Einführung der einheitlichen Gesundheitsfinanzierung kann beginnen
In Zukunft werden alle Leistungen des Gesundheitswesens gleich finanziert, unabhängig davon, wer sie wo erbringt: Die Stimmenden in der Schweiz befürworten diesen grundlegenden Systemwechsel. Die Umsetzung der neuen Regeln wird Jahre dauern.
(Keystone-SDA) Rund 1’302’500 Stimmende legten ein Ja ein und 1’140’800 ein Nein. Das bedeutet einen Ja-Anteil von 53,3 Prozent. Diese doch klare Zustimmung überrascht. Denn noch in den letzten Umfragen hatten ungewöhnlich viele Antwortende keine Position zur komplexen Vorlage bekanntgegeben. Die Stimmbeteiligung lag bei knapp 45 Prozent.
Romandie überstimmt
Allerdings ist das Ja nicht einheitlich: Die deutschsprachigen Landesteile haben die französischsprachigen schlicht überstimmt. Die klarste Zustimmung kam mit 64 Prozent Ja aus St. Gallen, das lauteste Nein mit 65 Stimmenprozenten aus Neuenburg und Genf.
In den zweisprachigen Kantonen Bern, Freiburg und Wallis war die Sprachgrenze klar sichtbar. Ihre Nein- respektive Ja-Anteile waren tiefer als jene der einsprachigen Kantone.
Ein Bild davon geben Furna GR und Mauraz VD ab: Furna im Prättigau sagte zu 80 Prozent Ja, Mauraz mit über 83 Prozent Nein. Gemischt war das Bild bei den Tessiner Gemeinden; der Kanton insgesamt sagte mit 50,5 Prozent ganz knapp Ja zur Vorlage.
Ab 2028 umgesetzt
Die Efas-Vorlage (Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär) hat eine lange Geschichte. 2009, vor mittlerweile 15 Jahren, gab die Aargauer Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel (Mitte) im Nationalrat den Anstoss dazu. Alle Gesundheitsleistungen sollten einheitlich finanziert sein, von Krankenkassen, Kantonen und Patienten.
Nach der Zustimmung der Stimmbevölkerung kann nun die Umsetzung der Vorlage beginnen. Die Kantone kommen mit der Änderung des Krankenversicherungsgesetzes künftig für mindestens 26,9 Prozent (nach Abzug von Franchise und Selbstbehalt der Patienten) der Kosten auf und die Kassen über die Prämien höchstens für 73,1 Prozent.
Angewendet werden soll dieses neue System ab 2028. In der Langzeitpflege kommt der Systemwechsel aber erst 2032. Denn Voraussetzung für die Umstellung in diesem Sektor sind einheitliche und kostendeckende Tarife. Diese müssen erst noch ausgehandelt werden.
Falsche Anreize beseitigen
Heute werden von der Grundversicherung gedeckte Gesundheitsleistungen unterschiedlich finanziert. Behandlungen mit Übernachtung im Spital bezahlen die Kantone zu 55 Prozent. 45 Prozent übernimmt die Krankenkasse. Für ambulante Behandlungen bezahlt allein die Krankenkasse.
In der Langzeitpflege bezahlen Patienten und Krankenkasse je einen fixen Beitrag an die Pflegekosten. Den Rest tragen je nach Kanton die Kantone und/oder die Wohngemeinde. Im Mittel übernahmen 2022 die Kassen rund 54 Prozent der Pflegekosten und die Kantone 46 Prozent. Die Kantone wünschten den Einbezug der Langzeitpflege in die Vorlage.
Die Befürworter erwarten, dass die Vorlage falsche Anreize beseitigt, namentlich, weil es weniger Spitalaufenthalte und spätere Pflegeheim-Eintritte geben dürfte. Und die Koordination der Versorgung würde besser, was vor allem chronisch Kranken nützen würde. Befürworter sahen die Einheitsfinanzierung auch als Mittel gegen den Prämienanstieg.
Höhere Prämien befürchtet
Die Gewerkschaft VPOD bekämpfte die Vorlage mit dem Referendum; für ein Nein engagierten sich der Gewerkschaftsbund und die SP. Sie halten die Reform für schädlich. Der Systemwechsel bringe Verschlechterungen für das Pflegepersonal sowie für Patienten, weil sich die Macht zu den Kassen verschiebe.
Zudem befürchteten die Gegner höhere Prämien, vor allem wegen des Einbezugs der Langzeitpflege. Dort würden die Ausgaben besonders stark steigen, weil die Zahl der pflegebedürftigen alten Menschen wachse.