240 Geiseln nach Gaza verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und begann Ende Oktober mit einer Bodenoffensive. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums kamen bisher rund 18 000 Menschen im Gazastreifen ums Leben.
Bericht: USA halten Waffen für Israel wegen radikaler Siedler zurück
Die USA zögern einem Zeitungsbericht zufolge mit einer Lieferung von mehr als 27 000 Gewehren, die für Israels Polizei bestimmt sind. Die Regierung habe Bedenken, dass die Waffen auch in die Hände radikaler Siedler im Westjordanland gelangen könnten, schrieb das «Wall Street Journal» am Donnerstag (Ortszeit) unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsbeamte. Die bisherigen Zusicherungen Israels, dass die Gewehre nur bei der Polizei verblieben, reichten demnach nicht aus. Das US-Aussenministerium habe deshalb konkrete Schritte gefordert, mit denen die von Siedlern im Westjordanland ausgehende Gewalt gegen Palästinenser eingedämmt werde, so die Zeitung.
Israelische Botschafterin in London: Keine Zweistaatenlösung
Die israelische Botschafterin im Vereinigten Königreich, Tzipi Hotovely, schliesst eine Zweistaatenlösung im Anschluss an den Krieg in Gaza aus. In einem Interview mit dem britischen Nachrichtensender Sky News sagte sie auf mehrfache Nachfrage, eine Zweistaatenlösung komme «absolut nicht» infrage für die Zeit nach dem Gazakrieg.
Der Osloer Friedensprozess sei gescheitert, weil die Palästinenser nie einen eigenen Staat an der Seite Israels gewollt hätten, sondern einen, der das Staatsgebiet Israels umfasse, sagte die ultrarechte Ex-Politikerin, die bereits mehrere Kabinettsposten in ihrer Heimat bekleidete. Der israelische Minister für soziale Gleichheit, Amichai Chikli, von der Regierungspartei Likud schloss sogar die Errichtung von israelischen Siedlungen im Gazastreifen nicht aus.
Bericht: Israel bittet Ägypten um Vermittlung für Geisel-Deal
Israel bat einem Medienbericht zufolge Ägypten um die Vermittlung eines neuen Geisel-Deals mit der Hamas und der Aushandlung einer Feuerpause. Teil eines solchen Abkommens solle auch eine Feuerpause im Gazastreifen und in Israel sein, berichtete die arabischsprachige Zeitung Al Arabi Al Dschadid am Donnerstag.
Die Hamas bestätigte, Vermittler seien in «ernsthaften Gesprächen über eine Feuerpause». Ein hochrangiger Hamas-Funktionär sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, es werde keinen Austausch von Geiseln und Gefangenen geben, bevor eine Waffenruhe in Kraft trete.
Bereits Ende November vereinbarten Israel und die islamistische Hamas unter Vermittlung Ägyptens und Katars eine einwöchige Feuerpause, in deren Verlauf 105 von der Hamas und anderen Gruppen in den Gazastreifen verschleppte Geiseln freikamen.
Mossad: Hamas-Terrorverdächtige in Dänemark festgenommen
Behörden in Dänemark nahmen nach Angaben des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad mehrere Terrorverdächtige mit Bezug zur islamistischen Hamas fest. Die Sicherheitsdienste hätten damit «einen Anschlag vereitelt, dessen Ziel es war, unschuldige Zivilisten auf europäischem Boden zu töten», teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag mit. Den Angaben nach wurden insgesamt sieben Personen festgenommen. Die dänische Polizei sprach zunächst von drei Festnahmen. Das Ziel des geplanten Anschlags war zunächst unklar.
US-Zerstörer reagierte auf Angriff im Roten Meer
Ein Zerstörer der US-Marine reagierte im Roten Meer auf einen Notruf eines Tankers, der nach amerikanischen Angaben von den jemenitischen Huthi-Rebellen angegriffen worden sein soll. Das zuständige Regionalkommando des US-Militärs teilte am Donnerstagmorgen auf X (ehemals Twitter) mit, dass Kräfte der von Iran unterstützten Huthis versucht hätten, an Bord des Tankers zu gelangen. Der Versuch sei jedoch gescheitert. Daraufhin seien zwei Raketen aus Gebieten im Jemen, die von den Huthis kontrolliert werden, auf das Schiff abgefeuert worden. Beide hätten ihr Ziel verfehlt.